Von Ostmullen lernen, heißt Siegen lernen

14. April 2025
in 3 min lesen

Von Johannes Endres

Die Ostmulle ist in aller Munde. Als kleine Bewegung gestartet, greifen aktuell auch die großen Medien das Phänomen auf. Zuletzt berichtete auch Kollege Friedrich Fechter über das Phänomen – bei der zentralen Einschätzung lag er allerdings genauso falsch wie Ellen Kositza in der „Sezession“. Das „Ostmullen-Phänomen“ ist viel tiefgreifender als es intellektuelle und vielbelesene Elfenbeinbewohner erspüren könnten – Martin Sellner allerdings schon. Seiner Analyse ist grundlegend zuzustimmen.

https://twitter.com/Martin_Sellner/status/1908580319550464226

Der reine Stempel „Asozial“ oder „abgehängt“ reicht nämlich nicht aus, um die Ostmulle zu charakterisieren. Zum einen ist die Bandbreite der lippensynchronisierenden Damen sehr weit – sie reicht von der tatsächlichen Plattenbau-Unterschicht, die ihr Bürgergeld zu Tätowierstudio ihrer Wahl trägt, zu durchaus normalen und hübschen jungen Frauen, die deutlich weniger bemalt oder gepierced sind.

Zum anderen sind solche Phänomene immer Ausdruck eines epochalen Wandels. Das offene Bekenntnis zum Rechtssein hat immer etwas mit Opferbereitschaft und dem Preis des Opfers zu tun. Und natürlich haben die „Ostmullen“ weniger zu verlieren als ein Lehrer, ein Ingenieur, ein mittelständischer Unternehmer etc. Insofern ist es natürlich korrekt, dass eine Bewegung aus dem Bürgertum oder gar den Universitäten, sei es durch das zarte Äußern der AfD-Wahlpräferenz oder dem offenen Auftreten unter schwarz-rot-goldener, oder – Gott, behüte – schwarz-weiß-roter Flagge, eine schier ungeheure Schlagkraft darstellen würde.

Doch der „Kampf gegen rechts“, der letzten 50 Jahre hatte vor allem ein Ziel: Die Darstellung des Rechten als Paria mit all der gesellschaftlichen Stigmatisierung. Und er war erfolgreich; so erfolgreich, dass selbst harmlose „Mitte-Positionen“ längst so verbrannt sind, dass der Durchschnittsbürger in der Öffentlichkeit schweigt – er hat zu viel verlieren.

Dennoch wendet sich das Blatt, gerade im Bewusstsein der „Zoomer“, zu denen die Ostmullen in weiten Teilen auch zählen. Denn der Preis für „offenes Rechtssein“ ist gesunken und zumindest an den Rändern der Gesellschaft für eine frustrierte ostdeutsche Jugend bezahlbar geworden. Die Ostmullen-Bewegung ist nicht einfach so vom Baum gefallen, weil in Halle-Ost gerade Langeweile herrschte, sondern mit gutem Grund genau jetzt entstanden.

Warum gab es die „Ostmulle“ nicht 2013, 2015, 2021? Das Internet war „weit genug“, das ostdeutsche Prekariat bzw. die untere Mittelschicht seit der Wende unverändert. Warum gerade jetzt? Es sind nämlich die exogenen Faktoren, außerhalb der tanzenden Mandy, die sie nicht beeinflussen kann, der sie aber unterliegt. Denn insbesondere Frauen – auch eine „Ostmulle“ – hat eine sehr feine Sensorik darüber, was gesellschaftlich akzeptiert ist, und was nicht. Würde die AfD in den Ostländern nicht um die 40 Prozent stehen und ein „Wind of Change“ wehen, wäre diese Bewegung niemals gestartet. Würde das Klima gerade nicht deutlich rechter werden, würden diese Frauen nicht mitmachen.

Denn jede Frau, gerade eine jüngere, hat – gesellschaftlich-faktisch, aber eben auch evolutionär-biologisch – eine eigebaute Angst davor, stigmatisiert zu werden. Sie hat immer etwas zu verlieren. Diese Sorge vor Ausgrenzung ist sogar deutlich größer als vor strafrechtlichen Sanktionen, was etwa bei den Klimaklebern beobachtet werden konnte. Junge Frauen filmten sich bereitwillig dabei, wie sie Straftaten begingen, ja sogar ins Gefängnis mussten, weil die Gesellschaft ihnen zujubelte und die Moral auf ihrer Seite stand.

Auch die Reichweite und der „Impact“ der Ostmullen ist weitaus größer, als von Fechter dargestellt wird: Denn ihre Reichweite ist ungleich größer als jegliche überintellektuelle Zustandsanalyse, ihre Klickzahlen größer als alles, was wir von der KRAUTZONE, die „Sezession“ und all die anderen dissidenten Magazine auf die Beine stellen konnten. Und natürlich beschränkt sich ihre Wirkung nicht nur auf das Internet. Zum einen sind Medien und „Realität“ längst miteinander verschmolzen, zum anderen hat das „heldenhafte Auftreten im Netz“ eine direkte Rückkopplung an die „Peer-Group“ der Personen: Sie werden kritisiert, gemieden oder eben beglückwünscht, im besten Fall sogar nachgemacht. Natürlich wird die „Ostmulle“ nicht die Brandmauer einreißen, aber sie wird große Brocken von ihr abtragen, offenes Rechtssein auf nahezu groteske Weise normalisieren und das Overton-Fenster weit nach rechts schieben.

Der „Ostmullen-Hype“ wird noch einige Zeit andauern, und wenn die Luft raus ist, wird die nächste rechte „Bewegung“ um die Ecke kommen, und sie wird größer und besser sein. Klar: eine tanzende und tätowierte Mandy unter der Reichsflagge mag auf viele „bürgerliche Rechte“ keine Faszination ausüben und natürlich wird mit ihr nicht die Wende kommen. Aber sie ist ein untrügliches Zeichen dafür, dass sich etwas ändert – und zwar drastisch. Um es mit den abgewandelten Worten Batmans zu sagen: „Die Ostmullen sind nicht die Helden, die wir eigentlich brauchen, aber die, die wir verdient haben.“

Die Kritik an den Ostmullen als „Aussätzige“ oder „Asoziale“ durch bürgerliche Vertreter erinnert tragisch an die ersten Berührungspunkte eines im Niedergang begriffenen Bürgertums mit den ersten Auswüchsen der linken Hippie-Bewegung. „Nicht ernstzunehmend“, „langhaarige Bombenleger“, „Asoziale“ – so spotteten die bräsigen Bürger in den 70er Jahren. 50 Jahre später ist das klassische Bürgertum nahezu ausgestorben, und die Langhaarigen haben sich die Haare kurzerhand abgeschnitten und regieren die Bundesrepublik. Dass die Ostmullen den Marsch durch die Institutionen starten, ist (leider) unwahrscheinlich. Auch wenn die Ostmullenbewegung bald verpuffen wird, hat sie doch eines gezeigt: Das gesellschaftliche Milieu hat sich gegenüber 2010 drastisch verändert und eine Stigmatisierung durch die „linke Mitte“ funktioniert eben nur dann, wenn man sich auch stigmatisieren lässt.

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2 Comments Schreibe einen Kommentar

  1. Na ja, weil ein paar Mädels unter rechten Symbolen tanzen, wird das Overton-Fenster nicht gleich „weit nach rechts“ verschoben. Da muss noch ein bißchen mehr kommen. Die Linken haben schließlich Jahrzehnte gebraucht, um das Overton-Fenster so weit nach links zu rücken, dass die frühere „Mitte“ jetzt am rechten Rand steht. Und dabei gab es kulturellen und medialen Rückenwind.

    Wer als junger Mensch allerdings heute provozieren und Aufmerksamkeit erregen will, auch wenn er oder sie die Mißstände eher fühlt als durchdenkt, kommt um rechte Reizauslöser nicht herum.

  2. Alles, was sich gegen die Hegemonie des linksgrünen Gesinnungsregimes wendet, ist grundsätzlich eine gute Sache. Wir müssen die Lügen bezahlen, wir müssen die Repression bezahlen – doch wir können die Wahrheit dagegen setzen und der Repression widerstehen. Und je mehr Leute sich von der Manipulation befreien und einfach ihr Ding machen, desto eher fallen Brandmauer und Lügenherrschaft in sich zusammen.

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