Deutschland hat gewählt und alles bleibt beim Alten. Das könnte man zumindest zynisch anhand des vorläufigen Wahlergebnisses der Bundestagswahl 2021 behaupten. Was sich jedoch am Wahlabend eindeutig herauskristallisiert hat: Die Altparteien, das heißt CDU und SPD, sind alleine nicht mehr richtig mehrheitsfähig. Die Christdemokraten brachen am Wahlsonntag alle Rekorde und erzielten mit rund 25 Prozent ihr schlechtestes Ergebnis aller Zeiten bei einer Bundestagswahl. Die SPD schaffte es zwar, ihr Wahlergebnis zu steigern, dennoch ist deutlich, dass die einstigen Volksparteien zumindest auf Bundesebene keine nennenswerte Mehrheit mehr erzielen und ausgedient haben.
Egal wie es um die Zukunft Deutschlands bestellt ist und ob nun Olaf Scholz oder Armin Laschet das Zepter in die Hand nimmt, ohne mindestens drei Koalitionspartner wird es in der kommenden Legislaturperiode wohl kaum eine Mehrheitsregierung geben. Die Koalitionsverhandlungen werden heißer, und die kommenden vier Jahre versprechen mehr Instabilität seitens der Bundesregierung.
Was sich auch deutlich zeigte: Auch wenn der Durchschnitts-BRD-Bürger durchaus masochistisch veranlagt ist, so reichen die vorläufigen Wahlergebnisse dennoch nicht für eine rot-rot-grüne Bundesregierung aus. Die Linken bangen in der Wahlnacht um ein Hopp oder top über die Fünf-Prozent-Hürde, die Grünen haben zwar im Vergleich zur Wahl von 2017 zugelegt, bekommen aber dennoch, trotz Frühjahreshype, ihre saftige Abrechnung. Mit der ehemaligen Profitrampolinspringerin und Quotenfrau Baerbock reicht es eben doch nicht zum Sprung über die 20 Prozent. Die Partei bleibt bei etwa 15 Prozent hängen.
Die AfD schafft mit einem soliden zweistelligen Ergebnis den erneuten Einzug in den Bundestag. Im Vergleich zur letzten Wahl lassen sich zwar Verluste ausmachen, dennoch ist klar: Auch auf Bundesebene ist keine Parteienlandschaft mehr ohne die Alternative für Deutschland denkbar, und sie wird uns auch in den kommenden vier Jahren als Oppositionspartei im Bundestag erhalten bleiben. Außerdem wird die parteinahe Desiderius-Erasmus-Stiftung zukünftig voraussichtlich finanziell vom Bund gefördert.
Nicht nur im Bund wurde gewählt, in Berlin fand zusätzlich die Wahl für das Berliner Abgeordnetenhaus und in Mecklenburg-Vorpommern die Landtagswahl statt. Die Bundeshauptstadt bleibt vermutlich auch weiterhin unter der Fuchtel von SPD, Grünen und Linken. Die beiden Ersteren liefern sich in der Wahlnacht ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Wer wird die nächste Oberbürgermeisterin – Bettina Jarasch von den Grünen oder die Ex-Bundesfamilienministerin und Ex-Doktorandin Franziska Giffey?
Besonders in der Hauptstadt muss die AfD herbe Verluste wegstecken und verliert im Abgeordnetenhaus über zehn Sitze. In Mecklenburg-Vorpommern geht die SPD unter Manuela Schwesig mit einem Zugewinn von neun Prozentpunkten als eindeutiger Wahlsieger hervor. Die Sozialdemokraten klettern auf über 39 Prozent. Die AfD bleibt als zweitstärkste Kraft im Landtag vertreten, muss aber dennoch auch im Nordosten des Landes mehrere Prozentpunkte einbüßen.
Was ist die Conclusio des Wahlabends? Die Bundestagswahl lässt sich zuallererst als Wahl des geringsten Übels betrachten. Nach den Fehltritten von Baerbock und Laschet punktete Scholz vor allem damit, dass aus naher Vergangenheit keine lächelnden Aufnahmen aus dem Katastrophengebiet, abgeschriebene Textpassagen oder geschönte Lebensläufe von ihm zu finden sind.
Die CDU ist der Wahlverlierer des Abends. Die AfD schafft es zwar auch weiterhin, in Bund und Ländern vertreten zu bleiben, dennoch sollten die Wahlverluste definitiv zur internen Image-Aufarbeitung und der Befriedung der Partei verleiten.