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#habichwasgegen – Schwarze Pädagogik für den Alman

10. November 2023
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Mitte der 2000er-Jahre koordinierte Bertelsmann eine Werbekampagne unter dem Slogan „Du bist Deutschland“. Die Älteren erinnern sich vielleicht noch an den dazugehörigen Spot…

Die etwas Jüngeren hingegen werden beim Klang von „Du bist Deutschland“ eher an die Verballhornung denken:

Ganz ehrlich: Während das Bertelsmann-Machwerk wie Milch gealtert ist, zeigt die Satire sich schon regelrecht prophetisch. Man verzweifelt als Deutscher aus tausend Gründen an diesem Land, aber trotz allem muss man doch anerkennen: Wenn Deutschland noch eines kann, dann ist es memen.

Natürlich, 2005/2006 war eine andere Zeit. Dauerparty, die totale Infragestellung jeglicher Werte und Normen, das Primat des Humors – selbst der mächtige Bertelsmann-Konzern konnte in seiner Rolle als ausgelagertes Propagandaministerium nicht diesen gesellschaftlichen Konsens verändern. Das lag aber nicht nur an den äußeren Umständen: Es gab in den frühen 2000er-Jahren auch kulturelle Großereignisse, die – so scheint es – völlig gegen ihre Zeit gebürstet, völlig konträr zum durchrationalisierten, entheiligten Klima der westlichen Gesellschaften eine konservative, ja regelrecht reaktionäre Setzung vornahmen. Und es war ja nicht so, als ob sich der allgegenwärtige Spott nicht auch darüber ergossen hätte…

Aber so etwas deklassierte das Original nicht, man konnte ohne Probleme sich an dem einen aufrichten und über das andere lachen.

Aber kommen wir zurück zu „Du bist Deutschland“: Der Versuch einer identitätsstiftenden Erzählung für alle Deutschen bedeutete aus Sicht von Bertelsmann das „alle“ in erster Linie egalitär (und damit form- und charakterlos) zu greifen, das „Deutsche“ hingegen als die Fortsetzung des Schuldkomplexes fortzuschreiben – nun aber mit guter Laune, mit Selbstbewusstsein, mit Oli Pocher am Grill, Gerald Asamoah im Fußballstadion und (bitte heute, 20 Jahre später, auf der Zunge zergehen lassen) Xavier Naidoo inmitten des Holocaust-Mahnmals. Deutsch, das war man 2005 in der Bertelsmann-Republik, wenn man umgeben von gleichgesinnten Studenten ein Plakat mit durchgestrichenem Hakenkreuz emporhob und Flugblätter das Treppenhaus hinunterwarf. Ja, im „Du bist Deutschland“-Deutschland durfte sich nicht nur Jana aus Kassel wie Sophie Scholl fühlen…

Das Einzige, das an diesem Spot rückblickend so etwas wie Anerkennung hervorruft, ist die Abbildung der Deutschen in ihrer Berufswelt: Wir sehen Werftarbeiter, Ärzte, Geschäftsführer und Automechaniker. Nicht umsonst heißt es da: „Du hältst den Laden zusammen.“ Ja, das tun die Deutschen tatsächlich.



Aber machen wir uns trotzdem nichts vor: Es war damals schon Schwarze Pädagogik, die allein darauf abzielte, den großen Widerspruch der Bundesrepublik zu kaschieren und die giftige Erzählung der deutschen Schuld zu normalisieren. Man konnte damals nicht erahnen, wie viel doller es in diesem Land werden würde. Oder? Natürlich, 2005 konnte keiner ahnen, was 2015 passieren würde, aber von „Du bist Deutschland“ lässt sich eine nachvollziehbare Traditionslinie zur #habichwasgegen-Kampagne der Antidiskriminierungskampagne des Bundes ziehen:

Der erzwungene „Du bist Deutschland“-Konsens hatte dann doch ein paar zu viele Sollbruchstellen, und seien wir ehrlich: Statt wenigstens zu versuchen, diese zu schließen, konnte der in seiner autokannibalistischen Logik verfangene Kulturmarxismus nicht anders, als diese weiter aufzureißen. Dem angeblich diskriminierten Ausländer (verkörpert für die effeminierten Almans wahlweise als junge Muslimin mit engem Kopftuch und breitem Lächeln oder als großer, treuer, liebenswerter „Mensch von Farbe“) haben die sozialwissenschaftlichen Dekonstrukteure den Transmenschen zur Seite gestellt – auch er natürlich von der deutschen, weißen, alten, überwiegend männlichen Mehrheitsbevölkerung unterdrückt. Man hat hier also in gewisser Hinsicht drei synthetische Gegenentwürfe zum deutschen Archetypen: den im islamischen Fundamentalismus Verwurzelten, den um seine Chance betrogenen Fremden und den bindungslosen Konsumnomaden, wobei Letzterer die einzige Schablone für all jene Deutschen ist, die sich diesem Diktat fügen.

Was bleibt von Deutschland übrig, wenn dieser Prozess vollzogen ist? Richtig, die „historische Schuld“. Ihre Bewirtschaftung nehmen jetzt übrigens jene vor, deren Leitkultur nicht nur die „Taqiya“ gebietet, sondern auch die vollständige und bedingungslose Unterwerfung aller Ungläubigen. Deutsche Kultur- und Politeliten mögen anderer Auffassung sein, aber besonders inklusiv oder gar integrativ wirkt die große Schuld-Erzählung dann doch nicht. Man hätte es anders haben können, aber man wollte es ja so.

Friedrich Fechter

Nachdem sich Fechter von den beiden Chefs die Leitung der Netzredaktion hat aufquatschen lassen, musste er mit Enttäuschung feststellen, dass die Zeiten von Olymp-Schreibmaschinen und reizenden Vorzimmerdamen vorbei sind. Eine Schreibmaschine hat er sich vom hart erarbeiteten Gehalt trotzdem gekauft. Und einen antiken Schreibtisch. Auf irgendwas muss man im Hausbüro schließlich einprügeln können, wenn die faulen Kolumnisten wieder ihre Abgabefristen versemmeln…

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