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Endlich wieder ein Taifun

27. September 2021
in 2 min lesen

Von Flying Dutchman

Überschwemmungen in Deutschland sind zum Glück selten, aber in Taiwan sind Taifune so sicher wie der beissende Weihrauchdunst in den vielen buddhistischen und taoistischen Tempeln. 2020 blieb die Insel jedoch von ihnen verschont.

Auf den ersten Blick ist es sicher ein Grund zur Freude, wenn einem der Wind nicht mit einer Geschwindigkeit von bis zu 250 Stundenkilometern um die Ohren weht und der Niederschlag manchmal horizontal zu fallen scheint. Doch demenstprechend wurde im Frühjahr auch aufgrund diverser sehr wasserintensiver Industrien (wie der Halbleiterproduktion) in mehreren Regionen das Wasser knapp, weil die Kapazität der Staudämme auf teilweise unter 10% Auslastung gesunken war.

Fremde Länder, fremde Wetter

Zu jenem Zeitpunkt hatte ich meinen zeitweiligen Europaaufenthalt noch nicht beendet. Aus der Ferne in Spanien fiel es mir nach über 20 Jahren Asienerfahrung echt schwer, mir das praktisch vorzustellen. Wie konnte es bei dem schwülen, subtropischen Klima Taiwans mit einer durchschnittlichen Luftfeuchtigkeit von fast 80% so etwas wie anhaltende Trockenheit geben? Doch es stimmte!

Einen Monat nach meiner Rückkehr durften wir uns über Wolkenbrüche freuen. Die seit Wochen bestehende Wasserrationierung in einigen weiter südlich gelegenen Landkreisen war damit zunächst vom Tisch. Ein Taifunerlebnis im eigentlichen Sinne blieb in Taipei aber dieses Jahr bisher aus, doch dieses kann uns noch bis mindestens Oktober geboten werden, bevor die Saison normalerweise beendet ist.

Aber seinem asienspezifischen meteorologischen Schicksal kann man trotzdem nicht immer entrinnen. Im September 2001 suchte uns hier im Norden Taiwans, wo wir aufgrund des als „Wellenbrecher“ fungierenden zentralen Bergmassivs relativ gut geschützt sind, Nari heim. Dieser schwere Taifun forderte nicht nur ca. 100 Menschenleben, die unteren Stockwerke des Hauptbahnhofs Taipei liefen voll. Erst zu Weihnachten war der Normalbetrieb der U-Bahn wiederhergestellt. Eine kleine Gedenktafel zeigt den damaligen Wasserhöchststand an.

Unterschätzte Gefahr

Leute in anderen Erdteilen denken womöglich, dass das Wetter plötzlich umschlägt und es dann einfach länger in Strömen gießt und windet. Doch das Auge des Taifuns, das sich irgendwann öffnet, vermittelt den falschen Eindruck, dass das Schlimmste schon überstanden sei. Wind und Regen lassen nach oder hören ganz auf. Der Himmel mag sich aufklären und die Sonne wieder scheinen. Nach einer Weile jedoch kommt dann das dicke Ende, bevor der Taifun weiterzieht oder sich von selber abschwächt.

Immer wieder kommen leichtsinnige Menschen zu Tode, die die Gefahr unterschätzen, sich nach draußen begeben und von losgerissenen, durch die Luft fliegenden Objekten wie z.B. Werbetafeln oder umstürzenden Bäumen erschlagen werden. Ich selbst befolgte damals ohne nachzudenken den kühnen Vorschlag eines deutschen Kumpels und traf mich doch tatsächlich in der Mitte der entfesselten Naturgewalten auf ein paar Hotelbiere mit ihm.

Es war gar nicht so einfach, ein Taxi zu bekommen, denn viele Fahrer verzichten lieber auf doch eher hart verdientes Geld. Aber letztendlich hat alles gut geklappt und nach ein paar Stunden saß ich wieder, leicht angeheitert, in meiner sturmgepeitschten Bude. Derartige Sorglosigkeit gehört zum Glück längst der Vergangenheit an, auch dank der sechs Jahre in einer Terrassenwohnung, in der ich stets bei diesen Gelegenheiten meine Pflanzen sichern musste. Auch wenn sie manchmal ausbleiben, Taifune sind nun mal nicht zu unterschätzen…

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