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RKI-Protokolle? Welche RKI-Protokolle?

26. Juli 2024
in 3 min lesen

Falls Sie, lieber Leser, das Glück hatten und zwischen 2020 und 2022 auf einer Antarktis-Expedition waren, so ist Ihnen vielleicht „Corona“ entgangen. Nein, nicht in dem Sinne, dass Sie sich nicht mit einer saisonalen Grippe angesteckt haben, sondern eben, dass Sie nicht Zeuge eines Kults geworden sind. Corona, das ist nicht einfach die Geschichte einer für die Masse der Bevölkerung harmlosen Erkrankung, die von Politik und Medien zu einer tödlichen Seuche erklärt wurde, nein: Corona ist die Geschichte eines Bürgerkriegs, der von Politik, Medien und sogenannten Wissenschaftlern entfacht wurde und überwiegend in der westlichen Welt dazu führte, dass sich Arbeitskollegen, Freunde und Familienangehörige hassen lernten. Bezogen auf die Bundesrepublik kann man mit Fug und Recht behaupten, dass kein Thema in der 75-jährigen Geschichte die Bürger derart entzweit hat. Noch nie wurde in diesem Land boshafter und ekelerregender mit Menschen umgegangen, die einfach nur nicht mitmachen wollten.

Dass eine Ungeheuerlichkeit aber dann, nachdem sie in allen Facetten ausgekostet wurde, sang- und klanglos unter den Teppich gekehrt wird, das ist zumindest für deutsche Verhältnisse gar nicht mal so neu. Wir müssen hier auch nicht allein die Deutschen dauerpathologisieren, es ist ein menschlicher Schutzreflex, über Unsagbares zu schweigen. Der entlarvte Seitensprung, der bezeugte Mord oder eben die demaskierte Massenpsychose namens „Corona“ – war da was? Hm? Dann bitte Schnauze halten!

Vor Kurzem wurden die RKI-Dokumente ungeschwärzt veröffentlicht. Zu verdanken ist das Aya Velázquez, die nach eigenen Angaben die Dokumente von einem ehemaligen RKI-Mitarbeiter erhalten hat. Zuvor hatte der Journalist Paul Schreyer unter Berufung auf das „Informationsfreiheitsgesetz“ die Freigabe der Dokumente erwirkt, die allerdings zunächst von umfassenden Schwärzungen betroffen waren. Velázquez und Schreyer sind – auch was ihre Lebensläufe und pesönliche Motivation betrifft – sicherlich keine typischen Journalisten. Ich sehe darin nicht gerade ein Problem. Der „etablierte Journalismus“ hat in Deutschland auf ganzer Linie versagt, die Zunft liegt nicht erst seit Corona in Trümmern.

Ich würde sogar noch weiter gehen: Sieht man von Schreyer, Velázquez und wenigen dissidenten Journalisten ab, so konnte man sich spätestens während Corona versichert fühlen, dass sich im deutschen Journalismus all die schlechten Eigenschaften unseres Volkes konzentrieren. Der durchschnittliche Lohnschreiber für die staatlichen und halbstaatlichen Agenturen ist ein ehrloser, minderbemittelter Wicht, der seine Boshaftigkeit in der Veröffentlichung von Hetzpamphleten ausleben kann. Was allein in den Corona-Jahren von „etablierten Medienschaffenden“ herbeigewünscht wurde – seien es nun einschränkende Maßnahmen „zum Wohle aller“ oder genüsslich ausgebreitete Bestrafungsfantasien – passt auf keine Kuhhaut. Man könnte Bände damit füllen.

Screenshot: „Spiegel“
Screenshot: „Zeit“
Screenshot: „Süddeutsche Zeitung“

Wie ich es aber bereits im Podcast mit Miró Wolsfeld angesprochen habe: Wir, die wir seit Jahren außerhalb der systemischen Meinungsmaschinerie stehen, sollten nicht glauben, dass nicht immer noch Millionen Deutsche den etablierten Massenmedien auf den Leim gehen. Ich muss das an dieser Stelle noch mal betonen: Menschen wollen Erzählungen hören, die für sie Sinn machen. Diese Sinnhaftigkeit beruht maßgeblich auf der (rückwirkenden) Rechtfertigung des eigenen Denkens und Handelns. Für uns ist die Sache klar: Wir waren damals renitent, wir haben recht behalten, und die veröffentlichten RKI-Dokumente bestätigen uns darin ein weiteres Mal. Das ist eine schlüssige, von der Realität gestützte Erzählung.

Das bedeutet aber nicht, dass neben dieser Erzählung nicht auch weitere Erzählungen existieren könnten: So bemerkt man im eigenen Umfeld oder eben auch in den Systemmedien den Hang dazu, die damalige Rigorosität damit zu rechtfertigen, dass man es ja nicht besser wusste. Man habe nur vorsichtig sein wollen. Diese „Vorsicht“ scheint durch die Tatsache geadelt zu werden, dass nichts Schlimmeres passiert ist. Nicht Corona war ungefährlich, sondern die Maßnahmen weitsichtig.

Das ist die eine Parallelerzählung. Sie ist etwas passiv, ihre Träger setzen darauf, dass wir ja jetzt „wichtigere Probleme“ haben als die olle Kamelle namens „Corona“. Aber es gibt noch eine weitere Erzählung, die überraschend konfrontativ ausgelegt ist. Nach ihr beweisen die RKI-Dokumente genau… nichts. Nach der Veröffentlichung der geschwärzten Version verstand einer der versiertesten Corona-Hetzer schon die ganze Aufregung nicht:

Nun, wo die ungeschwärzte Version publik gemacht wurde, schaltet sich Ruprecht Polenz ein (übrigens das lebende Beispiel für die Sentenz von Kollege Lambda, dass es sich bei der CDU um die linksextremste Partei Deutschlands handelt):

https://twitter.com/polenz_r/status/1816137917179519238

Der alte Mann hat unweigerlich meine Erinnerung an ein spezielles Video wachgerufen. Auch dort: Post-hoc-Rationalisierung, halt eben am Extrembeispiel Zweiter Weltkrieg und Kriegsverbrechen exemplifiziert. Ist das drüber? Nein, ist es nicht. Der Vergleich kann aufgestellt werden, denn die Parallelen sind frappierend. Ich schätze, es wird noch etwa ein bis zwei Jahrzehnte dauern, bis Corona wirklich aufgearbeitet werden kann. Ich hoffe, dass dann vor allem die Kinder und Schüler zum Zuge kommen, denen der Staat und seine willfährigen Medien und Experten die besten Jahre geraubt haben. Bis dahin vergeht noch viel Zeit, in der wir von abenteuerlichen Einordnungs-Spagaten deutscher Systemjournalisten unterhalten werden. Aufgepasst:

Friedrich Fechter

Nachdem sich Fechter von den beiden Chefs die Leitung der Netzredaktion hat aufquatschen lassen, musste er mit Enttäuschung feststellen, dass die Zeiten von Olymp-Schreibmaschinen und reizenden Vorzimmerdamen vorbei sind. Eine Schreibmaschine hat er sich vom hart erarbeiteten Gehalt trotzdem gekauft. Und einen antiken Schreibtisch. Auf irgendwas muss man im Hausbüro schließlich einprügeln können, wenn die faulen Kolumnisten wieder ihre Abgabefristen versemmeln…

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