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Konflikt im Mittelmeer

29. Januar 2021
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Der kulturellen Wurzeln des Konflikts zwischen Griechenland und der Türkei reichen Jahrhunderte zurück, die politischen hingegen sind verhältnismäßig jung. Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs versuchten die Griechen ihre Vision des „Megali Idea“, der „Großen Idee“, auf Kosten des dahinsiechenden Osmanischen Reichs zu verwirklichen, und einen Staat in der Ausdehnung des antiken Griechenlands zu erschaffen.

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Während in Westeuropa Millionen Soldaten demobilisiert wurden und in ihre wirtschaftlich ausgebluteten Heimatländer zurückkehrten, brach am Bosporus und in Anatolien ein neuer Konflikt aus. Britische und französische Interessen kollidierten in diesem Konflikt, darüber hinaus hatte der Erste Weltkrieg ausreichend Kriegsmaterial nach Kleinasien gespült. Ein brisanter Cocktail aus divergierenden außenpolitischen Interessen, innenpolitischem Druck sowie ethnisch-religiösen Spannungen führte zum griechisch-türkischen Krieg von 1919 bis 1922.

Ein Problem namens Zypern

1923 wurden im „Frieden von Lausanne“ weitreichende Bestimmungen getroffen: Obwohl die junge, aus dem Osmanischen Reich hervorgegangene Türkei den Krieg gegen Griechenland gewonnen hatte, fielen zahlreiche Inseln in der Nähe ihres Festlandes an die Griechen. Die Türkei verzichtete in dem Vertrag auch auf Zypern, das während des Ersten Weltkriegs von den Briten annektiert worden war.

In den folgenden Jahrzehnten formierten sich die zypriotischen Griechen gegen die britische Fremdherrschaft, 1960 wurde die Insel schließlich unabhängig. Die Lage zwischen den verschiedenen zyprischen Volksgruppen spitzte sich allerdings weiter zu. Griechische Patrioten forderten die Vereinigung des Zyperns mit Griechenland.

Schließlich intervenierten 1974 türkische Truppen auf der Insel. Der vorgeschobene Grund: Der Schutz der türkischen Minderheit, die in vereinzelten Gebieten seit dem 16. Jahrhundert angesiedelt wurde. Neun Jahre später folgte die Proklamation der bis heute nur von der Türkei anerkannten „Türkischen Republik Nordzypern.“

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Größere Interessen

Warum spielten die Briten mit? Griechenland und Großbritannien waren die Hände gebunden, denn die Türkei war im Kalten Krieg als Land am Bosporus, der Meerenge zwischen Mittelmeer und Schwarzem Meer, ein wichtiger Bündnispartner des Westens. Er stellte, neben den USA, das größte Truppenkontingent für die NATO.

Was machte da schon die teilweise De-facto-Annektierung einer Insel aus? Seit 1974 ist die „Türkische Republik Nordzypern“ ein sogenanntes „De-facto-Regime“, das heißt man spricht von einem Staat, der faktisch existiert, aber „juristisch“ von der Staatengemeinschaft nicht anerkannt wurde, also „offiziell“ noch zur Republik Zypern gehört. Die Europäische Union geht sogar von einer „Unteilbarkeit der Insel“ aus, was auf dem Papier schön klingt, realpolitisch aber keine Konsequenzen bedeutet.

600 Milliarden Euro sind 600 Milliarden Euro

Seit 2009 werden Gasfelder im östlichen Mittelmeerraum sondiert und Griechenland konnte sich früh mit Zypern, Israel und Ägypten auf eine Abgrenzung der Fördergebiete einigen. Doch die Rechnung wurde ohne die Türkei und ihr ambitioniertes Staatsoberhaupt Recep Tayip Erdogan gemacht.

Dieser pocht auf die ungerechte Behandlung durch den Friedensvertrag von Lausanne und verweist auf die Einschränkung, die das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen für die Türkei bedeutet. Wir erinnern uns: Nahe vor der türkischen Küste liegen zahlreiche griechische Inseln, deren 12-Meilen-Zonen den Griechen großflächige Gasförderungen erlauben – und den Türken innerhalb dieser Zonen verbieten.

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Es war daher eine deutliche Nachricht, als die Türkei im Sommer ihr Forschungsschiff „Oruc Reis“ in Begleitung von einigen Kriegsschiffen in die Nähe griechischer Inseln aussendete. Während Frankreich klare Position für Griechenland bezogen hat, steht die Bundesrepublik mal wieder zwischen den Stühlen. Denn sowohl Griechenland als auch die Türkei sind dankbare Abnehmer von Rüstungsgütern „Made in Germany“. Beide Länder bleiben nach wie vor Bündnispartner in der NATO-Gemeinschaft. Und in einer Zeit, in der das alte “Feindbild Russland” wieder entstaubt wird, soll das auch so bleiben.

Friedrich Fechter

Nachdem sich Fechter von den beiden Chefs die Leitung der Netzredaktion hat aufquatschen lassen, musste er mit Enttäuschung feststellen, dass die Zeiten von Olymp-Schreibmaschinen und reizenden Vorzimmerdamen vorbei sind. Eine Schreibmaschine hat er sich vom hart erarbeiteten Gehalt trotzdem gekauft. Und einen antiken Schreibtisch. Auf irgendwas muss man im Hausbüro schließlich einprügeln können, wenn die faulen Kolumnisten wieder ihre Abgabefristen versemmeln…

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