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Minimalkonsens und Puritanismus

2. November 2022
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Vor knapp vier Monaten (was mich gerade sehr überrascht hat, die Zeit fliegt) habe ich ja schon in einer Kolumne hier die roten Linien thematisiert, die man nicht übertreten darf, wenn man im Mainstream noch als etwas anderes als der absolute Boogieman stattfinden will. Über diese roten Linien, die Sichtweisen umfassen wie die, dass Migration nur demografisch und nicht über Assimilation zu lösen sei, erzieht sich die Medienlandschaft eine Scheinopposition heran, die dann immer noch in den Talkshows sitzen darf, damit der Anschein aufrechterhalten wird, Gegenmeinungen würde noch Raum gelassen. Überschreitet man die roten Linien, hagelt es Warnschüsse, überschreitet man sie mehrmals, auch schon mal einen ins Bein.

Da sich konservative Stimmen auf die Dauer entweder diesen erzieherischen Maßnahmen beugen und die roten Linien achten oder eben zum kompletten Paria werden, über den dann nur noch geredet werden darf, anstatt mit ihm zu reden, haben sie am Ende genau das, was sie wollen: zahme Schoßhündchen, die auf das Publikum wie ein Gegengewicht wirken, aber immer genau da stehen bleiben, wo es anfangen würde, dem Narrativ wehzutun. Als Beispiel für eine solche erfolgreich „erzogene“ Person, die dem Mainstream mehr nützt, als ihm zu schaden, indem sie die Zuschauer, die auf der Kippe stehen und übers Abspringen nachdenken, beruhigt, nannte ich Ahmad Mansour, der auf Talkshow-Sofas ja trotz seichtem Dagegenhalten mehr Zeit verbringen darf als auf seinem eigenen und zudem noch Establishment-Auszeichnungen wie den Menschenrechtspreis oder diesen Sommer erst das Bundesverdienstkreuz abräumt.

Nun will ich einmal schildern, was unsere roten Linien sein sollten; also nicht spiegelbildlich, ab wann man mit jemandem nicht mehr reden sollte, sondern wer eigentlich überhaupt Teil unseres Lagers ist. Ganz grob sind das zwei: Du musst das demografische Problem anerkennen (ergo gegen Massenmigration selber und nicht nur für ganz viele tolle Integrationsprogramme sein) und darfst die AfD nicht vor den Bus werfen. Es handelt sich hierbei wie gesagt um einen Minimalkonsens, das heißt: Wer Überfremdung befeuert oder die einzige politische Repräsentation ihrer Gegner bekämpft, der ist nicht Teil des Lagers.

Dabei ist klarzustellen, dass ich hier nicht davon rede, jedes kritische Wort gegen die AfD sollte uns dazu bringen, wie bei „Die Körperfresser kommen“ auf den Kritiker zu zeigen und animalisch zu kreischen, im Gegenteil: Manöverkritik ist vollkommen okay, nützlich sogar. Auch inhaltliche Kritik muss zulässig sein, ansonsten wäre das hier ja auch ein toller Minimalkonsens. „Vor den Bus werfen“ beschreibt, selber an der Dämonisierung mitzuwirken und die AfD mit Mainstream-Verunglimpfungen à la „Faschisten“, „rechtsextrem“ oder Ähnlichem unmöglich zu machen.



Alles andere muss aus meiner Sicht diskutierbar sein, schon alleine, weil wir den Luxus nicht haben, eine genaue ideologische Passform vorzugeben. Wir sind ja ohnehin ein Flickenteppich verschiedenster Strömungen, bring die mal alle auch nur auf einen ungefähren Nenner bei fünf grundverschiedenen Themen. Dinge etwa wie die freie Marktwirtschaft, Religion oder Promiskuität werden ja auch regelmäßig innerrechts ausdiskutiert, im besten Fall ohne irgendeinen Groll, so gerade erst geschehen, was letzteres Thema angeht, zwischen Oliver Flesch, Maximilian Pütz und meiner Wenigkeit.

Natürlich gibt es auch deutlich andere Beispiele, die zu einer Selbstzerfleischung führen, gerade auch innerhalb der AfD. Hier geht uns zeitweise etwas ab, das die Linken perfektioniert haben: Grabenkämpfe kann es geben, aber sobald es gegen rechts, gegen uns, geht, stehen sie alle Gewehr bei Fuß zusammen, selbst wenn man gerade noch kurz davor war, sich die Köpfe einzuschlagen. Sie haben einen einenden Boogieman, der in ihrem Kopf so abgrundtief böse ist, dass jede Differenz untereinander nichtig wird, sobald er auf der Matte steht.

Nun sind die meisten von uns hier gelandet, weil wir weniger anfällig für (oder geil auf) die kopflose Hingabe an Emotionen dieser wie auch anderer Art sind. Ich frage mich allerdings manchmal, ob nicht auch hier die Dosis das Gift macht und es einen Spagat geben könnte zwischen ein wenig Boogieman ja, klares Denken ablegen nein. Eine irrationale Befangenheit aus rationalen Gründen quasi, und nicht völlig ohne Bewusstsein dafür. Rationaler als ein endloses Ergehen in lagerinternen Konflikten, während der Feind willens und immer mehr imstande ist, uns allen gemeinsam gesellschaftlich den Garaus zu machen, erscheint es mir jedenfalls.

Shlomo Finkelstein

Shlomo Finkelstein wollte immer schon irgendwas mit Hass machen. Seit 2015 erstellt er als "Die vulgäre Analyse" Videos, und seit 2019 zusammen mit Idiotenwatch den Podcast "Honigwabe".

Belltower News schreibt über ihn: "Da er vorgibt, sein Hass sei rational begründet, sind besonders junge Menschen der Gefahr ausgesetzt, die Thesen für bare Münze zu nehmen und sich so zu radikalisieren."

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