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Der Osten auf dem Weg zum Goldstandard?

3. Februar 2023
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Russland und der Iran haben angekündigt, ihre Bankensysteme zu verkoppeln. Das teilten iranische Zentralbanker am Montag mit, während die russische Zentralbank sich bisher nicht äußerte. Beide Länder, die auch wesentliche Ziele westlicher Sanktionen sind, sind von dem wichtigsten Nachrichtenübermittlungssystem für Zahlungen „SWIFT“ (Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication) ausgeschlossen. Damit rücken die beiden autoritär geführten Länder ökonomisch weiter zusammen.

Mit dem Ausschluss vom SWIFT-System selbst, das für die Erleichterung von Bankentransaktionen von wesentlicher Bedeutung ist, haben beide ihre ganz eigenen Erfahrungen gemacht. Russland ereilte das Schicksal bekanntlich als Reaktion auf den Ukraine-Krieg, als ausgewählte russische Banken ausgeschlossen wurden. Der Iran dagegen wurde bereits 2012 erstmals von der EU ausgeschlossen, um Teheran zu Kompromissen in der Atomfrage zu bewegen. Dies wurde durch die Zustimmung des Irans zum internationalen Atomabkommen zur Verhinderung des iranischen Atombombenbaus auch erreicht. Im Anschluss wurde der Iran vorläufig wieder für SWIFT zugelassen, was den Ölimport für Abnehmer im Ausland erheblich erleichterte und neue Direktinvestitionen aus dem Ausland beförderte.

Der zweite Ausschluss unter Trump 2019 im Zuge dessen Kündigung des Atomabkommens, welche Trump aus der Angst vor einem nahöstlichen Wettrüsten heraus durchsetzte, stellte den Iran und seine großen Abnehmer wie China anfangs vor Probleme. Allerdings bildeten sich schon bald alternative praktische Konzepte heraus, welche das Volumen exportierter Barrels pro Tag wieder in den siebenstelligen Bereich trieben. Und siehe da, die Bezahlung in Gold zum Beispiel erwies sich als praktische Alternative. Venezuela etwa, ebenfalls von US-Sanktionen betroffen, flog allein im April 2020 rund neun Tonnen Gold (Gegenwert: circa 500 Millionen Dollar) in den Iran ein. Im Geschäft mit anderen Ländern hat sich seit jeher vor allem der Tauschhandel bewährt, etwa von Tee mit Sri Lanka oder von Konsumgütern mit China. Die Schaffung des neuen Zahlungsinstruments INSTEX durch europäische Staaten als Reaktion auf Trumps Sanktionen, um das Scheitern des Atomvertrages zu verhindern, zeigte bisher keine Wirkung – die USA haben auf dem Gebiet also einen bisher noch ungebrochenen Netzwerkvorteil.



Übergangsweise wollte der Iran im vergangenen Jahr Ölexporte verstärkt über ein chinesisches und russisches Zahlungssystem abwickeln. Als der Iran schon 2021 der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit beitrat, zeichnete sich der iranische Wille zur Kooperation schon deutlich ab. Noch 2022 hielt man es aber für unwahrscheinlich, dass etwa China das hausgemachte System als Konkurrenten zum SWIFT-Raum aufbauen wolle, da es seinen Außenhandel weiterhin über SWIFT abwickelte. Als realistischstes Szenario sah man also den erneuten Beitritt des Irans zum Atomabkommen – mit der Perspektive der Sanktionsaufhebung und des Wiedereintritts in das SWIFT-System.

Doch es kam anders. Der Handel Russlands mit dem Iran soll mit der geplanten Verzweigung des Finanzwesens beider Länder auf zehn Milliarden Dollar pro Jahr steigen. Das von beiden Ländern entwickelte neue Kommunikationssystem soll 700 russische mit 106 weiteren ausländischen Banken aus 13 Staaten miteinander verbinden. Zudem soll eine neue mit Gold gedeckte Kryptowährung zur Schwächung des Dollars entwickelt werden. Die Finanzierung der eigenen Volkswirtschaften wird nämlich durch den gesperrten Zugang zu ihren Devisenreserven, wie in der letzten Kolumne erläutert, erheblich erschwert.

Der Währungs- und Zahlungsraum des US-amerikanischen Standards disqualifiziert sich sowohl für Schwellenländer als auch für Mächte im Osten zunehmend. Der ökonomisch libertäre und kulturell von der griechischen Orthodoxie geprägte Publizist Dimitrios Kisoudis hat die dem zugrunde liegenden Entwicklungen in seinem 2015 erschienenen Essay „Goldgrund Eurasien“ skizzenartig beschrieben. Neben den neuen kulturellen Großdifferenzen zwischen West und Ost nach dem Ende des Kalten Krieges eröffnet er auch die interessante ökonomische, nur scheinparadoxe Dichotomie zwischen dem nach außen autoritären, an der Staatsquote gemessen aber eher liberalen Osten und dem zunehmend geldsozialistischen Westen.

Gold gilt ihm als natürlicher Untergrund des guten Geldes, und der Dollar ist für ihn „der Keil, der zwischen Geld und Gold getrieben wurde“. Die Verschuldung des Westens, allen voran der USA (128 Prozent gemessen am BIP im Jahr 2021), steht dabei in krassem Gegensatz zu Russland (knapp 14 Prozent 2021), welches von seinen Zentralbanken Gold in großem Stil aufkaufen lässt. Ob der Iran, Russland, China oder viele im Verbund nun mit einer goldgedeckten Kryptowährung oder auch, wie von Kisoudis skizziert, einem Golddevisenstandard à la Bretton Woods aufwarten – es wäre eine existenzielle Gefahr für das Fortbestehen des westlichen Finanzsystems.

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