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Der Kirchentag, wie ihn Hieronymus Bosch erahnte.

Kirchentag

15. Juni 2023
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Dass es um die beiden großen Kirchen in Deutschland nicht gut bestellt ist, sollte keine Neuigkeit sein. Kirchenmitglieder treten in Scharen aus, die Kirchen selbst werden immer leerer. Was tun? Das fragen sich viele Vertreter der Kirchen, sowohl evangelische als auch katholische. Doch insbesondere die Protestanten finden die Antwort auf diese Frage darin, sich als möglichst fanatischen Büttel des Zeitgeistes zu inszenieren. Schon lange ist die Evangelische Kirche in Deutschland, kurz „EKD“, unterwandert bis in die höchsten Ämter von Menschen, die die linksliberale Ideologie in sich tragen und offen propagieren.

Der Regenbogen, der Klimawandel und der Kampf gegen rechts sind Alltag in den evangelischen Kirchen der Bundesrepublik. Ihren Höhepunkt erreichen die Irrungen und Wirrungen der evangelischen Elite schließlich auf dem alle zwei Jahre stattfindenden Kirchentag. Der 38. Deutsche Evangelische Kirchentag fand dieses Jahr vom 7. bis zum 11. Juni im altehrwürdigen Nürnberg statt, das als eine der ersten protestantischen Freien Reichsstädte und eine der reichsten und größten Städte im Heiligen Römischen Reich eine wichtige Rolle in der frühen Geschichte der Reformation einnahm. Der Kirchentag wird zwar von Laien, das heißt von Nicht-Klerikern, organisiert und ist offiziell unabhängig von den Institutionen der EKD, dennoch sind die Verbindungen zwischen Kirche und Kirchentag offensichtlich.

Nicht nur Vertreter der Landeskirchen werden eingeladen, sondern auch Vertreter der Politik und andere Personen des öffentlichen Lebens. Dieses Jahr zum Beispiel übernahm der ehemalige Bundesinnenminister Thomas de Maizière die Präsidentschaft des Kirchentages, als Gäste und Redner waren Politiker wie Kanzler Olaf Scholz und Außenministerin Annalena Baerbock, aber auch Prominente oder Aktivisten wie Luisa Neubauer zu Besuch. Vertreter der AfD waren – wie zu erwarten war – vom Präsidium des Kirchentages explizit nicht erwünscht.

„Jetzt ist die Zeit“ – so lautete das Motto des diesjährigen Kirchentages. Zeit wofür? Das beantwortet sich von selbst, wenn man sich das Programm anschaut: „Brauchen wir eine sexuelle Revolution?“, „Sind Kirchen sichere Orte? Ein Gespräch zwischen religiösen ‚People of Color‘ und queeren Personen“, „Speed-Dating mit geschlechtersensiblen Theologien“, um mal ein paar Titel für Podiumsdiskussionen oder Workshops zu nennen – und das betrifft lediglich den Regenbogen. In weiteren Veranstaltungen wurden der Klimawandel – dieses Thema lag den Veranstaltern besonders am Herzen – und der Ukrainekrieg ebenfalls behandelt. So äußerte sich Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, ebenfalls zu Gast dort, bezüglich letzteren Themas dahingehend, es sei nun „aber auch Zeit für Waffen“.

Den krönenden Abschluss bildete der Schlussgottesdienst am Sonntag: Die Predigt wurde von Quinton Ceasar gehalten, einem südafrikanischen, schwarzen Pastor mit Afrofrisur.

„Jetzt ist die Zeit, zu sagen: Wir sind alle die Letzte Generation. Jetzt ist die Zeit, zu sagen: Black lives always matter. Jetzt ist die Zeit, zu sagen: Gott ist queer.“

Diese drei Sätze aus seiner Predigt fassen nicht nur selbige hervorragend zusammen, sondern auch den ganzen Kirchentag und die EKD. Der – angebliche – Glaube an Gott wird dem politischen Zeitgeist untergeordnet. Nichts von „Kehret um!“, nichts von „Sündiget nicht mehr!“ – stattdessen eine Verformung des Glaubens. Man müsste meinen, es handele sich hier um eine schlechte Parodie.


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Nicht nur die Zeitgeistanbiederung seitens der Kirche wurde mit diesem Fest des Hochmuts – „Pride“ spielte hier ja auch eine wichtige Rolle – auf die Spitze getrieben, sondern auch jenes Phänomen, welches der Geschichtsphilosoph Oswald Spengler in seinem Opus magnum „Irreligiosität“ nannte. Damit meinte er seine Beobachtung, dass zum Ende eines jeden Kulturzyklus die Menschen keiner „ernsthaften“, das heißt transzendental ausgelegten, Religion folgen und nicht mehr aus ihr heraus ihr Weltbild erklären, sondern einer „verweltlichten“, „verwissenschaftlichten“ Religion (oder Religionen) folgen.

Irreligiosität spiegelt sich in unserer Kultur einerseits in der Hinwendung europäischer Menschen zu ihnen völlig fremden Religionen wie etwa dem Buddhismus wider, wobei sie diese Religion in vereinfachter Form übernehmen – sie sind gar nicht in der Lage, das ursprüngliche Weltgefühl, das den ursprünglichen Anhängern dieser Religion anheim war, nachzuempfinden. Andererseits passiert das, was wir beim diesjährigen Kirchentag (und auch bei denen davor, um ehrlich zu sein) erleben können: das Aufweichen der eigenen Religion – dem europäisch-protestantischen Christentum – zu einer profanen erdgebundenen Irrreligion. Statt sich mit tatsächlich transzendentalen Fragen oder biblischen Geschichten zu beschäftigen und somit dem Zeitgeist entgegenzuwirken, feuert man ihn an. Jegliche Würde hat das Prozedere ohnehin verloren, der Ritus verkommt zum Kult.

Und was bedeutet das? Tja, vielleicht wäre es angebracht, mal gegen den Zeitgeist zu predigen statt für ihn. Eventuell könnte das die leeren Kirchenbänke wieder auffüllen. In Bremen zum Beispiel, im immer gottloser werdenden Norden gelegen, funktioniert das: Dort predigt Olaf Latzel in gut besuchten Kirchen, trotz Verfahrens gegen ihn (er hat sich gegen die Homo-„Ehe“ geäußert). Es geht also, wenn man will. Bis dahin können der EKD ruhig die Mitglieder weglaufen, sollen sie nur – das sage ich nicht nur als Christ, sondern auch als Lutheraner. Und wer bei all den hier geschilderten protestantischen Wirrungen glaubt, der katholischen Kirche gehe es besser – den muss ich, zumindest hier in Deutschland, hinsichtlich Bewegungen wie dem Synodalen Weg oder Maria 2.0 wohl leider enttäuschen…

Fridericus Vesargo

Aufgewachsen in der heilen Welt der ostdeutschen Provinz, studiert Vesargo jetzt irgendwas mit Musik in einer der schönsten und kulturträchtigsten Städte des zu Asche verfallenen Reiches. Da er als Bewahrer einer traditionsreichen, aber in der Moderne brotlos gewordenen Kunst am finanziellen Hungertuch nagen muss, sieht er sich gezwungen, jede Woche Texte für die Ausbeuter von der Krautzone zu schreiben. Immerhin bleiben ihm noch die Liebesgrüße linker Mitstudenten erspart…

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