Hat Habeck plagiiert?

12. Februar 2025
in 2 min lesen

Knapp zwei Wochen vor den Bundestagswahlen ist es nicht so gut bestellt um die Partei der Grünen und ihren Kanzlerkandidaten. In den Umfragewerten erreichen sie gerade noch 15 Prozent, die eigene Basis entzieht ihnen nach dem Ende des Ampelhypes das Vertrauen, und dann könnte auch noch Robert Habecks Doktortitel auf der Kippe stehen.

In seiner Dissertation „Die Natur der Literatur – Zur gattungstheoretischen Begründung literarischer Ästhetizität“ soll es insgesamt 128 Quellen-, Text- und Zitatsplagiate geben – das behauptet zumindest der berühmte „Plagiatsjäger“ Stefan Weber. Der Noch-Vizekanzler ist gewiss nicht Webers erstes grünes Opfer: Bereits 2021 brachte er Annalena Baerbock mit Plagiatsvorwürfen bezüglich ihres damals veröffentlichten Buches um ihre Kanzlerkandidatur.

Natürlich ist es recht erstaunlich, dass beide Vorwürfe vor wichtigen Wahlen erhoben wurden und dass die aktuelle Anschuldigung Webers von Julian Reichelts Plattform „NIUS“ groß gemacht wurde, die bekanntlich alles andere als der größte Fan der Grünen ist – was eine gute Sache ist, nicht dass ich falsch verstanden werde: Ich habe rein gar nichts gegen Webers Arbeit einzuwenden, weder was seine „Opfer“ noch was den Zeitpunkt der Veröffentlichung angeht.

Habeck reagierte, indem er in die Offensive ging. In einem unter anderem bei X veröffentlichten Video redete er in seiner gewohnt weinerlichen Stimme die Vorwürfe nicht nur klein – angeblich ging es um „Ungenauigkeiten in den Fußnoten“, was nicht stimmt –, sondern witterte gleich eine gegen ihn gerichtete Verschwörung. Angeblich haben „NIUS“ und Reichelt Weber für die Schnüffelei bezahlt – diese bestreiten dies allerdings: „Robert Habeck insinuiert, dass Dr. Stefan Weber von NIUS dafür bezahlt wurde, ein Plagiatsgutachten zu erstellen. Auch das ist falsch. Weber wurde von NIUS weder beauftragt noch bezahlt“, schrieb „NIUS“-Autor Felix Perrefort.

Man kann es ihnen wohl glauben, jedenfalls steht fest, dass Weber bei anderen, Mainstream-affineren Medien wohl kein Gehör gefunden hätte. Der Mann liefert tatsächlich ernst zu nehmende Vorwürfe, insbesondere hinsichtlich sogenannter Quellenplagiate, die sich nicht so einfach vom Tisch weisen lassen: So gibt Habeck auf Seite 32 seiner Arbeit an, den Schweizer Sprachwissenschaftler Ferdinand de Saussure zu zitieren – in Wirklichkeit gibt er aber die Worte Axel Sprees wieder, der tatsächlich Saussure zitiert und diesen vermutlich auch gelesen hat.

Screenshot: Newsblog des Plagiatsgutachters Doz. Dr. Stefan Weber

Denn darum geht es ja beim Quellenplagiat: Man zitiert aus einem Werk der Sekundärliteratur, gibt aber als Quelle eben jene Primärliteratur an, die in dem zitierten Abschnitt als Quelle genannt wird – wie beim eben gebrachten Beispiel. Das tut man vor allem, wenn man intellektueller und gebildeter erscheinen möchte, als man in Wirklichkeit ist – passt also ganz gut zu unserem Vizekanzler.

Es ist also nicht nur eine kleine Lappalie, mit der sich Habeck auseinandersetzen muss – es geht hier um seine akademische Kredibilität. Vorwürfe dieser Art – wie gesagt, nicht der Nachweis, sondern allein die Vorwürfe – haben in etwas ehrlicheren Zeiten der bundesrepublikanischen Politik dazu geführt, dass der Betroffene das Feld räumen musste. Und beträfen die Vorwürfe den politischen Gegner aus AfD oder CDU, wäre ein Robert Habeck mit großer Sicherheit einer der Ersten, die Forderungen dieser Art verlautbaren ließen.

Als beispielsweise Karl-Theodor von und zu Guttenberg seinen Ministerplatz wegen einer Affäre um seinen Doktortitel verlassen musste, waren die Grünen ganz vorne damit dabei, ihn zum Rücktritt aufzufordern. Übrigens, als wäre das nicht Hohn genug, hat Habeck darum gebeten, das Privatleben seiner Frau – denn auch ihre Doktorarbeit scheint im Fokus Webers zu stehen – nicht medial zu beleuchten: „Meine Frau kandidiert aber für kein politisches Mandat. Sie ist nicht Teil dieses Wahlkampfs. Ich bitte darum, meine Familie rauszuhalten.“

Das mag zwar sein, aber schließlich ist er selbst nicht zimperlich, das Privatleben von Leuten stören zu lassen, wenn diese böse Worte im Internet über ihn schreiben. Mag sein, dass die Beleuchtung der wissenschaftlichen Arbeit seiner Frau während des Wahlkampfes nicht die feine englische Art ist – aber mein Mitleid hält sich dennoch in Grenzen.

Fridericus Vesargo

Aufgewachsen in der heilen Welt der ostdeutschen Provinz, studiert Vesargo jetzt irgendwas mit Musik in einer der schönsten und kulturträchtigsten Städte des zu Asche verfallenen Reiches. Da er als Bewahrer einer traditionsreichen, aber in der Moderne brotlos gewordenen Kunst am finanziellen Hungertuch nagen muss, sieht er sich gezwungen, jede Woche Texte für die Ausbeuter von der Krautzone zu schreiben. Immerhin bleiben ihm noch die Liebesgrüße linker Mitstudenten erspart…

2 Comments Leave a Reply

  1. Selbst wenn der Robert seine Laberfachpromotion ganz allein zusammengebockt haben sollte: Was qualifiziert ihn überhaupt für sein Amt dem er ganz und gar nicht gewachsen ist?

Comments are closed.

Mehr vom Autor