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Reisebericht – 72 Stunden Spreewald

18. Juni 2022
in 4 min lesen

Über meine Sonderrolle innerhalb der Krautzone habe ich schon in vorangegangen Artikeln berichten dürfen. Nur ist das mit ein, zwei Artikeln nicht getan. Also heiße ich Sie, liebe Leser, willkommen zu einer neuen Reise in den tiefen, düsteren Osten.

Ich kann es eigentlich nicht mehr hören. Ständig will mir irgendein Städter und oder Wessi erzählen, dass hier nur Nazis leben, die Häuser grau und versifft sind, die Männer nur unter Tage schuften und die Frauen, die hier leben, würden Vanessa oder Chantal heißen. Stimmt, genauso ist es. Lesen, schreiben und kochen kann hier auch niemand. Hauptsächlich ernähren wir uns von Pommes und die Männer von Bier. Dafür bin ich das beste Beispiel. Dreimal laut gelacht! SO ist es nämlich ganz und gar nicht. Wir haben es hier so schön, das glaubt man fast gar nicht, wenn man es noch nicht mit eigenen Augen gesehen hat. Um nicht das ganze Pulver auf einmal zu verschießen, werde ich mich im Folgenden jedoch nur auf eines der unzähligen bezaubernden Gebiete beziehen – den Spreewald.

Dieser liegt im Südosten Brandenburgs und wird unzählige Male von der Spree durchzogen. Der Spreewald ist außerdem als Biosphärenreservat ausgewiesen und hat damit eine große Bedeutung zum Erhalt von Flora und Fauna. Doch das nur am Rande. Vor ein paar Tagen verbrachte ich, zusammen mit einer Freundin, einige Nächte in Burg, quasi im Herzen des Spreewaldes. Eigentlich hatten wir den Plan, uns auszuruhen und mal gar nix zu tun. Dieses Vorhaben gelang nur am ersten Tag. Wir verbrachten einige Stunden in der Spreewaldtherme. Als es jedoch dem Nachmittag entgegenging, nahmen wir Reis‘ aus, da wir von der Ü60-Generation überrollt wurden. Man, wer macht auch sonst Mittwochmittag einen Ausflug in die Therme, wenn nicht unsere heißgeliebten Rentner?! Um den entspannten Tag perfekt zu machen, ließen wir uns am Abend in einer urigen Gaststätte, welche einst eine Mühle war, nieder. Neben Meerrettich-Schnitzel – Junge, das ist das Beste auf der Welt! – und einigen Kräuterschnäpsen, genossen wir die Ruhe ohne feierwütige, angesoffene Halbstarke. Keiner quatscht einen voll, perfekt.

Am Tag darauf ruhten wir uns dann aber doch nicht mehr aus, sondern verbrachten die Zeit auf dem Wasser. Vormittags hatten wir uns ein Kanu ausgeliehen und zogen an den Kähnen (voller Rentner) vorbei. Ich weiß nicht mehr, wie viele Kilometer wir auf der Spree verbrachten, aber es reichte dafür, dass wir ordentlichen Muskelkater hatten. Doch daran war bei Betrachtung der Sonne, die zwischen den Bäumen durchschien, noch nicht zu denken. Gegen Abend ergatterten wir noch einen Tisch. Es gab wieder Meerrettich-Schnitzel mit Bratkartoffeln und Spreewald-Gurken. Es war ein Gedicht.

Viele Orte sind im Spreewald nur mit dem Boot zu erreichen…
Nur in der KRAUTZONE-Brotdose erhalten sich Geschmack und Nährstoffe über Stunden!

Die letzten 24 Stunden brachen herein und wir entschieden uns, mit dem Fahrrad bis nach Lübbenau zu fahren. Eine entspannte Tour, wenn man außer Acht lässt, dass wir mit unserem „wir-grüßen-jeden-Syndrom“, jeden gegrüßt haben, der uns entgegenkam. Aber damit muss man wohl klarkommen, wenn man auf dem Dorf groß geworden ist. Dort angekommen, gingen wir erstmal einkaufen. Sorbische Mode. Versteht sich ja von selbst.

Diesen Drang zum Geldausgeben legt auch die KRAUTZONE-Magd nicht ab. Doch statt Plunder wurde hier feinste sorbische Mode erworben. Was gut für die Heimat ist, muss nicht schlecht für die Wirtschaft sein!

Auf dem Rückweg besuchten wir kleine Dörfer, die man nur zu Fuß oder über die Spree, jedoch nicht mit dem Auto erreichen konnte. Dort bekamen wir in unserem Kurzurlaub erstmals mit, was es heißt, wenn sich die Touris stapeln. Dicht an dicht saßen sie in dem 130-Seelen-Dörfchen Lehde. Ich war noch nie im Disney-Land, aber so muss es sich ungefähr anfühlen, wenn man kaum mehr einen Meter gehen kann, ohne fünf andere wegschubsen zu müssen. Wir flüchteten in das Freilandmuseum.

So, so und nicht anders!

Denn wer hätte es gedacht – dort war niemand, außer uns und ein paar netten Frauen in ihren Trachten. Die pure Idylle. Zwischen reetgedeckten Häusern und Wischtüchern, die auf Wäscheleinen hingen, lagen wir im Heu rum und ich philosophierte, ob meine Spreewald-Uroma wohl damals das Gleiche getan hat. Vermutlich schon.

In einem Land vor unserer Zeit, lange bevor die Dämmstoff-Mafia für unnötige Bauverordnungen sorgte.
Der Volksmund sagt: Kleine Sünden bestraft der liebe Gott als allererstes, große Sünden neun Monate später. Um dem vorzubeugen, wurde das Gesinde getrennt untergracht.
Ja wirklich, Möbel gab es auch schon vor der Gründung von Ikea.
Tracht und Zierde, anno dazumals.
Danke Merkel.

Nachdem ich genug in Erinnerungen geschwelgt hatte, fuhren wir – fix und fertig – mit dem Rad zurück. Zur Belohnung gab es, im absolut BESTEN EISLADEN DER WELT, ein paar Kugeln Eis. Allerdings nicht irgendwelches, sondern Quark-mit-Leinöl-Eis und Himbeere-mit-schwarzen-Pfeffer. Inklusive jeder Menge frischer Erdbeeren. Diese grandiose Eisauswahl ist übrigens in keiner Art und Weise anzuzweifeln. Fahrt nach Burg in den Spreewald, geht zu Urbans Eis- und Kaffeeladen und überzeugt euch selbst davon, dass ich recht habe.

Wer jetzt aber einen Anfall bei dem Quark-Eis bekommt – keine Panik. Das schmeckt wie frischer Kuchenrührteig und ist einfach ein Träumchen. Ebenso ist es hier, in seiner Urform, ein Traditionsgericht und wird zusammen mit Kartoffel gegessen. Gehackte Zwiebeln dürfen sich auch noch dazugesellen aber die heilige Dreifaltigkeit aus Quark, Leinöl und Kartoffel MUSS bestehen. Was bei uns aber eher ein „arme-Leute-Essen“ ist, wird den Touristen für 14€ pro Portion verkauft. Ha, dass ich nicht lache! Absoluter Wucherpreis. Wer sich trotz meiner Empfehlung dagegen entscheiden sollte, muss aber wenigstens sämtliche Gurkenvariationen probieren. Saure Gurken, Senfgurken, Pfeffergurken, Gewürzgurken…

Ich könnte jetzt noch stundenlang von dem superleckeren Essen berichten und davon, was der Spreewald für ein kulturelles Schmuckstück ist, doch dafür reicht der Platz nicht aus und satt werdet ihr davon auch nicht. Also fahrt lieber hier her und macht euch euer eigenes Bild. Für alle, die jetzt schon ganz heiß darauf sind und ihre Koffer gepackt haben – wartet bis zum nächsten Jahr. Ich empfehle die Tage nach Himmelfahrt und vor Pfingsten. Wenn ihr aber kein Problem mit Mücken oder hyperaktiven Familien habt, dann fahrt in der Hochsaison. Ganz gleich, wie ihr euch entscheidet – Flora, Fauna und die netten Menschen werden euch umhauen. Im Osten ist es wunderschön!

Klara Fall

Irgendwo im ostdeutschen Hinterland versucht sie zwischen Waldspaziergängen und Mopedschrauberei, den Sinn des Lebens zu finden. Wenn das mal nicht ganz glückt, wird der Kummer in Bier ertränkt und rumphilosophiert, während im Hintergrund die besten Hits der 80er laufen. Natürlich immer mit dem Ziel vor Augen am nächsten Katersonntag einen neuen Artikel zu schreiben.

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