Kaum ein Brite wird diesen denkwürdigen Tag jemals vergessen: Am 31. Januar 2020 erfolgte der offizielle Austritt Großbritanniens aus der EU. Zahlreiche Patrioten, darunter Nigel Farage der maßgeblich durch politischen Druck mit für den Austritt sorgte, feierten und sangen auf öffentlichen Plätzen die Hymne des Vereinigten Königreichs. Die Briten feierten die Unabhängigkeit von der EU, aber ausgestanden war das Ganze mit diesem Datum damals noch lange nicht. Denn nach dem formalen Brexit begann die Übergangsphase, bis mindestens Ende 2020.
Großbritannien bleibt vorerst noch im Binnenmarkt und in der Zollunion. Zukünftige Beziehungen, insbesondere das Freihandelsabkommen müssen die EU und Großbritannien demnach noch aushandeln. Und mitten in diesen konfliktgeladenen Verhandlungen befinden sich die beiden Fraktionen derzeit. Vor Kurzem stoppte Großbritannien die Gespräche, denn der britische Premierminister Boris Johnson warf der EU vor, sie wolle gar kein Abkommen. Deshalb erwartete er einen Bruch ohne Vertrag; es sei denn, die EU ändere ihre Haltung fundamental.
Allerdings möchte Großbritannien die gestoppten Gespräche über einen Brexit-Handelsvertrag mit der Europäischen Union nun doch fortsetzen. Dies teilte die britische Regierung am 21.10. mit. Damit wachsen die Chance wieder, dass ein harter wirtschaftlicher Bruch mit Zöllen und Handelshemmnissen zum Jahreswechsel vermieden werden kann. Die Rückkehr an den Verhandlungstisch begründete die britische Regierung jetzt mit einer Rede des EU-Unterhändlers Michel Barnier. Barnier habe für Großbritannien wichtige Punkte anerkannt, unter anderem den Respekt für die Souveränität Großbritanniens. Die Frage der Souveränität ist mit einer der Gründe, warum es überhaupt zu einem positiven Brexit-Votum kommen konnte, denn immer wieder untergruben Behörden der EU die Kompetenzen der Nationalstaaten. Und sie tun es noch immer; man denke dabei nur an den EU-Migrationspakt, gegen den die Europäische Rechtspartei Identität und Demokratie (ID-Partei) inzwischen eine Petition gestartet hat.
Wobei dieser Pakt freilich nur die Spitze des Eisbergs ist. Aufmerksamen Beobachtern wird nicht entgangen sein, dass Großbritannien illegale Einwanderung seit dem Brexit deutlich besser unterbindet und auch in anderen Fragen eigene Wege geht. So haben Großbritannien und Japan inzwischen ein Freihandelsabkommen unterzeichnet. Beide Länder haben ein bilaterales Freihandelsabkommen geschlossen, das nach Ablauf der Übergangsphase gelten soll. Japans Außenminister Toshimitsu Motegi und die britische Ministerin für internationalen Handel, Liz Truss, unterzeichneten in Tokio einen entsprechenden Vertrag.
Damit ebneten sie den Weg, damit das Abkommen am 1. Januar 2021 in Kraft treten kann. Es dürfte klar sein, dass der für das Abkommen gewählte Moment kein Zufall ist. Großbritannien demonstriert auf diese Weise, dass es entgegen der Behauptung vieler BRD-Medien sehr wohl ohne die EU klar kommt und macht damit zudem Druck während der Verhandlungen mit den EU-Vertretern. Außerdem gibt das Abkommen mit Japan dem Vereinigten Königreich ein weiteres Stück Unabhängigkeit von der EU. Man ist somit nämlich noch weniger auf das Wohlwollen der Brüsseler Eurokraten angewiesen. Allerdings ist der Brexit auch die Ursache für das Japanabkommen. Japan, die vor Deutschland drittgrößte Volkswirtschaft der Welt, hatte mit Großbritannien über ein solches Abkommen verhandelt, da das Freihandelsabkommen Japans mit der EU das Vereinigte Königreich nach Ende der Brexit-Übergangsphase am 31. Dezember nicht mehr mit abdeckt.
Das bilaterale Abkommen sieht vor, dass Zölle auf japanische Autos stufenweise bis 2026 auf null gesenkt werden. Das Abkommen mit Japan ist der erste Deal, den das Vereinigte Königreich mit einer großen Volkswirtschaft für die Zeit nach Ablauf der Brexit-Übergangsphase abgeschlossen hat. Die Briten führen weitere Handelsgespräche mit den USA, Australien und Neuseeland. Sie zeigen damit, dass eine Nation sehr wohl klarkommen kann, sobald sie die EU verlassen hat. Trotzdem oder gerade deswegen werden die Eurokraten wohl weiterhin versuchen den Brexit auf die eine oder andere Art zu hintertreiben. Sei es durch unnötig schwere Bedingungen für Großbritannien, durch mediale Propaganda oder vielleicht auch durch geschickte Manipulation bei Einzelgesprächen.
Denn nachdem sich die britische Regierung am 21.10 bereit erklärt hatte, die Verhandlungen über die künftige Partnerschaft fortzusetzen, brach Michel Barnier mit großer Delegation nach London auf. Er meinte, er brauche jetzt „ein, zwei, vielleicht sogar drei Wochen Zeit“ für intensive Gespräche. Womöglich war das scheinbare Verständnis für Großbritanniens Souveränitätswünsche nur ein Trick. Denn der Franzose bekam aus allen Fraktionen Unterstützung signalisiert: Wenn er die Zeit brauche, bekomme er sie auch. Das ist schon sehr verdächtig.