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Über Ewald, den Ukrainekrieg und die Kultur der Rechten

14. April 2022
in 3 min lesen

Am Dienstag lud der kleine, aber doch recht interessante YouTube-Kanal „Ewalds Eiland“ ein einstündiges Video hoch. Worum ging es? Um ein Thema, das seit Ende Februar nicht mehr aus den Nachrichten und Medien wegzudenken ist: den Krieg am Rande Europas, den Einfall Russlands in die Ukraine. Und um den Umgang des rechten Lagers in Deutschland mit diesem Konflikt.

Ewald ist ein Verfechter der ukrainischen Sache, daraus macht er keinen Hehl. Normalerweise bringe ich Leuten, die die Ukraine und ihre Politik verteidigen, ein großes Misstrauen entgegen, sind sich doch die meisten unserer Gegner nicht zu schade, überall, wo sie können, ihre blau-gelbe Beflaggung zur Schau zu stellen. Doch dieses Video hat mich nachdenklich gemacht…

Ich kann jedem nur empfehlen, sich das Video in Gänze anzuschauen, doch denjenigen, die dafür nicht die Zeit aufbringen können oder wollen, möchte ich zwei Kritikpunkte aus Ewalds Video, die ich besonders interessant finde, noch einmal darlegen:

  1. Auf polemische, ja fast giftige Art und Weise greift er sowohl den YouTuber „Der Schattenmacher“ als auch den „Sezession“-Autor Jonas Schick ob ihrer Stellung im Ukrainekrieg an. Beiden wirft er – nicht zu Unrecht – vor, die Seite Russlands fast kritiklos einzunehmen. Und das nicht einmal aus einer nachvollziehbaren machtpolitischen Motivation heraus, sondern aus kindlichem Trotz: Man ist eben für Russland, weil unsere gottverdammten Eliten gegen Russland sind. „Der Feind meines Feindes ist unser Freund“, wirft er den Rechten, und damit auch mir, vor. Damit werfe sich die Rechte direkt in den gierigen Schlund eines weiteren Despoten, der Traum der nationalen Souveränität sei unter Putin weiterhin genau das – ein Traum. Sich der russischen Tyrannei zu unterwerfen und dabei zerbombte Städte und getötete Ukrainer in Kauf zu nehmen, nur um ein paar Homoparaden in Kiew zu verhindern – denn immerhin das bringe ein Sieg Putins –, ist in Ewalds Augen sehr kurzsichtig (um es nett zu formulieren).
  2. Jahrelang habe die Rechte ihren linken Gegner kritisiert und angegriffen – sei es nun in puncto Feminismus, Migration oder gleichgeschlechtliche Ehe –, ohne dabei je ein positives Gegenbild zu erstellen. Gewiss, die linke Hegemonie soll gebrochen werden, doch was soll im Falle des Sieges folgen? Zwar gibt es genug rechte (beziehungsweise mehr oder weniger rechte) Theorien – von der Österreichischen Schule bis zum solidarischen Patriotismus, vom Traum der reaktionären Reichsrestauration bis hin zu dritten Wegen aller Couleur ist alles dabei –, doch sind sie allesamt rein intellektuell und nur einem kleinen Zirkel zugänglich und verständlich. Woran soll die breite Masse glauben? Welche Kultur soll sie leben?

Zwei wunde Punkte trifft Ewald mit seiner Kritik. Was die Haltung im Ukrainekrieg angeht, muss ich sagen, wie naiv doch einige Rechte mit Russland umgehen. Auch mich erwischt es in manch schwachen Momenten – wenn etwa auf Friedensdemos Putins „toxische Männlichkeit“ für den Krieg verantwortlich gemacht wird oder man die liberale Demokratie auch unbedingt nach Osten exportieren möchte, wünsche ich mir schon für einen kurzen Augenblick die Russenpanzer vor Berlin herbei, um dem ganzen Spuk ein Ende zu bereiten. Doch keine Sorge, ich weiß genauso gut wie Ewald, dass Putin nicht unser Freund ist. Trotzdem möchte ich sowohl Jonas Schick als auch den Schattenmacher in Schutz nehmen – nicht, dass sie meinen Schutz bräuchten –, ich jedenfalls möchte ihnen nicht absprechen, dass sie den Heldenmut der Verteidiger zu schätzen wissen. Um es mit Ewalds Worten zu sagen: Ruhm und Ehre dem ukrainischen Hektor, der gegen den russischen Achill zum Waffengang antritt, wohlwissend, dass er seine Andromache nie wiedersehen könnte – auf dass sie alle ob ihrer Heldentaten besungen und beweint werden! Ich nehme an, auf diesen Punkt können wir uns alle einigen, nicht wahr?

Und was ist nun mit der Kultur? Ich teile Ewalds Eindruck von der Blindheit der Rechten gegenüber ihrer eigenen Kultur. Sie haben ihren Sinn dafür verloren. Natürlich nicht alle, aber (zu) viele. So zumindest ist mein Eindruck. Kultur ist ja nicht nur Hochkultur – so sehr ich sie zu hegen und zu pflegen wünsche –, sondern eben auch jenes einfach dahingelebte, organisch gewachsene Brauchtum, das, vom Bauern bis zum Kleinbürger, überall gepflegt wurde – sei es in Form von Gedichten oder Volksliedern. Diese Kultur ist zu einem Großteil verroht und degeneriert, so wurde das Volkslied zu meinem großen Bedauern durch Techno, Pop oder Rap ersetzt. Wenn uns eine „Kulturrevolution von rechts“ gelingen soll, reicht es nicht, die drei oben genannten Genres irgendwie zu verbieten und zu unterdrücken. Wir müssen auch Alternativen bieten. Und da die breite Masse eben nie einen Zugang sowohl zu rechten Theorien aller Art als auch zum Großteil der Hochkultur haben wird – zur Letzteren höchstens einen passiven –, müssen wir eben eine „einfache“ Kultur vorleben. Weg von der Antihaltung gegen die Linken, hin zur Bejahung unserer rechten Ideale. Also, anstatt euch das nächste Video über die Irrsinnigkeit feministischer Ideen anzuschauen, lernt lieber ein paar Verse auswendig – egal ob von Goethe oder einem Heimatdichter –, und statt dem nächsten Podcast zu lauschen, erlernt lieber ein einfaches Instrument und singt, das geht sowohl mit Freunden als auch allein, ein paar Lieder – keine politischen Lieder, sondern Volkslieder. Ich denke, dass wir, die wir rechts sind, auch in diesem Punkt auf einen Nenner kommen.

Fridericus Vesargo

Aufgewachsen in der heilen Welt der ostdeutschen Provinz, studiert Vesargo jetzt irgendwas mit Musik in einer der schönsten und kulturträchtigsten Städte des zu Asche verfallenen Reiches. Da er als Bewahrer einer traditionsreichen, aber in der Moderne brotlos gewordenen Kunst am finanziellen Hungertuch nagen muss, sieht er sich gezwungen, jede Woche Texte für die Ausbeuter von der Krautzone zu schreiben. Immerhin bleiben ihm noch die Liebesgrüße linker Mitstudenten erspart…

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