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Richtungsstreit

25. Mai 2021
in 3 min lesen

Leider hat sich in den letzten Jahren ein Trugschluss entwickelt, der, genauer betrachtet, nicht haltbar ist. Momentan nehmen die meisten Patrioten, aber auch die linken Gegner, an, dass je fundamentaloppositioneller die Rechte, desto sozialpatriotischer.

Im Gegenzug wird der „Kuschelkurs mit CDU und FDP“, also eine Anlehnung an das Establishment, mit einem wirtschafts- oder gesellschaftsliberalen Kurs gleichgesetzt.

Faktisch ist das bei vielen der politischen Akteure tatsächlich so, weil viele wirtschaftsliberale Politiker aus dem Dunstkreis der Altparteien kommen. Das Gegenteil wird dann bei Björn Höcke festgemacht, der sicherlich der radikalste (im besten Wortsinne) Kritiker des Systems ist, und tendenziell eher einem sozialromantischen Kurs anhängt.

Auch die „Neue Rechte“ aus dem vorpolitischen Feld ist sozialer ausgerichtet, wohingegen die gemäßigten Oppositionellen (Tichys, Achse, Klonovsky …) die Wirtschaft in Ruhe lassen wollen.

Von einem inhärenten Automatismus auszugehen wird der Realität allerdings nicht gerecht, wie nicht nur unser Schundblatt, sondern auch Politiker wie Peter Boehringer (Interview Heft 3), Alice Weidel oder Harald Weyel zeigen: Eine fundamentale Opposition, die nicht nur Maniküre betreiben will und auf halber Strecke vergisst, dass sie eigentlich Deutschland retten wollte, hat nichts mit dem Grad an wirtschaftlichem Liberalismus zu tun. Die Ablehnung einer umlagefinanzierten Rente, hat nichts mit einer Zustimmung zum „Raubtierkapitalismus“ zu tun. Die Unterstützung eines freien Welthandels, hat nichts mit der Zustimmung zur Einwanderung „menschlichen Kapitals“ zu tun.

Dass konsequente Libertäre eigentlich stärkere Migrationskritiker sein müssten als Nationalkonservative, habe ich im aktuellen Leitartikel dargelegt.

Leider hat sich die westliche Welt in den letzten Jahren simultan in zwei entgegengesetzte Richtungen entwickelt: Zum einen wird immer mehr „Experten“ vertraut, die die Weisheit mit dem Löffel gefressen haben, zum anderen denkt sich jeder, eine eigene Meinung zu einem Thema haben zu müssen, von der er nichts versteht. Diese auf den ersten Blick widersprüchliche Entwicklung, kann man schnell auflösen: Die „Meinungsbildung“ des Volkes beruht auf dem Widerkauen der „Expertenmeinung“.

Natürlich gibt es Bereiche der Politik, in der auch Lieschen Müller eine nicht zu vernachlässigende Meinung hat und auf die in gleichem Maße gehört werden sollte, wie auf die Meinung eines Professors. Und vielleicht sollte man momentan sogar lieber dem „einfachen Mann“ aus dem Volk vertrauen, als einem überbezahlten Beamten, der von einer Universität ins Europäische Parlament wechselt. Das ändert aber nichts daran, dass es sehr wohl Themenkomplexe gibt, über die es schlichtweg unnötig ist, sich zu unterhalten, wenn man nichts von der Materie versteht. Und einer dieser Bereiche ist die Volkswirtschaft.

Das fängt bei der plakativen Amazon-Kritik an: Es gibt hundert Gründe, Amazon zu kritisieren; dass man den Laden schlussendlich dafür kritisiert, dass er „keine Steuern bezahlt hätte“, zeugt lediglich davon, dass man ein ökonomischer Analphabet ist. Oder um es vielleicht mit dem besten Zitat Hayeks zu sagen: „Wenn Sozialisten etwas von Wirtschaft verstünden, wären sie keine Sozialisten“.

Wer schlichtweg nichts von Skaleneffekten, Steuerbelastungen, Fiskalpolitik, Rentensystemen, der „Schere zwischen Arm und Reich“ versteht, der möge schweigen und sich weiterbilden. Besonders markant: Die Idee, dass „Reiche den Armen etwas wegnehmen“, wurde bereits vor mehr als 200 Jahren hinlänglich widerlegt. Dementsprechend kann man bei diesen vornehmlich linken, mittlerweile aber auch bürgerlichen und rechten Vertretern dieser These von ökonomischen Flacherdlern sprechen. Ich vermute, dass über 90 Prozent der Deutschen der Meinung sind, dass Wirtschaft ein Nullsummenspiel ist.

Warum so viele Menschen derartigen Unsinn glauben, weiß ich nicht. Vielleicht ist etwas dran an der Behauptung, dass auf dem Lehrplan bewusst nichts von Volkswirtschaft auftaucht, um die Leute dumm zu halten. Vielleicht haben auch die Sozialisten der letzten 50 Jahre es geschafft, die Politik zu unterwandern und populistische Scheinlösungen anzubieten?

Womöglich ist der Deutsche auch einfach nur schlecht in Mathe und mag keine Zahlen? Oder der überbordende Staatsapparat will wieder mehr zum Umverteilen haben, und sich neue Aufgaben beschaffen? Vielleicht ist die logische menschliche Reaktion auf die eigene Armut der Schluss, dass ja der Nachbar zu viel Geld habe – Geld, dass mir ja eigentlich zustünde… und damit wären wir bei der Neiddebatte.

Die Kritik an den gesellschaftlichen Zuständen gehen Hand in Hand mit der Kritik am ökonomischen System. Hedonismus, Kulturverfall und die Entwertung der Familie, haben primär nichts mit globalen Konzernen, die ihre Agenda verbreiten, sondern mit Inflation und allen damit zusammenhängenden Problemen zu tun. Eine hohe Scheidungsquote hat an erster Stelle nichts mit „fehlenden Werten“ zu tun – sondern ist primär auf einen Sozialstaat zurückzuführen, der es jedem ermöglicht, Kinder alleine großzuziehen. Die Rolle der kümmernden Mutter übernimmt sukzessive der Staat (KitA, Kindergarten, etc…) die Rolle des schützenden und versorgenden Vaters wird ebenfalls vom Leviathan (Polizei, Sozialleistungen) übernommen.

Würde sich die patriotische Rechte einmal im Kern darauf besinnen, den Staat als Gegner ihrer eigenen Wertevorstellungen zu sehen, wäre der Weg zu einem sich gesundendem Land womöglich einfacher und nachhaltiger, als nur mit anderen Verteilungskämpfen um das Vermögen der hart arbeitenden Steuerzahler.

Patrioten müssen – davon bin ich felsenfest überzeugt – auch wirtschaftsliberal sein. Es mutet absurd an, wenn Leute, die sich als stolze Deutsche oder ähnliches bezeichnen, gleichzeitig wollen, dass der feiste Staat sich vergrößert, freie Unternehmen beschneidet und anschließend mit rattenhafter Bürokratie die Bonbons vom Leistungsträger zum Leistungsempfänger umverteilt. Ein stolzer Deutscher kann immer nur ein freier Deutscher sein. Und frei ist man nicht, wenn man vom Geld anderer Leute lebt.

Hier geht es zum Streitgespräch zwischen der Krautzone und dem Neuschwabenfunk, in der dieser Konflikt ebenfalls thematisiert wird.

Florian Müller

Der Sklaventreiber-Chef hat diverse Geschwätzwissenschaften studiert und nach eigenen Angaben sogar abgeschlossen. Als geborener Eifeler und gelernter „Jungliberaler“ freundete er sich schnell mit konservativen Werten an – konnte aber mit Christentum und Merkel wenig anfangen. Nach ersten peinlichen Ergüssen entdeckte er das therapeutische Schreiben in der linksradikalen Studentenstadt Marburg, wurde Autor für die „Blaue Narzisse“ und „eigentümlich frei“. Ende 2017 gründete er mit Hannes die Krautzone.

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