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Daniel Halemba – Reine Schikane

1. November 2023
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Man stelle sich vor: Das Haus einer Burschenschaft wird von der Polizei durchsucht, weil dort auf einem Foto, welches zu einem unbekannten Zeitpunkt aufgenommen wurde, eine Weinflasche mit verfassungswidrigen Kennzeichen und Symbolen zu erkennen ist. Bei der Durchsuchung stellt man zwar einige „Beweismittel“ sicher – welche Art von Beweismitteln, weiß die Öffentlichkeit nicht –, findet aber die besagte Weinflasche nicht. Nun ja. Da aber diese Flasche doch in dem Haus der Burschenschaft zu sehen war, müssen die Mitglieder irgendwie zur Verantwortung gezogen werden, sie zu entsorgen – also mündet das Ganze in einem Haftbefehl. Das hört sich absurd an, oder? Gerade wie aus einem Schmierentheater, möchte man meinen. Aber der Fall ist echt: Denn das alles ist der Prager Burschenschaft Teutonia zu Würzburg und ihrem Mitglied Daniel Halemba passiert.

Nun ist Halemba nicht nur eine „Buxe“, wie sich die Burschenschafter liebevoll nennen, sondern auch Teil der JA und der AfD und seit den Landtagswahlen in Bayern Anfang Oktober auch Mitglied des Bayerischen Landtags. Geboren im Jahre 2001, ist er der jüngste Abgeordnete des Parlaments in München. Und im Bayerischen Landtag ist es so: Bei der ersten Parlamentssitzung einer neuen Legislaturperiode, der sogenannten konstituierenden Sitzung, wird das Parlamentspräsidium und damit die Sitzungsleitung vom ältesten Abgeordneten, der als Alterspräsident den Vorsitz des Präsidiums übernimmt, und von den beiden jüngsten Abgeordneten gestellt, die die Rolle der Schriftführer übernehmen.

Im Falle der konstituierenden Sitzung des 19. Bayerischen Landtages ist der Grüne Paul Knoblach der Alterspräsident, die Schriftführer jedoch wären als die beiden jüngsten Abgeordneten Halemba und sein Parteikollege Franz Schmid gewesen – damit hätten zwei AfDler im Präsidium gesessen. Wie dumm nur – oder besser gesagt: Was für ein Zufall, dass Halemba der konstituierenden Sitzung am Montag, dem 30. Oktober, fernbleiben musste – weil er in Haft war.

Die Hausdurchsuchung fand ja schon im September dieses Jahres statt – also mitten im Wahlkampf eine Hausdurchsuchung wegen eines vermutlich jahrealten Fotos einer Weinflasche, wieder so ein dummer Zufall, versteht sich –, warum also wurde Halemba erst jetzt verhaftet? Der Befehl wurde am 27. Oktober erteilt, erst am 30. konnte man den Gesuchten ausfindig machen. Die Gründe für die Inhaftierung waren so hanebüchen, dass Halemba auf Betreiben seines Anwalts Dubravko Mandic noch am Montagabend wieder freigelassen wurde – nachdem die Sitzung im Maximilianeum beendet war, versteht sich.



Es liegt also nahe, dass der Haftbefehl einen Schikaneversuch darstellen sollte, der dazu diente, Halemba von besagter Sitzung fernzuhalten – gewiss, letztlich hatte das auf den Gesamtverlauf der Sitzung keine große Auswirkung, aber die symbolische Bedeutung dahinter ist es, worauf es ankommt. Es ist eine Drangsalierung neuen Ausmaßes, ein weiterer kleiner Nadelstich, eine weitere kleine Machtprobe. Das wird in den kommenden Monaten und Jahren, gerade in Hinsicht auf die kommenden Wahlen im Osten, auch nicht besser werden – im Gegenteil.

Von seinen zukünftigen Parlamentskollegen wurde die Nachricht der Verhaftung Halembas mit Hohn und Spott aufgenommen, und man ging gleich dazu über, in einem historisch bisher nie dagewesenen Schritt seine Immunität, die er als MdL normalerweise genießt, aufzuheben. Das freundliche Arbeitsklima hat sich damit gleich durchgesetzt, bevor die neue Legislaturperiode überhaupt richtig losgeht. Es ist ein neuer Dammbruch: Mit fadenscheinigen Gründen wird ein Haftbefehl gegen einen Immunität genießenden Abgeordneten durchgesetzt, höchstwahrscheinlich um ihn von der Teilnahme an der konstituierenden Sitzung eines Parlaments abzuhalten und den Ruf seiner Fraktion (noch weiter) in den Dreck zu ziehen.

Die anderen Parteien nehmen solche Vorwürfe selbstverständlich nicht hin. Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU) sprach davon, dass „weder das Parlament noch sie Einfluss auf Entscheidungen der Justiz nähmen“, so berichtet die „Zeit“: „Das ist eine der Grundfesten der Demokratie.“ Also nichtssagendes Geblubber seitens der Union, wer hätte es gedacht. Wenn man die Sache mit der Demokratie ernst nähme, so wie es unsere politischen Gegner immer von sich behaupten, wäre diese BRD-Justizposse eine Beleidigung für den Rechtsstaat, eine Entgleisung, auf die Entrüstung folgen müsste.

In der „Bild“ wird indes berichtet, dass Halemba NS-Devotionalien besessen habe und diese von der Polizei beschlagnahmt wurden. Sollte diese Nachricht stimmen, ist das ein Umstand, der der Partei und der außerparlamentarischen Opposition schadet. So langsam sollten AfD- bzw. JA-Mitglieder wissen, dass die Medien jede Gelegenheit zur Diffamierung nutzen. Dummheiten, wie sie Halemba von der „Bild“ unterstellt werden, müssen, bei aller Solidarität und bei aller Dreistigkeit der Staatsmacht, scharf sanktioniert werden. So etwas darf nicht passieren.

Fridericus Vesargo

Aufgewachsen in der heilen Welt der ostdeutschen Provinz, studiert Vesargo jetzt irgendwas mit Musik in einer der schönsten und kulturträchtigsten Städte des zu Asche verfallenen Reiches. Da er als Bewahrer einer traditionsreichen, aber in der Moderne brotlos gewordenen Kunst am finanziellen Hungertuch nagen muss, sieht er sich gezwungen, jede Woche Texte für die Ausbeuter von der Krautzone zu schreiben. Immerhin bleiben ihm noch die Liebesgrüße linker Mitstudenten erspart…

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