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#Gillamoos – Die Aiwanger-Saga geht weiter…

7. September 2023
in 3 min lesen

Der Gillamoos ist ein regelmäßig Anfang September stattfindender Jahrmarkt in der niederbayrischen Kleinstadt Abensberg. Er ist der älteste Jahrmarkt in Bayern und lässt sich bis ins Jahr 1583 zurückverfolgen. Neben den volksfesttypischen Rummel und den katholischen Gottesdiensten – der Gillamoos geht nämlich auf eine Wallfahrt zu einer dem Heiligen Ägidius gewidmeten Kapelle zurück – gibt es auch ein politischer Frühschoppen, bei dem Politiker der großen Parteien, ähnlich wie beispielsweise beim politischen Aschermittwoch, sich in humoristischer und populistischer Weise ihrer politischen Gegner annehmen. Und da in den vergangenen Tagen und Wochen Bayerns stellvertretender Ministerpräsident Hubert Aiwanger im zweifelhaften Mittelpunkt unserer geliebten Medienlandschaft stand und dann auch in ein paar Wochen die Landtagswahlen im größten Flächenland der Bundesrepublik anstehen, war der diesjährige „politische Gillamoos“ besonders brisant. Das soll heißen: Den meisten Medienvertretern hat es nicht gefallen.

Alle großen Parteien nahmen am politischen Gillamoos teil, aber im Zentrum der Aufmerksamkeit standen natürlich die Vertreter der bayrischen Regierungskoalition, also die CSU und die Freien Wähler. Den Freien Wählern und ihrem Vorsitzenden Aiwanger war man natürlich nicht wohlgesonnen. Denn: er war noch da. Trotz des großen Skandals, trotz des Antisemitismus‘: Aiwanger ist nicht gegangen. Und Söder wollte ihn auch nicht loswerden.

„Bejubelt wie ein Schlagerstar“, titelt der „Spiegel“ über Aiwanger am Dienstagmorgen. „Hubert Aiwanger und Markus Söder machen im Bierzelt Wahlkampf, als sei nichts gewesen“, schreiben die Journos wie bockige kleine Kinder weiter. Man hat scheinbar seinen Willen nicht bekommen im Mediensumpf, und man ist alles andere als erfreut darüber. Seinen Unmut möchte man beim „Spiegel“ dann aber doch nicht so sehr unters Volk streuen, denn der Artikel ist leider hinter der Paywall versteckt – und mein Geld ist mir zu schade, als dass ich es dem „Spiegel“ in den Rachen würfe.

Doch auch beim öffentlich-rechtlichen „Bayerischen Rundfunk“ berichtet man mit eher gedrückter Stimmung über den politischen Gillamoos: „Als wäre nichts gewesen“ – man fühlt sich scheinbar ignoriert, wie schade. Ministerpräsident Söder erwähnt die Flugblatt-Affäre nicht einmal, Aiwanger spricht kurz von „schwierigen Zeiten“, und das war’s. Man tut das, was man von Mutti gelernt hat, nämlich die Krisen und Skandale einfach auszusitzen und darauf zu warten, dass der Sturm sich legt – nur war es eben dieses Mal ein Skandal, der den linken Medien auch zuwiderlief.

Den Flugblatt-Skandal fand ich auch letzte Woche, als ich die erste Kolumne über Aiwanger schrieb, äußerst amüsant. Doch was ich leider ausgelassen hatte, war folgende Wendung des Schicksals: Wie der „Focus“ berichtete, war der ehemalige (und SPD-nahe) Deutschlehrer Aiwangers dem Ministerpräsidenten auf den Fersen, stets erpicht darauf, „diese braune Socke jetzt [zu] stürzen“. So ging also dieser antifaschistische Lehrer von Ex-Schüler zu Ex-Schüler, von Abi-Treffen zu Abi-Treffen, stets auf der Suche nach Beweisen dafür, dass Aiwanger wirklich der Verfasser dieses vermaledeiten Flugblattes gewesen war.



So ehrgeizig war er, dass viele der feierlaunigen Ex-Schüler nur noch genervt von den Fragen des Lehrers waren. Der ehemalige Mitschüler Aiwangers, der mit dem „Focus“ redete, gab an, dass er damals einen Geschichtsaufsatz für einen Bundeswettbewerb über KZ-Häftlinge geschrieben hatte. Zu dieser Zeit hatte sich auch das Flugblatt verbreitet. „Er war es, der gesagt hatte, dass es auf Schultoiletten gefunden worden war. Ich selbst hatte das Original nie zu Gesicht bekommen“, sagt er im „Focus“ weiter. Der Lehrer drang ihn dazu, das Flugblatt in seine Arbeit mit einzubauen und formulierte einige Stellen im Aufsatz um, sodass er radikaler und schärfer wirkte, als er eigentlich war. Offenbar handelt es bei diesem ganzen Flugblatt-Skandal nur um eine Racheaktion genervter Schüler, die über das Ziel hinausschlug – und der Rädelsführer der Schüler war scheinbar Aiwangers Bruder. Was für eine Geschichte, was für eine Farce!

Und so machte Hubert ganz entspannt seinen Wahlkampf weiter, ohne dass er sich um jemanden schert. Wie gesagt, auch die Unionsparteien kümmerten sich nicht um den linken Aufruhr. Söder wetterte gegen die Grünen – wie glaubhaft das auch immer sein mag – und auch das großmäulige Schoßhündchen Merz teilte aus: „Nicht Kreuzberg ist Deutschland. Gillamoos ist Deutschland“, polterte er in seiner Rede. Das Publikum jubelt, die Presse tobt, da die Bayern auch mal für einen Preißn klatschen. Nun ja, wer es glaubt. Aiwanger und Gillamoos, all das sind nichts weitere Episoden in dem Mummenschanz, den wir BRD nennen.  

Fridericus Vesargo

Aufgewachsen in der heilen Welt der ostdeutschen Provinz, studiert Vesargo jetzt irgendwas mit Musik in einer der schönsten und kulturträchtigsten Städte des zu Asche verfallenen Reiches. Da er als Bewahrer einer traditionsreichen, aber in der Moderne brotlos gewordenen Kunst am finanziellen Hungertuch nagen muss, sieht er sich gezwungen, jede Woche Texte für die Ausbeuter von der Krautzone zu schreiben. Immerhin bleiben ihm noch die Liebesgrüße linker Mitstudenten erspart…

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