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Nachts auf Twitter – Nazis, Kanaken und ein bisschen Raubkunst

19. November 2021
in 2 min lesen

Da soll noch mal jemand behaupten, Twitter sei langweilig! In der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag ereignete sich auf dieser Kurznachrichtenplattform ein Jahrhundertereignis: In einem sogenannten „Space“, einem Feature, mit dem die Leute ähnlich wie bei Discord oder TeamSpeak direkt miteinander reden können, standen sich Twitter-Nutzer aller Couleur gegenüber: Vom rechtskonservativen Monarchisten „Löwe von Breslau“ über den IB-Aktivisten Roman Möseneder bis hin zum Linksliberalen Ali Utlu sowie dem weiblichen Drachenlord Lisa Licentia war scheinbar jedes politische Lager vertreten.

Am nächsten Morgen stieß ich zufälligerweise auf einen Tweet des oben erwähnten Malcolm Ohanwe. Der für den Bayerischen Rundfunk tätige Journalist machte in der Vergangenheit schon mit so manchen „Fauxpas“ auf sich aufmerksam, so wollte er schon einen Film in die Kinos bringen, in dem die Haitianische Revolution glorifiziert wird (weil da nämlich Weiße von Schwarzen abgeschlachtet wurden, wisst Ihr?), und ein Foto vom ugandischen Diktator Idi Amin, auf welchem dieser Weiße demütigt, fand er auch sehr schön. Dieses Mal macht er sich über den „Löwen“ lustig:

Afrikaner:innen hätten eine primitive Kultur, aber europäische Museen einfach VOLL mit Raubkunst. 🤣🤣🤣

Dieser „Löwe“ einfach ein Kätzchen.https://t.co/poMwKC7CPq

— Malcolm Ohanwe (@MalcolmOhanwe) November 17, 2021

Womit wir beim nächsten Thema wären: Raubkunst. Seit dem Ende des Kolonialismus fordern immer wieder irgendwelche Interessenvertreter die Auseinandersetzung der Europäer damit, sei es nun in Form öffentlicher Entschuldigungen oder gleich von Entschädigung und Rückführung der Schätze in die Heimatländer. Um es so kurz wie möglich zu machen, seien hierzu drei Punkte gesagt:

1.) In diesem Tweet schwingt diese „We wuz kingz!“-Mentalität mit. Er impliziert ja fast, dass die Werke in den Museen Europas so gut wie alle Kunst sind, die man gestohlen hat, nachdem man Wakanda erobert und zerstört hatte. Keine Sorge, Malcolm, die Abendländer im Speziellen und die Europäer im Allgemeinen haben genug eigene Kunst, die sie präsentieren können.

2.) Ohanwe scheint zu vergessen, mit welcher Brutalität sich die Völker Afrikas untereinander bekämpft haben. Sie haben sich nicht nur gegenseitig in die Sklaverei verkauft, auch Genozide waren nicht unüblich. Bevor die Deutschen das heutige Namibia in Besitz nahmen und die Herero und Nama an den Rand der Ausrottung trieben, hätten diese fast das Volk der San ausgelöscht. Wer weiß, wie viel Kunst mit ihren Völkern untergegangen wäre, hätten Europäer sie nicht geraubt? Hierbei sei noch erwähnt, dass ein Großteil der Forscher nicht durch Gier angetrieben wurde, sondern durch echte und ehrliche Erkundungs- und Entdeckungslust. Warum also die Kunst zurückgeben? Bedenkt man die eben ausgeführten Umstände des Erwerbs, ist die Frage durchaus berechtigt.

3.) Nur weil Europäer afrikanische Kunst in ihren Museen ausstellen, heißt das nicht, dass afrikanische Kulturen nicht primitiv sind. Das schließt sich nicht gegenseitig aus. Südlich der Sahara wurde keine einzige Hochkultur hervorgebracht; jene Kulturen, die einer Hochkultur am nächsten kamen, waren die des Malireiches und des Kaiserreiches Abessinien. Beide standen unter erheblichem Einfluss vor allem der „magischen“, also morgenländischen Kultur; alle beiden Kulturen sind durch die abrahamitischen Religionen maßgeblich geprägt. So schön Kunst aus Afrika also auch sein mag, an das Niveau griechischer Tempel, orientalischer Kuppelbauten oder gotischer Dome reicht sie dennoch nicht heran.

Fridericus Vesargo

Aufgewachsen in der heilen Welt der ostdeutschen Provinz, studiert Vesargo jetzt irgendwas mit Musik in einer der schönsten und kulturträchtigsten Städte des zu Asche verfallenen Reiches. Da er als Bewahrer einer traditionsreichen, aber in der Moderne brotlos gewordenen Kunst am finanziellen Hungertuch nagen muss, sieht er sich gezwungen, jede Woche Texte für die Ausbeuter von der Krautzone zu schreiben. Immerhin bleiben ihm noch die Liebesgrüße linker Mitstudenten erspart…

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