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Der wahre Chad: Paul Trappen

25. September 2020
in 4 min lesen

Nachdem meine beiden Vorgänger über zwei trunksüchtige US-Amerikaner berichteten, wollen wir doch einmal einen Blick ins eigene Land werfen. Dabei fällt es gar nicht so leicht, einen geeigneten Chad zu finden, da…

…zum „coolen Alphatypen“ eben auch eine gehörige Portion Selbstdarstellung, Lässigkeit und Effekthascherei gehören. Und darin sind die Deutschen bekanntlich ziemlich schlecht.

Ein fast gänzlich vergessener Chad ist der aus meiner Heimatstadt stammende Paul Trappen, der Zeit seines Lebens als stärkster Mann der Welt galt und in Kennerkreise noch heute ganz weit vorne gesehen wird. Der aus ärmlichen Verhältnissen in der Eifel stammende Trappen zog kurz nach der Jahrhundertwende nach Trier und begann seine Metzgerlehre. Später verdiente er sein Geld als Gastwirt und mit seinen schier unglaublichen körperlichen Leistungen.

Bereits 1913, im Alter von 26 Jahren, wurde Trappen auf einen Schlag berühmt. Der unbekannte Bursche aus der Provinz, seit acht Jahren Mitglied im Verein „Deutsche Eiche Siegfried“ (lang ist’s her), schlug bei seiner ersten Deutschen Meisterschaft der Schwerathletik (am ehesten vergleichbar mit den heutigen Strongman-Disziplinen) alle 265 Konkurrenten und wurde Deutschlands stärkster Mann. Angeblich soll er sich vor Angeboten kaum retten haben können: Zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren nämlich die Kraftpakete gefragt. Im ausgehenden Deutschen Reich war die Zirkus- und Jahrmarktkultur auf ihrem Höhepunkt und die Schausteller und Zirkusmagnaten rissen sich um den Stärksten der Starken, der ihnen klingendes Geld einbrachte – damals natürlich noch im Goldstandard…

Zwölf Jahre tourte er durch Deutschland und festigte seinen Ruf als der stärkste Mann der Welt, der leider niemals hieb und stichfest bewiesen werden konnte: Da Trappen weder olympisch, noch im klassischen Kraftdreikampf – Kniebeuge, Kreuzheben, Bankdrücken – antreten konnte, lassen sich seine damaligen Rekorde nur schwer mit den heutigen vergleichen.

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Dazu kommen „Kirmesrekorde“ und Disziplinen, die in Vergessenheit geraten sind oder abgewandelt wurden. Der bekannteste Rekord von Paul Trappen war aber sicherlich das Anheben von zwei Mastochsen auf einem eigens dafür gebauten Gestell. Gewicht der Ochsen: 2064 Kilogramm. Der heutige Rekord im Kreuzheben, bei dem ein ruhendes Gewicht vom Boden bis zum aufrechten Stand gehoben werden muss, liegt bei 501 Kilogramm. Trotz Trappens unvorstellbarer Kraftleistung lassen sich die ähnlichen Disziplinen kaum vergleichen, da die Ochsen nur einige Zentimeter angehoben wurden das Gewicht mit Leinen über die Schultern geführt wurden, was nicht nur die Arme als schwächstes Glied der Kette „ausschaltete“, sondern auch den Gewichtschwerpunkt über die Körpermitte führte.

Eine vergleichbare Leistung lässt sich heute noch finden: Das „einarmige Schulterdrücken mit Umsetzen“, bei dem er „fast drei Zentner“ erreicht hatte. Der heutige Weltrekord wurde erst 2018 bei einer fast identischen Disziplin auf 150 kg angehoben.

Dass Trappen zur Weltspitze gehörte, war allen klar. Umso tragischer war das Jahr 1928. Trappen hatte längst die Zirkusgewichte an den Nagel gehangen und sich als Gastwirt in Trier niedergelassen, wollte aber an der Olympiade in Amsterdam als 41-Jähriger teilnehmen und zeigen, was er (noch) auf dem Kasten hat. Doch ihm wurde aufgrund seines früheren Profi-Engagements bei Zirkussen die Teilnahme verwehrt, da Olympioniken bis 1986 nur Amateure sein durften. Diese Regelung, bekannt unter dem Namen „Amateurgesetz“, zielte ursprünglich darauf ab, den Sport nicht zu einem Geldspektakel verkommen zu lassen, sondern dass ein aristokratisches, sportliches Messen zwischen „Amateuren“ beibehalten werden sollte. Regelmäßiges Training galt viel früher tatsächlich als halbes Schummeln. Die Realität sah bereits in den Anfangszeiten von Olympia komplett anders aus – natürlich trainierten alle wie verrückt auf das größte Sportfest der Welt hin.

Der frustrierte Trappen mit seiner „moselfränkischen Schlitzohrigkeit“ (vgl. hierzu Heft 5 über Trier) wartete auf die Ergebnisse aus Amsterdam und trat daraufhin zum Dreikampf im Gewichtheben an: Reißen, Stoßen (heute olympisches Gewichtheben) und Drücken (wurde abgeschafft) und überbot die Leistung des Olympiasiegers um zehn Kilo auf 382,6 Kilogramm. Ein inoffizieller Weltrekord, der trotz amtlicher Aufsicht nie anerkannt wurde und heute keine Vergleichbarkeit mehr hat, da das Drücken bereits in den 70ern abgeschafft wurde. Vier Jahre später das gleiche Spiel: Der Tscheche Jaroslav Skobla wurde mit 380,0 kg total Olympiasieger, Paul Trappen, Olympiasiegerbesieger, konterte mit 395,0 kg und verbesserte seinen eigenen Weltrekord. Wieder wurde er nicht anerkannt.

Das besondere an Trappens Leistungen ist seine Figur: Der Trierer war „nur“ 1,73 groß und wog etwas über 100 Kilogramm. Zu den heutigen „hochgezüchteten“ Schwerathleten stehen solche Körpermaßnahme in keiner Relation mehr. Der aktuell erfolgreichste stärkste Mann der Welt ist der Isländer Hafthor Björnsson, den viele aus der Serie „Game of Thrones“ als „The Mountain“ kennen. Björnssons wog bei seinem Weltrekord im Kreuzheben im Jahr 2020 205 Kilogramm auf 2,06 Meter und war damit doppelt so schwer, wie „Trappens Paul“. Eine der eher leichteren und agileren Strongman im aktuellen Spitzenfeld ist der Pole Mateusz Kieliszkowski mit 150 kg; also noch immer 50 kg mehr als Paul Trappen.

In manchen Kraftsportdisziplinen werden nicht nur totale Leistungen verglichen, sondern auch „Pound for Pound“, das heißt, dass die Leistung des gedrückten, gebeugten oder gehobenen Gewichts in Relation zum Körpergewicht gesetzt werden muss. Aus Sicht der „relativen Kraft“ kann man ziemlich sicher sagen, dass Paul Trappen nach einhundert Jahren wohl noch immer der stärkste Mann der Welt ist – und dass ganz ohne Anabolika, Wachstumshormone und andere Substanzen, die erst Jahrzehnte nach der Karriere Trappens Einzug in den Kraftsport gehalten haben. Umso beeindruckend sind seine Leistungen, die heute kaum mehr bekannt und gewürdigt sind. Lediglich einige lokale Artikel und Erzählungen berichten über den Trierer und sein außergewöhnliches Leben, der am liebsten gewürztes Rinderblut und Viez (Östlich des Limes: Apfelwein, ihr germanischen Barbaren) getrunken haben soll. Andere Quellen behaupten, er habe bereits morgens ein Pfund Hackfleisch zum Frühstück gegessen, dazu zehn Eier. Mittags folget dann ein ganzer Hahn. Inwiefern diese Anekdoten der Wahrheit entsprechen, ist eine andere Geschichte.

Trappen, das gutmütige Trierer Unikum, machte den Kraftsport an der Mosel derart attraktiv, dass junge Männer noch jahrzehntelang versuchten ihrem Vorbild „Trappens Paul“ nachzueifern und in der „Stadt der starken Männer“ Eisen zu stemmen und Gewichte zu drücken. Es brach ein Sturm auf die Gewichte los, die Trier in der Weimarer Republik, im Dritten Reich und darüber hinaus berühmt machten. 1957 starb Paul Trappen im Alter von 70 Jahren und einem erfüllten Leben. Nach Angaben von Thomas Schnitzlers „Trierer Sporthistorie“, soll Trappen noch auf dem Sterbebett täglich seinen Oberarmumfang gemessen haben. Der lag zu Spitzenzeiten bei 50 Zentimetern.

Florian Müller

Der Sklaventreiber-Chef hat diverse Geschwätzwissenschaften studiert und nach eigenen Angaben sogar abgeschlossen. Als geborener Eifeler und gelernter „Jungliberaler“ freundete er sich schnell mit konservativen Werten an – konnte aber mit Christentum und Merkel wenig anfangen. Nach ersten peinlichen Ergüssen entdeckte er das therapeutische Schreiben in der linksradikalen Studentenstadt Marburg, wurde Autor für die „Blaue Narzisse“ und „eigentümlich frei“. Ende 2017 gründete er mit Hannes die Krautzone.

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