Das Bundesverfassungsgericht steht unter Beschuss. Zumindest wenn man den „seriöse[n] Demokraten“ (Zitat Justizminister Marco Buschmann) Glauben schenkt. Zwar sei die Gefahr noch nicht akut, aber im Falle eines Erstarkens der AfD wäre das Bundesverfassungsgericht in Gefahr. Die Ampel-Parteien und die CDU sind zumindest der Meinung, dass gesetzlich nachgebessert werden muss, um einen Einfluss der AfD auf die Judikative vorab zu unterbinden. Aber warum eigentlich? Was ist dran an den dargestellten „Bedrohungsszenarien“?
Der rechtliche Rahmen des Gesetzesvorstoßes der Ampel-Parteien und der CDU ist schnell umrissen: Vorschriften über die Zusammensetzung und das Wahlverfahren der 16 Richter des Bundesverfassungsgerichts sollen in Zukunft im Grundgesetz verankert werden. Aktuell sind sie im „Bundesverfassungsgerichtsgesetz“ und damit im sogenannten einfachen Recht geregelt. Dort bestimmen die Vorschriften die Anzahl der Richter, Mindest- sowie Höchstalter, Amtsdauer und die Wahlmodalitäten in Bundestag und Bundesrat. Der Umzug dieser Vorschriften in das Grundgesetz hätte zur Folge, dass eine Änderung zukünftig nicht mehr einer einfachen, sondern einer Zweidrittelmehrheit bedürfte. Laut Justizminister Buschmann (FDP) und Altparteienkollegen wird dieser Schritt bezüglich des ungebremsten Erstarkens der AfD notwendig, um die „Resilienz des Bundesverfassungsgerichts“ zu stärken. Als Begründung, warum die AfD überhaupt eine Gefahr für das Bundesverfassungsgericht und seine Richter darstellt, werden verschiedene Szenarien skizziert.
1.) Szenario – Die AfD ändert das Bundesverfassungsgerichtsgesetz
Da die organisatorischen Bestimmungen über die Zusammensetzung des Bundesverfassungsgerichts aktuell mit einfacher Mehrheit geändert werden können, befürchten die Altparteien, dass die AfD zukünftig solche Gesetzesänderungen nutzen wird, um Einfluss auf das Bundesverfassungsgericht zu nehmen. So könnte sie – eine parlamentarische Mehrheit im Bundestag vorausgesetzt – das Höchstalter der Verfassungsrichter oder die Dauer der Amtszeit herabsetzen, um vermeintlich unliebsame Richter loszuwerden.
Aber ist das auch realistisch? Bei allem Optimismus (oder Pessimismus – wie man will) ist die AfD noch weit entfernt davon, die einfache Mehrheit zu erreichen. Und selbst wenn sie zum Beispiel durch die Herabsenkung der Amtszeit unliebsame Verfassungsrichter früher loswerden könnte, würde die verkürzte Amtszeit auch für die dann eigens vorgeschlagenen Richter gelten. Man würde sich also mittelfristig selbst beschneiden. Das ist auch der Grund, warum diese Vorgaben bisher von keiner Partei geändert wurden. Zukünftig ist das bei aller Beteuerung einer Gefahr durch die AfD ebenso unwahrscheinlich.
2.) Szenario – Die AfD erhält eine Sperrminorität
In dem zweiten angeführten Szenario geht es nicht um die mögliche Absetzung von Richtern, sondern um deren Wahl. Die Parteien benötigen für ihre Verfassungsrichterkandidaten eine Zweidrittelmehrheit in Bundestag oder Bundesrat. Dieser Mechanismus soll sicherstellen, dass die gewählten Kandidaten von einer breiten Basis mehrerer Parteien getragen und dadurch legitimiert werden. Würde die AfD bei einer Bundestagswahl nun auf 33 Prozent oder mehr kommen, könnte sie mit einer sogenannten Sperrminorität eine Zweidrittelmehrheit der Altparteien verhindern und somit alle vorgeschlagenen Kandidaten der anderen Parteien ablehnen. Die Neuwahl von Richtern würde faktisch blockiert. Schlimm wäre das zunächst nicht. Vielmehr würde genau der Fall eintreten, wofür der Gesetzgeber ursprünglich eine Zweidrittelmehrheit festgelegt hat: Es wäre nicht mehr möglich, eine starke Oppositionskraft bei der Richterbesetzung zu übergehen, sodass man Kandidaten vorbringen müsste, denen auch die AfD zustimmen würde.
Sollte die AfD wirklich aus „Böswilligkeit“ alle Vorschläge der Altparteien blockieren – weil sie von den Altparteien kommen, hielte sie dem Establishment eigentlich nur den Spiegel vor. Bislang wird die AfD im parlamentarischen Prozess praktisch überall ausgegrenzt. So sieht die Geschäftsordnung des Deutschen Bundestags für jede Fraktion einen Platz im Bundestagspräsidium vor. Die Altparteien aber verhindern einen Vizepräsidenten der AfD seit zwei Legislaturen mittels eines Tricks: Zwar hat jede Fraktion grundsätzlich den Anspruch auf einen Sitz, allerdings muss der vorgeschlagene Kandidat vom Parlament mit einfacher Mehrheit gewählt werden. Da man kein Wahlergebnis erzwingen kann, lehnen die Altparteien jeden vorgeschlagenen Kandidaten der AfD unabhängig von dessen Eignung ab.
Eine Blockade von Richtervorschlägen durch die AfD wäre also kein einzigartiges Novum. Die AfD würde vielmehr die Waffengleichheit im machtpolitischen Kampf wiederherstellen. Dabei könnte eine solche Blockade auch nicht dazu führen, dass das Bundesverfassungsgericht gefährdet oder gar handlungsunfähig wäre. Denn bereits jetzt währt die Amtszeit eines amtierenden Richters so lange weiter, bis ein neuer Richter gewählt wurde. Wer nun das Bild von leeren Richterstühlen und dysfunktionalen Gerichten zeichnet, will von dem eigentlichen Grund des Gesetzesvorhabens ablenken. Schließlich würde eine mögliche Blockade der Richterwahl durch die AfD die Altparteien vor ein Problem stellen: Sie müssten sich mit der AfD auf Wahlvorschläge verständigen.
Wer darin eine politische Einflussnahme auf die Richterwahl sehen will, vergisst, dass die Ernennung der Bundesverfassungsrichter bereits jetzt nicht neutral und unabhängig abläuft. Sie geschieht in einem Modus, in dem sich die Altparteien die Richtersitze untereinander aufteilen. Die Kandidaten sind dabei parteipolitisch nicht unbefleckt, was am Beispiel des Vorsitzenden Richters Stephan Harbarth eindrücklich zu erkennen ist. Bis 2018 aktiver Bundestagsabgeordneter der CDU/CSU, wurde er aus dieser Position heraus in das Bundesverfassungsgericht gewählt. Es geht den „seriösen Demokraten“ somit nicht um die Bewahrung einer politischen Neutralität des Gerichts, sondern um die Bewahrung ihrer Vormachtstellung gegenüber der AfD. Ein solches Vorhaben dann mit der Resilienz des Bundesverfassungsgerichts und der Sorge um unsere Demokratie zu begründen, ist weder seriös noch demokratisch.
Was ich selber mach und tu trau ich anderen Leuten zu.
Nach diesem Grundsatz werden viele Taten klarer.
Die „BRD“ ist kein Staat, wie z. B. das Deutsche Reich, Frankreich oder auch Großbritanien. Deshalb hat kann das Siegerkonstrukt „BRD“ keine „Verfassung“ haben und kann somit auch keinen „Verfassungsschutz“ haben.
Zweierlei Maß, unter „demokratischen Parteien“ ist das Brauch.
Sie handeln so weil sie von anderen die gleiche Widerwärtigkeit erwarten die sie von sich selbst zu genüge kennen und praktizieren.