Stabilismus – Eine Kritik

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Von Stefan Truniger

Ein Gespenst geht um in der europäischen Rechten, es ist das Gespenst des «Stabilismus». Es lässt seine Anhänger sowohl die Außenwelt, wie auch die politische Landschaft nur noch durch die Unterteilung in «stabil» und «fragil» wahrnehmen. Die Ausuferung dieses Phänomens hat eine schädliche Wirkung und erzeugt nicht zuletzt selbst kränkliche, zerbrechliche Anhänger.

Nach zehn Jahren metapolitischen Arbeit in Form von Aktion, Bildung, Gegenkultur und alternativen Medien, ist im rechten Milieu bereits eine neue Generation herangewachsen. Wer bereits vor 2015 politisch aktiv war oder sich sogar noch an die Zeit vor 2012 erinnern kann, dem ist bewusst, wie sehr sich das rechte Lager im deutschsprachigen Raum seit damals zum Besseren entwickelt hat. Die gleichzeitig stattfindende Gesellschafts-Katastrophe und die rasante Beschleunigung des Bevölkerungsaustauschs hängen damit unmittelbar zusammen.

Die innerrechten Reformen waren nicht nur oberflächliche Stilfragen. Das Fundament des Weltbildes wurden hinterfragt und man wagte eine neue Herangehensweise. Kern der neuen Strategie war es Herzen und Hirne ausserhalb des eigenen Lagers zu gewinnen. Die mit dem Erfolg einsetzenden Repressionsschläge überstanden nicht alle Akteure dieser Strömung. 

Das rechte Lager der bunten Republik steht heute insgesamt besser da als jemals zuvor. Eine klar rechte Partei ist mit stabilen Wahlergebnissen im ganzen Bundesgebiet vertreten. Verlage und Autoren bringen Bildung und Theorie in Kreise und Gruppen, die sich wiederum aktivistisch und aktionistisch betätigen. Von Musik über Kunst, zu rechten Projekten aller Art, existiert ein hartnäckiges Netzwerk, das eine Alternative zur realexistierenden Regenbogen-Republik darstellt. Die fundamentalen Veränderungen mögen denen, die die Entwicklung dieser Institutionen nicht selbst miterlebt haben, als selbstverständlich erscheinen. Sie sind es nicht. Die Kehrseite dieser Entwicklung sind rechte Parallelwelten und Echokammern, die einige rechte Köpfe vernebeln und ein sinnvolles politisches Wirken verunmöglichen. 

Um Politik und Gesellschaft zum Guten zu verändern, wird die Rechte Leute dazugewinnen und überzeugen müssen, die bisher noch kritisch oder gar feindlich auf uns blicken. Rechtssein ist keine Subkultur, keine Selbsthilfegruppe, kein Ersatzumfeld und keine Gang. Symbolisch für all diese Verneblungen steht der «Stabilismus» mit seiner based/cringe Skala.

Persönliche Präferenzen und Vorlieben aller Art, die man selber als maximal «stabil» und «basiert» betrachtet, bauen im Hirn ihrer Träger regelrechte Denkmauern ein und erzeugen eine lagerinterne Freund-Feind Einteilung. Dass sich im rechten Lager auch Leute tummeln, die eigentlich nicht dazu gehören, ist hier nicht von Bedeutung. Viel mehr bauen sich Feindschaften zwischen Individuen und Kollektiven auf, die sehr wohl ins rechte Lager gehören. 



Die auf Emotionen beruhenden Stabilismus-Einteilungen in based und cringe sind keine politischen Kategorien. Sie sind kein Maß, nach dem man politisch agieren und Entscheidungen treffen kann. Beide Worte bleiben stumm angesichts der Frage, wie zu handeln ist um Volk und Nation zu verteidigen. Sie verstärkt bestehende Gruppen und entfremdet diese von anderen, sowie der Gesellschaft insgesamt. Die individuelle Auslegung der Begriffe zementiert des Weiteren diverse emotionale Grundhaltungen, die Mitläufer bereitwillig aufgreifen, und jeden Aussenstehenden nur noch verwundert zuschauen lassen.

Was man dem Stabilismus zugutehalten kann ist, dass peinliches und fehlerhaftes Verhalten im eigenen Lager Konsequenzen nach sich zieht und die «Optik» sich hält oder verbessert. Trotz dieser Eisbergspitze wirkt der Stabilismus insgesamt dennoch schädlich und zersetzend.

Unsere Zeit und ihre Gegebenheiten zwingen jeden Rechten dazu sich ein dickes Fell wachsen zu lassen. Wie liesse sich die die realexistierende «Clownwelt» auch ohne Zynismus und Spott ertragen? Persönliche Präferenzen und subkulturelle Neigungen besitzt jeder Mensch. Das Problem beginnt dort, wo man vergisst, dass es sich eben nur um individuelle Vorlieben handelt und man diese zur objektiv gültigen Regel für alle erhebt. Die Rechte ist weit davon entfernt die Geschicke Deutschlands oder gar Europas lenken zu können.

Der Kampf den wir führen, wird noch unsere Urenkel beschäftigen. Die feindliche Übermacht mit ihren NGOs, Parteien, Medien, staatlichen Institutionen und Stiftungen ist derart erdrückend, dass jeder im rechten Lager dazu verpflichtet ist, sein Möglichstes zu tun, um zusammenzuhalten und zusammen zu wirken. Wirtschaftspolitische Diskussionen, unterschiedliche Betrachtungen zu den Ursprüngen unserer misslichen Lage und spirituelle Debatten, dürfen nur in einem Rahmen stattfinden, der keine Feindschaften in den eigenen Reihen erzeugt. Der politische Kampf ist schlicht zu wichtig, unsere Sache zu entscheidend, um ihn mit einem based/cringe-Stabilismus als Kompass zu führen.

Man muss nicht alle Menschen mögen und man wird selbst auch nicht von allen Menschen gemocht. Wenn jedoch beide für die gleiche Sache kämpfen, braucht es ein Minimum an Anstand, bei dem Ego und Stolz zurücktreten müssen. Darüber hinaus ist «cringe posten» kein Anlass um Feindschaft zu schwören und Zwist zu verhärten, der sich aus der Welt schaffen liesse.

Wer politisch Wirken will und das auf der rechten Seite des Spektrums tut, sollte sich auf breiter Front abstützen können. Die kann durchaus auch cringe Elemente beinhalten. Man verändert keine Gesellschaft mit den fünf Leuten, die sich gegenseitig retweeten und ihre «Stabilität» bescheinigen.