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Verspieltes Vertrauen

18. Dezember 2020
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Es ist eine Binsenweisheit, dass Krisen aus Unsicherheit entstehen. Die Informationslage ist unklar, so dass Vermutungen, Befürchtungen und natürlich auch absichtlich gesetzte Fehlinformationen das wirre Treiben einrahmen. Das Vertrauen in übergeordnete Instanzen sinkt rapide ab – eine natürliche Reaktion, quasi ein Überlebensinstinkt – und jeder ist auf einmal sich selbst der Nächste.

Im Frühjahr hatten wir folgende Situation: Die chinesische Regierung errichtete in Rekordzeit ein Krankenhaus und sperrte eine ganze Stadt, während man hierzulande Witze über Fledermaussuppen riss. Mehr und mehr Länder riegelten ihre Grenzen ab, schließlich gab sich auch die Bundesregierung die Ehre.

Was dann folgte, hatte man in Deutschland seit Jahrzehnten nicht mehr gesehen: Leere Regale. Es gab auf einmal kein Mehl und kein Klopapier mehr. Statt mit allen Mitteln die Logistik zu unterstützen und dafür zu sorgen, dass der Einzelhandel wie gewohnt seine Regale nachfüllen kann, war die Regierung nun froh im “Hamsterkäufer” einen Prügelknaben gefunden zu haben.

Im Sommer entspannte sich die Lage, die Regale füllten sich wieder. Die Regierung hätte spätestens jetzt Zeit für die Herbst- und Wintermonate zu planen. Was bedeutet Krisenvorsorge? Beispielsweise:

  • Anlage- bzw. Aufstockung von medizinischen Vorräten. Und zwar schleunigst.

    Die Bundesregierung verkündete Anfang Dezember, dass sie eine Notfallreserve anlegen möchte. Bravo, das ging schnell!

  • Entlastung des Pflegepersonals.

    Steigende Belastungen in den Herbst- und Wintermonaten waren schon im Sommer abzusehen, die jährliche Grippewelle lässt Grüßen. Wie also die Bettenzahl aufstocken, woher das zusätzlcihe Pflegepersonal nehmen – und vor allem: Womit die Moral des bestehenden Personals stabil halten?

    Großmäulig hatte man zwar im Frühjahr Corona-Sonderzahlungen für das Pflegepersonal angekündigt, angekommen ist davon oftmals nicht. Während sich viele Supermarktketten gegenüber ihren Arbeitnehmern bereits im April dankbar zeigten, warten etwa DRK-Mitarbeiter immer noch auf ihren versprochenen Bonus.

    Der fehlende Dank des Vaterlands ist die eine Sache, die Ausstattung der Krankenhäuser und Altenheime eine andere. Wie gesagt, die Bundesregierung hatte seit dem Sommer Zeit, um die systemrelevante Infrastruktur personell und materiell aufzustocken. Passiert ist… nichts.

  • Transparente Kommunikation, ein zuverlässiges Lagebild schaffen – das ist der einzige Weg um gegen die grasierende Unsicherheit vorzugehen. Spätestens im Sommer hätte man ein engmaschiges Netz aus Testzentren errichten müssen, um die Lage irgendwie greifbar zu machen. Unsicherheiten und Problematiken, etwa die hohe Fehlerquote der Tests, der Krankeheitsverlauf, die oftmals ausbleibenden Symptome – das alles hätte man öffentlich kommunizieren müssen.

    Stattdessen schoss man sich auf die legitimen Protestbewegungen ein und spaltete die Bevölkerung also ein weiteres Mal, um von der eigenen Unfähigkeit abzulenken. Während der Urlauber aus Risikogebieten oder “Corona-Leugner“ quasi zu Staatsfeinden erklärt wurden, war die Staatsmacht nicht in der Lage die allabendlichen Tumulte überwiegend nichtdeutscher “Partygäste” oder “Großhochzeiten“ zu unterbinden.

  • Nachvollziehbares Handeln.

    Die Situation im Frühjahr war ungewohnt, in sozialer Hinsicht mehr als merkwürdig, in wirtschaftlicher Hinsicht bereits kaum erträglich. War die Beteuerung des Bundeswirtschaftsministers im März schon eine grobe Fahrlässigkeit, hätte Spahn nach seiner Aussage vom September, dass eine zweite Schließung des Einzelhandels unwahrscheinlich sei, aus dem Amt gejagt werden müssen. Man wog über Monate hinweg Millionen Gewerbetreibende in falscher Sicherheit um dann im Dezember locker aus der Hüfte heraus einen neuen Lockdown zu beschließen, der den Unternehmen das überlebenswichtige Weihnachtsgeschäft verhagelt. Von Bundesland zu Bundesland herrschen nun unterschiedliche Regeln und Anweisungen zum Verhalten, zum Treffen, zum Feiern an Weihnachten. Keiner blickt durch.

Wer jetzt also wieder beherzt zum Toilettenpapier greift, den Beteuerungen der Regierung kritisch gegenübersteht oder sich aus reinem Trotz mit seinen Liebsten an Weihnachten trifft, der handelt völlig nachvollziehbar. Rechtfertigen muss sich allein die Regierung.

Friedrich Fechter

Nachdem sich Fechter von den beiden Chefs die Leitung der Netzredaktion hat aufquatschen lassen, musste er mit Enttäuschung feststellen, dass die Zeiten von Olymp-Schreibmaschinen und reizenden Vorzimmerdamen vorbei sind. Eine Schreibmaschine hat er sich vom hart erarbeiteten Gehalt trotzdem gekauft. Und einen antiken Schreibtisch. Auf irgendwas muss man im Hausbüro schließlich einprügeln können, wenn die faulen Kolumnisten wieder ihre Abgabefristen versemmeln…

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