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t-online hat den Nord-Stream-Saboteur enttarnt!

31. März 2023
in 3 min lesen

Von Karl-Heinz Stiegler

Und die nächste Nord-Stream-Story ist von der Rolle. Unter dem dünnen Verweis auf eigene Recherchen will das journalistische Urgestein t-online die wahren Hintergründe der Pipeline-Sprengung ans Tageslicht gebracht haben: die Russen waren’s. Ein paar Tage vor den Explosionen habe man an den Tatorten russische Schiffe registriert, die die nötige technische Ausstattung gehabt haben sollen, um die Sabotageakte durchzuführen. Also etwa die eines Segelbootes? Nachdem die „Kampfschwimmer der 313. Spezialkräfteeinheit der Spetsnaz“ die Sprengsätze gelegt haben sollen, habe es dann noch eine Verfolgungsjagd gegeben, die einem Hollywoodfilm aus dem Kalten Krieg würdig wäre. Die schwedischen Schiffe schafften es aber nicht, die Russen vor den Königsberger Hafen einzuholen. Das eigentlich spannende ist aber, dass man im Falle dieser neuen Story genau zu wissen vorgibt, welche Schiffe mit welcher Ausrüstung und welchen Besatzungen wann wo waren. In der Ukraine dagegen hat Putin angeblich schon oft fast verloren, bis sich herausstellte, dass man die Kräfteverhältnisse völlig falsch eingeschätzt hatte.

Wer glaubt diese neue Geschichte jetzt bitte noch? Die Frage ist naiv. Niemand, denn niemand soll sie glauben. Dass die verschiedensten Akteure verdächtigt werden, ist keine Folge eines medialen Pluralismus, sondern von dessen geschicktem Missbrauch. Die vielen sich widersprechenden Märchen über Partisanenromantik und Geheimagenten haben alle nur ein Ziel: maximale Verwirrung stiften. Je mehr Geschichten im Umlauf sind, desto mehr wird die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit zerstreut. Sollte eines Tages das tatsächliche Geschehen berichtet werden, dann reiht es sich in die Vielzahl offensichtlich unsinniger Spekulationen ein. Da alle Berichte aber denselben Vorfall erklären, färben die unglaubwürdigen und erfundenen Geschichten auf die eine Wahre ab. Die Täter könnten sich gar öffentlich erklären und Beweise liefern, sie glichen einem hoffnungslos unterlegenen weißen Paar Socken in der Buntwäsche.

Auf diese Weise besteht für die wirklichen Verantwortlichen kaum noch Bedarf, belastendes Material und Zeugen zu verbergen. Die Medien sind zu diesem Thema mit so viel Bullenmist überladen, dass jede weitere Meldung so ernst genommen wird, wie der Aufruf zur siebten Booster-Impfung auf einer Querdenken-Demo. Tatsächlich kann niemand mit Sicherheit sagen, ob die wahre Geschichte bereits öffentlich ist. Auch die vielbeachtete Meinung von Seymour Hersh hat nachvollziehbare inhaltliche Kritik erfahren.


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In den offiziösen Medien tobt schon länger eine recht einseitige Debatte zu „fake news“, und wie sie uns angeblich ins Zeitalter von „post truth“ führen. Bekannt ist, dass diese Medien dabei ihre Eigenverantwortung übersehen. Sie selbst haben die bisher größten und schwerwiegendsten „alternative facts“ verbreitet. Die pseudo-Wirklichkeiten, die sie damit konstruiert haben, sind also ein alter Hut und keine Erfindung des 21. Jahrhunderts. In der Konsequenz bedeutet das, dass auch niemand außer den Tätern selbst je wirklich wissen kann, wer die Pipelines gesprengt hat. Bevor die Frage nach der Wahrheit und der Erkenntnisfähigkeit an dieser Stelle aber zu sehr in die Philosophie entgleitet, wieder zurück in die Ostsee und in die Redaktionsstuben.

Es ist nämlich dennoch möglich in der Welt medialer Beliebigkeit, in der eine Aussage nur nach ihrer Fähigkeit beurteilt wird, einen reißenden Titel abzuwerfen, Wahrheiten zu finden. Zumindest derart verlässliche Wahrheiten, wie man sie sich aus der „prä-post-truth-Epoche“ zurücksehnt. Dafür sind die Details der verschiedenen Theorien unwichtig. Sie sind ohnehin erfunden. Auch wer in den einzelnen Geschichten zum Schuldigen erklärt wird ist in der Summe uninteressant. Um den Verdacht von sich abzulenken kann es durchaus Sinn machen, sich selbst zu verdächtigen. Nach dem berühmten cui bono zu fragen, öffnet lediglich Spekulationen über „false flags“ den Raum.

Festzuhalten bleibt nur eins: wer hat überhaupt die Möglichkeit, Verdächtige zu nennen? Derjenige Akteur ist also der Verdächtigste, der am lautesten spekuliert und „ermittelt“. Den Einfluss auf deutsche Medien, die Spekulationen dann auch noch zu verbreiten, haben weder Wladimir Putin noch Luisa Neubauer. In der transatlantischen Partnerschaft und westlichen Wertegemeinschaft hat diese Fähigkeit nur Uncle Sam. Und merkwürdigerweise tauchten die neuerlichen Spekulationen über die Urheberschaft der Anschläge erst nach Hershs Beschuldigung der USA auf. Umso mehr Unsinn der große Bruder also in unseren Medien verbreitet, desto mehr erhärtet sich der Verdacht, dass er es selbst war.

Beteiligen wir uns ruhig an den Spekulationen. Seien wir gespannt, welche Geschichte als nächstes serviert wird. Im Moment wird mit absichtlich unglaubwürdigen Berichten versucht, das Meinungsbild zu verwässern. Auch wenn das gelingen mag verlieren die etablierten Medien dadurch an Glaubwürdigkeit. Und davon wiederum profitieren die Alternativen.

Gastautor

Hier schreiben unsere Gastautoren, bis sie sich in unserer klebrigen Mischung aus Hass und Hetze verfangen, und schließlich als regelmäßige Autoren ein eigenes Profil bekommen.

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