„Meinungsfreiheit“ ist ja einer der zentralen Begriffe der sogenannten „Boomer-Truth“, also des zivilreligiösen Weltbildes, das sich seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges in der westlichen Hemisphäre durchgesetzt hat und als unumstößlich gilt. „Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten“, heißt es im Artikel 5 der heiligsten aller Schriften, dem bundesdeutschen Grundgesetze, und der gemeine Bürger dort draußen glaubt, dass er mit diesem Artikel vor der Verfolgung des Staates nach einer Meinungsäußerung sicher ist. Es gibt natürlich ein paar wenige Ausnahmen, wie etwa (zu Recht) die Leugnung und Hinterfragung gewisser historischer Ereignisse des 20. Jahrhunderts, aber ansonsten darf der Bundesdeutsche so gut wie alles sagen, was er denkt, ohne staatliche Repressionen zu fürchten. So die Theorie.
Die Praxis sieht mittlerweile etwas anders aus. Anfangs ist es der gesellschaftliche Druck gewesen, der einen dazu bewog, manche Sachen besser nicht auszusprechen. Jeder, der in einem universitären Umfeld verkehrt (und dort vor allem in einem geisteswissenschaftlichen), weiß, wovon die Rede ist. Die herrschende Elite musste also nie direkt mit staatlichen Mitteln durchgreifen, sondern konnte sich auf gehorsame Mitläufer verlassen. Ein Mechanismus, den man aus jeder gesellschaftlichen Ordnung kennt, der aber in der liberalen Demokratie einen besonders perfiden Touch bekommt. Mittlerweile greift der Staat aber auch direkt durch: Erst neulich hat man die Wohnung des Twitter-Nutzers Arminius durchsucht, weil er etwas Böses auf der Plattform gepostet hat.
Es kann auch wesentlich schlimmer ausgehen, wie der Fall Kurt Hättasch zeigt: Bei ihm klopfte im November 2024 die Polizei an der Haustür, welche Hättasch fälschlicherweise für eventuelle Linksextreme hielt (man erinnere sich an die Hammerbande, die Rechte in ihren Wohnungen überfiel, indem sie sich für die Polizei ausgab). Er bewaffnete sich und wurde dafür von einem Beamten angeschossen, seitdem sitzt er in Haft.
Nun wurde eine weitere Eskalationsstufe erreicht, bei der zwar kein körperlicher oder materieller Schaden entstand, dafür aber ein neues Feld der Repression beschritten wurde: die Kriminalisierung von Journalisten durch die judikative Gewalt. Es ist seit Längerem Konsens unter den dissidenten Rechten, dass der Richter- und Juristenstand fernab jeglicher politischer Vernunft handelt und dabei auch über – oder in manchen Vergewaltigungsfällen mit migrantischem Täter auch unter – die Stränge schlägt. Nehmen wir meinen Co-Kolumnisten Shlomo Finkelstein, der wegen einer Belanglosigkeit von einem Richter verurteilt wurde und dafür seit August im Gefängnis sitzen muss. Der jüngste Fall ist ähnlich witzlos wie bei Shlomo: Kein Rucka-Rucka-Ali-Song war dabei der Anlass, sondern ein Bild. Von Nancy Faeser. Mit der Aufschrift „Ich hasse die Meinungsfreiheit!“.
David Bendels ist der Name des Verurteilten, seinerseits Herausgeber und Chefredakteur des „Deutschland-Kurier“. Der Fall ist deshalb neu und einzigartig, weil es das erste Mal in der Geschichte der Bundesrepublik ist, dass ein Journalist wegen des „Majestäts“-Beleidigungsparagrafen 188 des Strafgesetzbuches (StGB) zu einer Strafe verurteilt wurde, im Falle Bendels’ zu sieben Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung; das zuständige Amtsgericht in Bamberg erlangte schon vor einiger Zeit wegen der „Schwachkopf“-Posse bundesweite Bekanntheit.
Grund für Verhandlung und Verurteilung war eine Bildmontage, die vom Twitter-Account des „Deutschland-Kurier“ im Februar 2024 veröffentlicht worden war: Darauf zu sehen ist eine matt dreinsehende Nancy Faeser, wie sie ein Schild mit besagter Aufschrift „Ich hasse die Meinungsfreiheit“ hochhält. Harmlose Boomer-Unterhaltung, die das Verhältnis der Innenministerin zum Artikel 5 des Grundgesetzes aufs Korn nehmen soll. Doch nicht der Rede wert, möchte man meinen.
Doch Faeser nahm das persönlich und erstattete Anzeige. Gericht und Richter waren ihr zugeneigt, und so entstand das Urteil von sieben Monaten auf Bewährung. Laut „Tichys Einblick“ verlangt „[d]er vorsitzende Richter […] von Bendels sogar, dass dieser sich bei der Bundesinnenministerin schriftlich entschuldigt“, ganz gemäß der stiefmütterlichen Autorität, die der Staat über uns hat.
Noch ist das Urteil nicht rechtskräftig. Bendels kündigt auch an, sich zu wehren, und jedem Beobachter ist klar, worum es hier wirklich geht: nämlich um die Einschüchterung des politischen Gegners. Das ist so offensichtlich wie Inkompetenz und Bösartigkeit unserer herrschenden politischen Elite. Aber der Weg, der hier beschritten wird, ist beunruhigend: Wie gesagt, das erste Mal wurde ein Journo (die ja sonst fast einen Heiligenstatus in unserer Gesellschaft genießen) wegen einer solchen Lappalie verurteilt, und wenn das durchkommt, kann der Fall später mal als Präzedenzfall dienen. Und diese Sache wird dann von einer politischen Schicht vorangetrieben und durchgesetzt, die der „Demos“ nicht einmal durch Wahlen irgendwie kontrollieren kann: die Richter und Juristen. Man kann zwar von Instanz zu Instanz ziehen, aber sie müssen sich vor niemandem verantworten. Wenn man bedenkt, dass ein Großteil dieser Leute dann auch links oder linksliberal, zumindest aber eben nicht rechts geprägt ist, dann wird das noch eine spaßige Sache mit der Juristerei.
„Es gibt natürlich ein paar wenige Ausnahmen, wie etwa (zu Recht) die Leugnung und Hinterfragung gewisser historischer Ereignisse“
Enttäuschend, dass diese Einschränkung der Meinungsfreiheit hier goutiert wird.