Vergangene Woche hat ein Manifest diverser Angestellter der Öffentlich-Rechtlichen sowie weiterer Medienmacher für Schlagzeilen gesorgt, in dem die einseitige Stimmungsmache der Gebührenmedien aufs Korn genommen sowie weitreichende Reformen gefordert wurden. Teile davon lesen sich sehr interessant, so schildert eine Ex-Mitarbeiterin von ZDF und 3sat, wie „einige Leitwölfe“ die ideologische Linie der Berichterstattung überwachen. Deren Autorität drücke sich nicht nur darin aus, dass sie hohe Positionen bekleiden, sondern werde auch signalisiert, indem man ihnen Medien- und Journalismus-Preise verleiht.
Genauso interessant ist aber auch gerade, was nicht oder kaum angesprochen wird. Den ursprünglichen Bruch mit den eigenen Neutralitätsmaßstäben macht das Gros der Zitierten in der Corona-Berichterstattung aus, in welcher nur noch ein schmaler Rahmen des Meinungsspektrums überhaupt in ÖR-Beiträgen geduldet wurde, der sich, natürlich, grob am Regierungsnarrativ orientierte und fundamentale Kritik an den Maßnahmen nicht mehr zuließ. Den nächsten traurigen Höhepunkt nahmen diese Gesinnungsvorgaben in den Augen der Autoren dann im Rahmen des Ukrainekrieges.
So weit, so richtig: Das Durchprügeln der, in der Rückschau betrachtet darüber hinaus in weiten Teilen völlig falschen, „Die Wissenschaft“-Linie in Sachen Corona, die gruselige Demagogie gegenüber den „Blinddärmen der Gesellschaft“ sowie der ukrainische Hurra!-Stellvertreterpatriotismus; all das war eine bemerkenswerte Selbstentlarvung der „vierten Säule der Demokratie“ als Handlanger von Regierung, Pharmalobby, Amerikas militärisch-industriellem Komplex sowie, vermutlich am absolutesten und unhinterfragbarsten, des progressiven tiefen Staates, von dem der Rundfunk selbst ein nicht unbedeutender Teil ist. Bei diesen Themen jedoch den Anfangspunkt der politischen Voreingenommenheit der Öffis zu suchen, ist grotesk.
Es zeigt auf: Die Autoren haben dieselbe Gleichschaltung betreffend Scheuklappen auf, solange sie grob in ihrem ideologischen Sinne geschieht. Der damalige „Tagesschau“-Chef und heutige Intendant der gesamten ARD, Kai Gniffke, gab 2017 auf der „re:publica“ zum Thema „Gegner der Masseneinwanderung von 2015“ bereits offen zu:
„Zwischen den Zeilen triefte es aus jeder Pore: ‚Ihr sollt die bitte doof finden!‘“
Zu ihrer Ehrenrettung soll gesagt sein, dass Migration in der Aufzählung verschiedener höchstgradig voreingenommener Themenbereiche eines anonymen ARD-Mitarbeiters schon eine Erwähnung findet – allerdings eben nur in diesem Nebensatz eines Mitarbeiter-Statements. Ebenfalls stiefmütterlich wird der Umgang mit der AfD behandelt. Interessant ist da der Erfahrungsbericht eines Erstunterzeichners gegenüber „Tichys Einblick“:
„In unserer Redaktion wird bei Sitzungen nicht darüber geredet, wie wir die Menschen mit unserem Programm möglichst vielfältig informieren und verschiedene Ansichten präsentieren könnten. Nein, es wird darüber geredet, wie man ein Ereignis mithilfe von Experten einordnen kann. Am Ende sieht die Regierung dabei meist gut aus. Dazu werden dann in der Regel dieselben Experten von einschlägigen Stiftungen und Denkfabriken angerufen, die sich in der Vergangenheit als gute ‚Einordner‘ bewährt haben. Das heißt, im Großen und Ganzen die Sicht der Regierung, der SPD oder der Grünen wiedergeben. Wenn jemand aus der Redaktion einen neuen Experten vorschlägt, wird erst mal recherchiert, ob der nicht irgendwelche verdächtigen Aussagen gemacht hat, vielleicht die Corona-Maßnahmen kritisiert oder im falschen Medium publiziert hat. Das könnte eine Erklärung sein, warum unser Programm einen immerwährenden Gleichklang hat.“
Noch brisanter: Als er parteiische Berichterstattung über die AfD in internen Sitzungen bemängelte, sei er mit der Bemerkung: „Die wollen uns abschaffen. Da müssen wir jetzt gegenhalten“ zurechtgewiesen worden. All das ist aber leider nicht mehr Teil der offiziellen Mitarbeiter-Statements auf der Manifest-Seite, die generell das Thema AfD-Berichterstattung meidet wie der Teufel das Weihwasser, sondern nur bei „Tichys Einblick“ zu lesen.
Das mag zum einen an, hart gesagt, Feigheit oder Opportunismus liegen. Also dass man, selbst wenn die für die Kampagne Verantwortlichen die propagandistische Bekämpfung der einzigen Oppositionspartei durchaus kritisch betrachten mögen, Sorge hat, in zu gefährliches Fahrwasser zu kommen – ironischerweise, weil genau diese propagandistische Bekämpfung eine Drohkulisse vor jeder Assoziierung mit der Partei aufgebaut hat, und sei es nur durch Kritik an ihrer unfairen Behandlung. Zum anderen wird hier aber auch zum Tragen kommen, dass einige der Unterzeichner damit selbst kein sonderlich großes Problem haben werden, denn das sind ja tatsächlich die Bösen, das sind Rechte.
Genau in diesem Lichte betrachte ich auch die Setzung des Anfangspunktes der Einseitigkeit in der Pandemieberichterstattung. Es waren vielleicht weniger die Methoden ihrer Arbeitgeber selber, die einigen von ihnen so sauer aufstießen. Zu sehen, wie diese Methoden gegen Vertreter von Überzeugungen angewandt wurden, die sie teilen, das könnte der springende Punkt gewesen sein. Dass Migration nicht mehr kritisiert werden darf, während sie in noch nie gesehenen Maßstäben geschieht, ist das eine. Zu sehen, wie die Pharmalobby, der einige von ihnen selbst schon im Vorhinein aus altlinker Perspektive recht kritisch gegenübergestanden haben dürften, heiliggesprochen wird, während sie ihre neuesten Produkte auf einmal unter Androhung von unmittelbarem Zwang an den Mann bringen darf, das andere.
Ich will nicht zu missgünstig werden. Dass sie sich trauen, teils sogar mit ihrem Namen gegen ihren übermächtigen Arbeitgeber aufzubegehren, ist besser als nichts. Was sie nur lernen müssen, ist, dass halbe Sachen gegen ein derartiges Monstrum verpuffen und der Versuch, sich vor dem Rechts-Stigma zu feien, zum Scheitern verurteilt ist. Vielleicht können die jähzornigen Reaktionen ihrer Kollegschaft als Lehrstunde dienen.