Privateigentum, Produktion durch private Initiative und freie Preisbildung an Märkten – das sind die drei Bedingungen dessen, was wir Kapitalismus nennen. Wir behalten diese Bedingungen stets im Hinterkopf, und wir werden keinesfalls von unserer Prämisse abweichen, diese Bedingungen und damit den Kapitalismus als Funktion des menschlichen Zusammenlebens einzuordnen statt als eine in sich geschlossene Theorie. Wir haben letzte Woche gesehen, wie leicht sich die Geschichte in den Dienst der eigenen Weltanschauung stellen lässt, wie schnell sich aus den vagen Annahmen und Beobachtungen eines Anthropologen eine „kommunistische Urgesellschaft“ konstruieren lässt. Dieser erste von vielen weiteren Kunstgriffen der marxistischen Ideologie darf nicht unterschätzt werden – der Urkommunismus ist sowohl Ausgangs- als auch Endpunkt des historischen Materialismus. Zwischen der herbeifantasierten Gleichheit der Altvorderen und der herbeigesehnten Gleichheit der Neuen Menschen in der „One World“ spannt sich das deterministische Geschichtsbild wie eine Wäscheleine auf. Es ist in gewisser Weise die Plastikerzählung für den Plastikmenschen, die von „marxistischen Intellektuellen“ dann folgerichtig nur bestärkt und allenthalben um ein paar nette Anekdoten erweitert wird. Ja, richtig, ich denke an dich, Karl Polanyi!
Wir wollen uns jetzt aber nicht mehr weiter mit linken Denkern befassen, das haben wir im letzten Artikel bereits zur Genüge getan. Lassen Sie uns lieber mal nachsehen, wie der rechte Wirtschaftswissenschaftler Wilhelm Röpke die Bedeutung des Privateigentums in ökonomischer, aber vor allem in gesellschaftlicher Hinsicht einordnet. In seinem Aufsatz „Free Economy and Social Order“ aus dem Jahre 1954 schreibt Röpke:
„[The] market economy rests on two essential pillars, not on one alone. It assumes not only the freedom of prices and competition (whose virtues the new socialist adepts of the market economy now reluctantly acknowledge), but rests equally on the institution of private property. This property must be genuine. It must comprise all the rights of free disposal without which – as formerly in Nationalist Socialist Germany and today in Norway – it becomes an empty legal shell. To these rights must be added the right to bequeath property.“
Auf den Begriff der Marktwirtschaft und die Bedingung der freien Preisbildung an Märkten werden wir ein anderes Mal zu sprechen kommen. Im Privateigentum und vor allem dem verbrieften Recht auf die Unantastbarkeit desselben sieht Röpke jedenfalls die Grundbedingung für die Existenz einer Marktwirtschaft schlechthin. Wahrscheinlich werden jetzt einige Leser mit den Schultern zucken: Volk und Vaterland sind heilige Begriffe, aber Eigentum? Wer würde mit diesem Wort auf den Lippen eine Kavallerieattacke reiten?
Wie essenziell Eigentum ist, wird deutlicher, wenn wir von der ökonomischen in die gesellschaftliche Sphäre wechseln. Röpke fährt fort:
„Property in a free society has a double function. It means not only that the individual sphere of decision and responsibility is, as we have learned as lawyers, demarcated against other individuals, but it also means that property protects the individual sphere against the government and its ever-present tendency toward omnipotence. It is both a horizontal and a vertical boundary. And it is in this double function that property must be understood as the indispensable condition of liberty.“
Eigentum macht uns unabhängig, es ist damit die Bedingung unserer Freiheit. Aus der Sozialwohnung kann der Staat mich rauswerfen, nicht aber aus meinem eigenen Haus. Es ist also entlarvend, wenn Politiker für „mehr sozialen Wohnungsbau“ anstatt für „mehr privates Wohneigentum“ agitieren. Aber nicht nur das: Eigentum erfordert von uns als Besitzern auch Verantwortung. In unseren Städten ist es ein regelrechter Volkssport unter Asozialen geworden, aus E-Rollern Straßenhindernisse zu bauen. Sein eigenes Fahrzeug würde kein Mensch so schäbig behandeln.
In dem Sinne, lieber Leser – ich lege Ihnen wärmstens Röpkes Aufsatz ans Herz, dessen oben erwähnter Aufsatz Sie übrigens auch in einer Hörversion auf YouTube abrufen können.
Ich wünsche Ihnen und Ihrer Familie ein frohes Osterfest. Und vergessen Sie nie, wer Ihnen an die Eier will: