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Britische Linkspartei zieht rechts an Konservativen vorbei

27. Juni 2023
in 3 min lesen

Von Karl Renter

Der ausgezeichnete YouTuber Lambda aus der Ostmark von Konsequent Frei frotzelt gerne, die deutsche CDU sei nach ihrer Politik die linkeste Partei Europas, wenn nicht sogar der Welt. Betrachtet man sich Atomausstieg, „Wir schaffen das“-Willkommenskultur, explodierende Staatsausgaben, Wind- und Solarsubventionsorgien und massive Abrüstung der Bundeswehr nach 16 Jahren CDU, gibt es wohl kaum eine genuin linke Regierung, die da so ohne weiteres mithalten könnte.

Im Wettstreit um die linkeste Politik in Europa hat die CDU Konkurrenz bekommen – von den britischen ‘Konservativen’. Diese werden derzeit von der britischen Linkspartei Labour verbal rechts überholt. Der Labour-Spitzenkandidat Keir Starmer hat angekündigt, im Falle eines Wahlsieges die Steuern zu senken und stärker gegen die illegale Schlauchboot-Migration (allein im Jahr 2022 gelangen etwa 45.000 illegale Migranten mit Schlauchbooten und anderen kleine Booten über den Ärmelkanal von Frankreich nach Großbritannien) vorzugehen.

Interessanterweise schreibt derzeit das Leib- und Magenblatt britischer Linksintellektueller, „The New Statesman“, ‘Labour’s Zukunft ist konservativ’. Der Artikel ist bemerkenswert. Wenn man nicht aufpasst, könnte man fast den Eindruck gewinnen, hier hätte der „New Statesman“ die Seiten gewechselt. So betont er, dass das konservativ-bürgerliche Ansinnen nach mehr Stabilität, Ordnung, Sicherheit etwas Gutes sei, welches man von links mit mehr Respekt behandeln müsse. Der Artikel zitiert ferner eine Rede von Starmer in welcher dieser schneidig äußert: „Und wenn sich das konservativ anhört, lasst mich Euch sagen, das ist mir wurscht.“

Unerwartet von einer Partei, die unlängst unter Stahmers Vorgänger Corbyn ganz weit links und für regelrecht geisteskranken Progressivismus stand. Nicht nur das, man verachtete bis vor kurzem offen die alte, patriotische weiße Stammwählerschaft – nämlich die Arbeiter. Die Abgeordnete Emily Thornberry twitterte beispielsweise abwertend ein Bild eines Reihenhauses in einer Arbeiterwohnsiedlung mit drei englischen Flaggen dekoriert – der Subtext war klar: „Seht her, hier wohnen die richtigen Ignoranten.“

Der „New Statesman“ legt noch einmal nach – ein anderer Artikel ist betitelt ‘Den Konservatismus retten’. Und dieser Artikel zeigt, bei aller scheinbaren Lobhudelei auf Konservatismus, welches Spiel hier gespielt wird: „Der Endzweck des Konservatismus ist letztlich das Schaffen von Harmonie, das Schaffen einer politischen Gemeinschaft, die ihre Institutionen und Lebensstil bewahren kann.“ Aber dann beginnt der „New Statesman“ nach und nach einige andere Inhalte mit einschmuggeln: „Kollektive Institutionen sind das Fundament des Konservatismus (…) Der Sozialstaat (…) ein Projekt zur Ermöglichung der Teilnahme aller Bürger am bürgerlich-politischen Leben (…).“


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Man fährt dann fort und preist die althergebrachten Institutionen, wie die Monarchie (stimmt) und die BBC (echt?), welche die Konservativen ja so toll finden und kommt dann zu dem Schluss, dass der Staat (noch) viel mehr in „unsere“ sozialen und kulturellen Institutionen investieren muss.

Menschenskind, Logik am Hochreck, über die ich nach aller Lobhudelei über die neue linke Liebe zum Konservativsein fast hinweggelesen hätte. Und da liegt des Pudels Kern – hinter Starmers Hinwendung zum „konservativen Linkssein“ steckt der Altmeister Tony Blair. Blair ist es ja schon einmal gelungen, höchst erfolgreich sein revolutionäres linkes Projekt als „gemäßigt“ zu verkaufen. Während seiner Zeit kurbelte man bewusst die Migration an, um „mal den konservativen Eiferern so richtig Diversity unter die Nase zu reiben“, wie von ehemaligen Blair-Apparatchiks zugegeben wurde.

Bemerkenswert ist ein Interview mit Blair und seinem ehemaligen Spindoctor Alastair Campbell von 2017, wo man immer wieder Blairs machiavellistisches Genie aufblitzen sieht. Das sollte uns zur Vorsicht gemahnen – nach der brachialen und woken Clown-Veranstaltung der letzten Jahre scheint uns wieder eine unauffälligere, aber viel gefährlichere Politik-Taktik ins Haus zu stehen.

Auch für nicht-britische Konservative gibt es hier neben diesen neuen Taktiken auf der linken Seite eine weitere Lektion: Wenn man als Konservative de facto nur hart linke Politik liefert – bei den Briten hat sich seit der „konservativen“ Machtübernahme 2010 die sogenannte Nettoimmigration fast verdreifacht, die Schuldenlast nahezu verdoppelt , die Steuerlast auf dem höchsten Niveau seit 70 Jahren, Brexit wurde weitgehend verbaselt, neue Zensurgesetze auf den Weg gebracht -, darf man sich nicht wundern, wenn es selbst der linken Konkurrenz einfach fällt einen (verbal oder tatsächlich) rechts zu überholen. Ich vermute inzwischen, dass viele der deutschen und britischen Konservativen inzwischen gar nicht mehr wissen, was konservativ etwa im Sinne von Edmund Burke überhaupt bedeutet.

Das Totschlagargument, was den britischen Konservativen noch bleibt, ist die Phrase „Wollt Ihr denn etwa Labour? Die sind sogar noch linker!“ Auch wenn das prinzipiell stimmt, ist das nicht gerade das mitreißendste Wahlkampf Argument. „Wie viel schlimmer soll es denn noch werden?“, fragt sich da mancher Wähler. Und Konkurrenz von rechts? Bei einem Direktwahl-System wie bei den Briten ist es sehr schwer für kleine Parteien wie Nigel Farages Reform UK die große Hürde des Direktmandats zu überspringen.

Vielleicht haben wir es in Deutschland trotz allem ja gar nicht so schlecht. Wir haben zwar die wohl denkfaulste Medienlandschaft der westlichen Welt, mit der CDU die peinlichste pseudokonservative Partei der Geschichte, aber immerhin hat man über das Verhältniswahlrecht die Möglichkeit, die Altparteien wenigstens ein bisschen zu erschrecken.

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