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Hitler ans Bein pissen

11. Juli 2019

Edgar Julius Jung (1896-1934) zählt heute zu den wichtigsten Vertretern der Konservativen Revolution. Trotzdem kennen die wenigsten ihn, sein Denken und seine Leistungen. Wir möchten das gerne ändern und stellen euch den weitsichtigen Kopf in unserer Reihe „Konservative Hipster“ vor.

Edgar Julius Jung (1896-1934) zählt heute zu den wichtigsten Vertretern der Konservativen Revolution. Trotzdem kennen die wenigsten ihn, sein Denken und seine Leistungen. Seine Werke, wie das von vielen seiner konservativen Zeitgenossen, sind trotzdem aktueller denn je. So schreibt Jung 1931 in seinem Buch „Föderalismus als Weltanschauung“ über die Entwicklung der Weimarer Republik:

„Nichts aber ist verhängnisvoller, als wenn ein Staat nach außen pazifistisch und nach innen militant ist. Das umgekehrte ist das Richtige.“

Aber zurück in die Geschichte. Nach einigen beachtlichen intellektuellen Veröffentlichungen, so zum Beispiel das im Jahr 1927 veröffentlichte Werk „Die Herrschaft der Minderwertigen“, mit dem sich Jung gegen die Weimarer Republik und die Massendemokratie wandte, richtete er einen Zirkel politischer Verschwörer um den Vizekanzler Franz von Papen ein. Dieser „Edgar-Jung-Kreis“ versuchte in den Jahren 1933 und 1934 die deutsche Politik über Franz von Papen nachhaltig zu beeinflussen und Vorstellungen der konservativen Revolution in die Politik zu bringen. Bekannte Mitglieder waren, neben dem Kopf der Gruppe Edgar Jung, der Pressechef, Herbert von Bose, sowie die Adjutanten und Sekretäre Papens.

Während die konservativen Kräfte auf der politischen Bühne noch versuchten Hitler „einzurahmen“, was gehörig misslang, rahmten die Intellektuellen um Jung, Franz von Papen ein, der nichts von dem Geheimbund wusste. Mittlerweile gehen viele Historiker davon aus, dass die maßgebliche Politik des adeligen Vizekanzlers von seinem Stab ausging. Papen war, wie viele Zeitgenossen bezeugten, nicht der Hellste, konnte sich aber gekonnt darstellen.

In der sogenannten „Marburger Rede“ am 17. Juni 1934, die in der altehrwürdigen Aula der Studentenstadt vorgetragen wurde, wagten Jung und Kollegen den waghalsigen Coup. Jung, der schon länger als Redenschreiber Papens fungierte, verfasste die letzte öffentlich gehaltene Rede gegen den neuen Reichskanzler Hitler. Und er legte richtig los. Jung richtete sich gegen die Spaltung des Volkes im Zuge interner Kämpfe, die durch die NSDAP weiter forciert wurden. Er richtete sich gegen eine zweite Revolutionswelle „von unten“, die der Nation nur schaden würde. Auch beleidigte er die neue Bewegung Hitlers, wenn auch nicht gleich offensichtlich. Jung wählte die Rede so, dass sie erst die positiven Seiten des Nationalsozialismus genannt wurden, um diese anschließend angreifen zu können. Dutzende Leute verließen unter Protest den Saal. Deutlicher wurde er gegen den in der Entstehung begriffenen Führerkult:

„Auch der Satz‚ Männer machen Geschichte‘ wird häufig missverstanden. Mit Recht wendet sich deshalb die Reichsregierung gegen einen falschen Personenkult, der das unpreußischste ist, was man sich nur vorstellen kann. Große Männer werden nicht durch Propaganda gemacht, sondern wachsen durch ihre Taten und werden anerkannt von der Geschichte.“

Konrad Heiden, sozialdemokratischer Journalist, beurteilte die Rede mit den Worten: „Die Rede war Deutschland aus dem Herzen gesprochen. […] Die Rede stellte die Männer um Hitler und diesen selbst vor dem ganzen Volke bloß.“ 

Franz von Papen trug die Marburger Rede vor, vermutlich ohne überhaupt zu ahnen, was er da sagte. Zeitzeugen behaupten, dass er sie sogar erst kurz vor dem Auftritt las. Ein weiterer Schachzug des Jung-Kreises. Diese planten mit der Rede einen Stopp der nationalsozialistischen Machtergreifung, mit anschließender Konterrevolution durch die konservativen Kreise der Weimarer Republik. Im Falle einer Auseinandersetzung, so hoffte Jung, würde der Ausgang der Machtkämpfe vom Eingriff der Wehrmacht abhängen. Das deutsche Militär stand noch immer unter dem Oberbefehl des Reichspräsidenten Hindenburgs, auf den wiederum Franz von Papen enormen Einfluss ausübte.

Doch der geplante Einschlag blieb aus. Ein Grund war sicherlich zum einen die Lethargie der Konservativen, unter der man zu allen Zeiten litt. Bedeutender war hingegen, dass Joseph Goebbels die deutschlandweite Übertragung der Rede über das Radio verhinderte und die schriftliche Verbreitung im Keim erstickte. Jung wurde anschließend inhaftiert. Er verließ das Gefängnis nicht mehr lebend. Am 1. Juli 1934 wurde Edgar Julius Jung,  im Zuge des angeblichen Röhm-Putsches, von den Nationalsozialisten ermordet. Franz von Papen überlebte das dritte Reich unbeschadet und starb in hohem Alter. Nach 1945 konnte er den Alliierten nachweisen, dass er gegen Hitler gearbeitet hatte: Anhand der Marburger Rede, geschrieben von Edgar Julius Jung, der für seine geistigen Ideale, sein Leben ließ.

„Als ich erkannte, daß sich Herr von Papen gemäß seiner inneren Einstellung mit dem sogenannten konservativ-revolutionären Gedankengut identifizierte und als stärkster Verkünder dieser Idee in Frage komme, entwarf ich ihm sämtliche Reden, die er während des Kabinett Hitlers gehalten hat. Sie stammen auch in der Stilisierung zu 90% aus meiner Feder.

E..J. Jung 10. März 1933

„Die Herrschaft der Minderwertigen. Ihr Zerfall und ihre Ablösung“ ist das Hauptwerk E. J. Jungs. Es gilt als eines der wichtigsten politiktheoretischen Hauptwerke der Konservativen Revolution. Es richtet sich mit Bestimmtheit gegen den Weimarer Parlamentarismus und die Massendemokratie, aber auch gegen den zentralistischen Flächenstaat. Für Jung war die deutsche Einigung 1871 bereits eine Fehlentwicklung. Richtete sich diese doch gegen den über 1000 Jahre andauernden Föderalismus Deutschlands. Die „rote Linie“ seines Denkens war immer der Kampf gegen zu viel staatliche Zentralgewalt.

„Wenn unsere Volkstumsgedanken mit der Rassenlehre, dem biologischen Naturalismus, verwechselt werden, dann kann Hitler alles, was wir jungen Konservativen in den letzten Jahren geistig geschaffen haben, verfälschen und in das Gegenteil seiner ursprünglichen Bedeutung verkehren.“

 Edgar Julius Jung im Gespräch mit Edmund Forschbach.

Florian Müller

Der Sklaventreiber-Chef hat diverse Geschwätzwissenschaften studiert und nach eigenen Angaben sogar abgeschlossen. Als geborener Eifeler und gelernter „Jungliberaler“ freundete er sich schnell mit konservativen Werten an – konnte aber mit Christentum und Merkel wenig anfangen. Nach ersten peinlichen Ergüssen entdeckte er das therapeutische Schreiben in der linksradikalen Studentenstadt Marburg, wurde Autor für die „Blaue Narzisse“ und „eigentümlich frei“. Ende 2017 gründete er mit Hannes die Krautzone.


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