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Das größte Problem der Corona-Krise: Kinder

20. März 2020
in 4 min lesen

Zwischen panikierenden Dramatikern, verschwörungsfreundlichen Regierungskritikern und beschwichtigenden Staatswissenschaftlern laufen untrennbare Klüfte. Die einen sehen bis zu 5 Millionen Tote, die anderen sprechen von einer „untypischen Grippe“. Wiederum andere sagen, es wäre von China geplant, um den Westen zu schwächen – oder von Trump geplant, um China zu schwächen. Der freie Markt sei schuld an der Krise, andere schieben den Schwarzen Peter zum Staat und seinem falschen Handeln. Was auch immer die Wahrheit ist: Das Hauptproblem der westlichen Gesellschaft und damit Deutschlands liegt woanders.

Wohin mit den Kindern? Alarmschrei folgt auf Alarmschrei. Der Deutsche kurz vor dem Abgrund: Die Kinder müssen zu Hause bleiben und dürfen (!) nicht in öffentliche Hand. In die Hand genialster und modernster Pädagogen, denen ich in meinem Studium in Marburg zu Hauf begegnen durfte. Was mache ich mit meinen Kindern? Berater kommen aus allen Ecken und Enden gekrochen und beschwichtigen den Deutschen in seiner größten Angst.

Die Großeltern sollen aufgrund des Infektionsrisikos fernbleiben. Die haben aber meist das zeitliche gesegnet, da man sich erst mit 40 zum Wunschkind entschieden hat. Bleiben Nachbarn, Freunde und Familie. Die wohnen leider in 400 Kilometern Entfernung. Nicht die Nachbarn, sondern Freunde und Familie, da man schließlich für seinen erfüllenden Job ins entfernte Schießmichtod ziehen musste. Dort verdient man dann 1000 Euro mehr um 1000 Euro mehr Miete zu bezahlen. Oder sogar noch mehr, da man sich von der alten Wohnung im Harz nicht trennen will, um „immer einen Rückzugsort zu haben“.

Aber kommen wir zum unabdingbaren Vorteil der Nachbarn. Die wohnen neben einem. Es gibt Nachbarn, so wie auf dem Dorf, wenn man sich Mehl und Milch leiht oder zumindest zehn Minuten am Zaun auf Merkel schimpft, und die modernen Nachbarn. Der Nachbar neuen Typs kennzeichnet sich durch eine erschreckende Konturlosigkeit aus. Er ist ein „Arbeiter“ oder ein „Techniker“, wie ihn Ernst Jünger 1932 beschrieben hat.

„Was zunächst rein physiognomisch auffällt, das ist die maskenhafte Starrheit des Gesichtes, die ebensowohl erworben ist, wie sie durch äußere Mittel, etwa Bartlosigkeit, Haartracht und anliegende Kopfbedeckungen, betont und gesteigert wird, Daß in dieser Maskenhaftigkeit, die bei Männern einen metallischen, bei Frauen einen kosmetischen Eindruck erweckt, ein sehr einschneidender Vorgang zutage tritt, ist schon daraus zu schließen, daß sie selbst die Formen, durch die der Geschlechtscharakter physiognomisch sichtbar wird, abzuschleifen vermag.“

Der moderne Massen- und Maskenmensch hat sich der modernen Welt angepasst. Was blieb ihm anderes übrig. Jetzt wohnt er in seiner 70 Quadratmeter-Wohnung im Speckgürtel einer beliebigen Großstadt, ist tendenziell partner- und kinderlos, und will mit Ende 30 „nur noch ein paar Jahre machen“, bis er sich aus seinem IKEA-Ausstellungs-Bienenwabenheim entfernt, um das Glück, „irgendwo auf dem Land“ zu suchen. Dass das nicht immer gelingen wird, ahnen die schweigenden Beobachter, und er selbst am allermeisten.

Auf den Nachbarn, den man nur vom Klingelschild her kennt, können die Eigentümer der Kleinmenschen – für Traditionalisten Kinder, auch wenn der Begriff mehr und mehr schwächelt – leider nicht zählen. So bleibt der schwerste Schritt: Man muss auf seine eigenen Kinder aufpassen. Zum Glück hat Frau Anette aber den Seitensprung von damals, mit Johanna, verziehen und die „Familie hat sich wieder zusammengerafft“. So kann Malte-Thorben „mit beiden Elternteilen aufwachsen“. Auch die Formulierung Vater und Mutter verliert an Substanz und Unabdinglichkeit.

Option 2: Anette hat den Seitensprung nicht verziehen und die Scheidung eingereicht. Eigentlich müsste Anette aber „Anetter“ oder so heißen. Denn Frauen gehen statistisch betrachtet viel häufiger fremd als Männer. „Dafür können sie aber nichts“ liest man immer häufiger in den Boulevardblättern. Das sei „evolutionär bedingt“. Vielleicht sollte der Mann auch einmal „evolutionär bedingt“ seiner betrügenden Ehefrau eine geballte Faust ins Gesicht strecken. Oder vielleicht geht der evolutionäre Trend auch zur alleinerziehenden Mutter. Aber lassen wir das.

Sollten sie sich also allein im „Homeoffice“ mit zwei schlechterzogenen Kindern wiederfinden. Herzlichen Glückwunsch, sie haben alles falsch gemacht. Im Angesicht des lautschreienden Malte-Thorbens gewinnen konservative Werte an erstaunlicher Attraktivität. Oder Sexyness, wie man heute sagen würde. Nein, nicht die Sexyness, die er/sie/es bei der Weihnachtsfeier an den Tag legen musste, um das eigenes Ego zu befriedigen. Und danach Arbeitskollegen Peter/Petra. Damit hat das Unheil schließlich angefangen. Ich meine so richtig attraktive Werte wie Verlässlichkeit und Treue.

Aber gehen wir nicht vom Normalfall aus, sondern vom Optimalfall. Im Optimalfall stehen also „beide Elternteile“ zur Verfügung, das Wunschkind zu betreuen. Wer hat eigentlich als erster festgelegt, dass man „Eltern“ teilen kann? Handelt es sich nicht um eine unteilbare Zahl, wie 1,3,5 oder 7? Ein pfiffiger Magier führte schließlich die Komma- oder Bruchzahlen ein und schwuppdiwupp gibt es auch „einen Elternteil“. Verbrennt den Hexer.

Egal. Papa und Mama müssen ihre Arbeit irgendwie so arrangieren, dass Malte-Thorben in guter Obhut ist. In Zeiten von Kurzarbeit, Homeoffice und Quarantänewarnungen sollte das doch gar nicht so schwer fallen. Oder? Das Problem: Sie wollen gar nicht auf ihre eigenen Kinder aufpassen. Da man nämlich allen Ernstes dachte, die Externalisierung der Liebe, Erziehung, Betreuung ab dem sechsten Monat durch Fremde zu „optimieren“, hat man jetzt den Salat und verhaltensauffällige Gören. Aber waren die Betreuer etwa keine Experten?

Jetzt „muss“ einer der Elternteile auf die eigenen Kinder aufpassen, während der andere Geld ranschafft. Viel Geld. Schließlich muss die Hypothek und der 5er-BMW abbezahlt werden und die Kreuzfahrt war eigentlich auch geplant. Aber haben die Menschen denn keine Rücklagen? Rücklagen? Das ist doch was für Konservative! Solche Leute, die gemeinsam Kinder in die Welt setzen und dann auch noch zusammenbleiben. Heute kaufen wir auf Pump. Auf Pump kaufen ist das fiskalische Gegenstück zum berühmten One-Night-Stand. Sofortige Triebbefriedigung der eigenen Bedürfnisse, zum Preis langsam abstotternder Schuld. Ob sich die Vielfachkredite schneller rächen werden, als Merkel „Helikoptergeld“ sagen wird, bleibt allerdings abzuwarten.

Alles halb so schlimm, denkt sich der krisenluftschnuppernde Deutsche. Immerhin haben wir Experten. Also schaltet er das Radio ein. Dort wird eine Erziehungsratgeberin interviewt. Irgendwo im WDR, auf RPR oder SWR erklärt eine ulkigklingende Expertin, wie man sich in Zeiten der Krise verhalten kann. „Krise“, damit meint sie nicht Corona sondern tatsächlich rund um die Uhr mit seiner Familie zusammenleben zu müssen und nicht auf die Arbeit zu flüchten. „Ulkigklingend“, so haben auch die Pädagogen im roten Marburg geredet. Nur wenn es dann um Politik oder abweichende Meinungen ging, dann driftete das Ulknudelige ins Hysterische.

Aber was hat die Expertin denn jetzt den überforderten Elternteilen empfohlen? Die Kinder bräuchten Struktur! Man könne gerade mit den Jüngeren jeden Morgen einen Stuhlkreis bilden, wie das auch in der Schule und der Kita gemacht würde. Ich fahre vor traurigem Lachen fast in den Gegenverkehr und stelle mir gerade meine Landmän.., ähhh, elternteile vor:

Wir schreiben das Jahr 2020. Das Corona-Virus ist ausgebrochen. Ausgangssperre. Rezession. Jobverlust. Krankheit und Tod. Doch das Ende der Fahnenstange ist noch nicht erreicht. Kitas und Schulen bleiben weiter geschlossen. Der Feind ist längst unter uns: Zwei Kinder spielen im Wohnzimmer.

Das Problem sind nicht zusammenbrechende Strukturen, quengelnde Kinder, überteuerte Stadtmieten, morgendliche Pendlerstaus, schlechte Zinslage, schwächelnde Pädagogen, idio
tische „Erzieher“. Das Problem ist auch nicht Politik oder Markt. Das Problem bist du.

Florian Müller

Der Sklaventreiber-Chef hat diverse Geschwätzwissenschaften studiert und nach eigenen Angaben sogar abgeschlossen. Als geborener Eifeler und gelernter „Jungliberaler“ freundete er sich schnell mit konservativen Werten an – konnte aber mit Christentum und Merkel wenig anfangen. Nach ersten peinlichen Ergüssen entdeckte er das therapeutische Schreiben in der linksradikalen Studentenstadt Marburg, wurde Autor für die „Blaue Narzisse“ und „eigentümlich frei“. Ende 2017 gründete er mit Hannes die Krautzone.

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