Vergangenen Samstag fand in Berlin eine wahre Boomer-Wallfahrt statt: Der von Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer organisierte „Aufstand für den Frieden“ lockte mehrere Tausend Menschen in die verdreckte Bundeshauptstadt – wie viele genau, weiß man wohl selbst nicht: Die Polizei sagt 13.000, unser Rosa-Luxemburg-Abklatsch sprach von 50.000 Teilnehmern an der Demo. Nun ja, die Wahrheit liegt, wie man so schön sagt, wohl irgendwo dazwischen (vielleicht waren’s 14.000?). Doch wollen wir uns dem quantitativen Ausmaß dieser Veranstaltung nicht länger widmen, dafür aber umso mehr der Qualität: Die Friedensdemo stellt einmal mehr und so deutlich wie lange nicht die Dimension der Absurdität im besten und schönsten Deutschland aller Zeiten dar: Es versammeln sich also jede Menge Boomer, die in ihrer naiv-pazifistischen 80er-Jahre-Mentalität Friedensverhandlungen mit dem Aggressor eines vielleicht nicht unbegründeten Angriffskrieges fordern, nur um dann von der geballten Presse als Nazis und Rechte bezeichnet zu werden. Ja, klar, nichts Neues unterm bundesrepublikanischen Himmelszelt, aber doch immer wieder befremdlich.
Nun ist es ja so: Die Demo war nicht nur wegen des Themas und der Botschaft „umstritten“ (also vom Establishment nicht gern gesehen), sondern sowohl Schwarzer als auch Wagenknecht sind wegen ihrer Äußerungen zum Frauenbild (junger) muslimscher Einwanderer beziehungsweise ihrer Kritik an der Corona-Politik der Bundesregierung in Ungnade gefallen. Mit ihren Ansichten zum neuen Krieg im Osten und der ja durchaus richtigen Erkenntnis, dass der US-geführte Westen eine Mitschuld an der Eskalation trägt, beziehungsweise der Weigerung, in den Falkenmodus einer Marie-Agnes Strack-Zimmermann zu gehen, wurden sie auf die Abschussliste der Medien gesetzt – die üblichen Diffamierungen folgten rasch.
Die Reaktion der beiden altlinken Damen war, wer hätte es gedacht: eine deutliche Distanzierung von rechts. Es ist natürlich nicht verwunderlich, sie sind ja auch nicht rechts, sondern links. Nur halt häretisch links. Daher war das auch keine Überraschung, doch wirkt allein der Versuch so naiv und unschuldig: Als wollten sie versuchen, sich dadurch noch mal bei den Medien beliebt zu machen. Eine gern gewählte Methode von Cucks und Schwächlingen, die – Gott sei Dank – in den seltensten Fällen funktioniert. Gerade Alice Schwarzer gönne ich den Druck des Establishments aus tiefstem Herzen; ich schaue gern zu, wenn Altlinke oder Zweite-Welle-Feministinnen von ihrer eigenen Revolution gefressen werden und nicht damit umzugehen wissen.
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Apropos „umzugehen wissen“: Wie hat unsere Hauspartei eigentlich auf die Demo reagiert? Tja, man ist ihr in der AfD äußerst wohlgesonnen. Tino Chrupalla kündigte zum Beispiel an, das zwei Wochen vor der Demo erschienene „Manifest für Frieden“ zu unterzeichnen. Er baut damit das Image der Partei als Friedenspartei maßgeblich auf. Anfangs hielt ich das für Dummheit und Naivität, doch spätestens nach Höckes Aufforderung an Wagenknecht, sie solle doch „zu uns kommen“, wenn sie sich denn wirklich für einen Frieden zwischen Russland und der Ukraine einsetze, kann ich mir vorstellen, dass hinter all dem Friedensgemurmel und der Anschmeichelung an die Pazifisten eher kaltes Kalkül steckt: Wenn man das leprakranke Kind ist, mit dem niemand spielen möchte, dann kommt man eben zu jenen, mit denen man spielen möchte, nicht? Um diese holprige Metapher näher zu erläutern: Indem man sich als medialer Buhmann einer Seite annähert, hinter der ein nicht geringer Teil der Bevölkerung steht, und diese Seite dadurch ebenfalls ins Kreuzfeuer zieht, kann man einen gewissen Keil zwischen die einst einigermaßen geeinten Feinde treiben.
Ob das wirklich den Berechnungen einiger Politiker der AfD, insbesondere des Oberindianers aus Thüringen, entspricht oder am Ende des Tages doch nur Boomer-Naivität ist, sei mal dahingestellt: Eine mediale Wirkung hat es auf alle Fälle, und einige Stimmen von entnervten Unpolitischen könnte es einbringen – sofern das alles nicht nach hinten losgeht, Wagenknecht ihre eigene Partei gründet und damit der AfD wieder wankelmütige Stimmen abgräbt, die, im völligen Glauben an das parlamentarische System, ihre verschrobenen „Meinungen“ ähnlich wie bei der Basis-Partei über die Parteiräson stellen.
Zu guter Letzt: Ich bin froh, kein Pazifist zu sein. Mich hat der Glaube an das „Ende aller Kriege“ und an „Frieden schaffen ohne Waffen“ schon immer ein wenig angeekelt, ohne großartig darüber nachzudenken, wieso. Mittlerweile betrachte ich den Krieg als eine unvermeidbare menschliche Konstante, als eine Art Naturgewalt: Herbeirufen will ich ihn nicht, doch wenn er kommt, so seien wir besser darauf gefasst – mit stoischer Ruhe. Klar lässt sich das leicht von einem Schreibtisch in einem warmen Zimmer sagen. Dennoch: Das ist doch allemal besser als die Falknerei des Establishments oder die Kindlichkeit des Pazifismus, oder? Zumal: Was ist, wenn wir als Rechte wirklich mal das Sagen haben und ein äußerer Feind, zum Beispiel China, in unsere Interessenssphäre eindringt? Sollen wir dann unsere Waffen zu Pflugscharen machen oder den Atomkrieg eskalieren lassen? Wohl kaum. Ich glaube ja, dass beide Optionen in Zukunft ohnehin immer unrealistischer werden. Der Krieg wird lernen, die Atomwaffen zu umgehen – beispielsweise mit Drohnen. Und dann sollten wir auf die alten Römer hören, die schon sagten: „Si vis pacem, para bellum“.