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Gonzalo Lira ist tot – Der Wertewesten entledigt sich „Coach Red Pill“

18. Januar 2024
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Anfang August letzten Jahres schrieb ich hier bereits einige Zeilen über die Abenteuer des positiv bekloppten Kollegen, dessen Leben nun ein tragisches vorzeitiges Ende genommen hat. Gonzalo Lira, auf YouTube ehemals bekannt als „Coach Red Pill“, starb, wie vor wenigen Tagen über Tucker Carlson bekannt wurde, mit 55 Jahren in einem ukrainischen Arbeitslager an den gesundheitlichen Folgen der Bedingungen seiner Haft.

Vor gut einem halben Jahr, kurz vor seinem Fluchtversuch nach Ungarn, schien er körperlich noch auf der Höhe zu sein, als er von Foltermethoden wie dem Herumgestocher in seinem Auge berichtete, die ihm während seines ersten Gefängnisaufenthalts in der Ukraine zuteilwurden. Zwischen seiner erneuten Festnahme kurz darauf und seinem Tod Anfang Januar soll er sich allerdings eine Lungenentzündung zugezogen haben, die ihn letztlich dahinraffte.

Lira war bereits 2021, also vor Kriegsausbruch, zu seiner Frau und seinen Kindern in die Ukraine gezogen, wie man einem Video aus Charkiw von Anfang Oktober des Jahres entnehmen kann. Mit dem Beginn der russischen Invasion verschob sich sein inhaltlicher Fokus von Sozialpolitik auf Geopolitik, im Besonderen natürlich auf den Konflikt zwischen dem Westen und Russland, der in der Ukraine seinen vorläufigen Höhepunkt nahm, wobei er einen stark antiwestlichen Standpunkt einnahm, sprich: Er legte sich mit den Machthabern in Kiew an. Diese veranlassten im Frühjahr 2023 seine erste Festnahme, infolge derer ihm nicht nur Folter in der Form von Schlafentzug, Rippenbrüchen sowie der beschriebenen Zahnstocherexperimente an seinem Auge widerfuhr, sondern ihm auch knapp 80.000 Dollar gestohlen wurden, 9.000 Dollar davon bei seiner Festnahme in bar und weitere 70.000 Dollar aus Online-Banking-Accounts und von Patreon, zu denen sie via Folter die Zugangsdaten erpressten. Weitere 11.000 Dollar verlangten sie als Kaution.

Da ihm glaubhaft versichert worden war, dass der Prozess gegen ihn in der Verurteilung zu einer vieljährigen Haftstrafe münden würde, nutzte er die damit erkaufte Freiheit für einen Fluchtversuch nach Ungarn, wo er als politisch Verfolgter Asyl beantragen wollte – ohne Erfolg. Wie der US-amerikanische transsexuelle Sprecher der ukrainischen Streitkräfte, „Sarah“ Ashton-Cirillo wenige Stunden später schadenfroh bekanntgab, hatte der ukrainische Geheimdienst SBU sich von Anfang an an seine Fersen geheftet und überwältigte ihn vor dem Grenzübertritt.

https://twitter.com/JackPosobiec/status/1745928215904850090

Vor Gericht hatte man sich dann dazu entschlossen, die Anklagepunkte noch ein wenig aufzupeppen: Neben Unterstützung der russischen Invasion in seinen YouTube-Videos warf man ihm nun auch noch Spionage und das Verraten ukrainischer Truppenstellungen an den Feind vor. Ich tue mich ehrlich gesagt ein wenig schwer damit, mir den 55-Jährigen Lira beim Auskundschaften der Positionen aktiver ukrainischer Soldaten an der Front vorzustellen, und muss hier eher an die bunt zusammengewürfelten Listen der Verbrechen denken, zu denen sich Missetäter in „1984“ stets bekennen müssen (Dinge wie das absichtliche Infizieren von Mitgliedern der Partei mit Neurosyphilis), aber vielleicht fehlt mir auch einfach ein bisschen die Fantasie.

Danach wurde es still um Gonzalo. Ein Urteil war nicht gesprochen, er versauerte in Gefangenschaft, und seine Gesundheit verschlechterte sich offenbar zusehends. Vor einem Monat allerdings, Anfang Dezember, griff Tucker Carlson das Thema in seiner Show auf.

Er und auch Elon Musk wendeten sich öffentlich an die amerikanische Regierung und riefen sie an, das Leben des US-Bürgers zu retten.

Spätestens ab diesem Zeitpunkt wusste auch die also Bescheid, vermutlich aber schon lange davor. Ein kurzer Anruf eines beliebigen Diplomaten hätte genügt, um Gonzalos Leben zu retten – sie ließen ihn wissentlich sterben. Ihnen dürfte es ganz recht sein, nicht nur einen harschen Kritiker ihres Proxy-Regimes aus dem Weg geräumt zu wissen, sondern sich so auch eines – wenn auch nur mäßig bedeutsamen – innenpolitischen Störenfrieds zu entledigen, ohne sich selbst die Hände schmutzig zu machen.

In einem alten Video erzählt Gonzalo, der Russische Geschichte studiert hat, die Lebensgeschichte des sowjetischen Dissidenten Alexander Solschenizyn, die ihn sichtlich beeindruckt und geprägt hat.

Er schrieb als Ex-Insasse die wohl definierenden Werke zum sowjetischen Gulag-System, zunächst den Roman „Ein Tag im Leben des Iwan Denissowitsch“ und schließlich die umfangreiche Augenzeugenbericht-Sammlung „Der Archipel Gulag“, welche der Sowjetunion in den Siebzigern die wohl tiefste literarische Wunde ihrer kurzen Lebensspanne beibrachte, da sie nicht nur im Detail die Gräuel des Systems dokumentierte, sondern darlegte, dass das sowjetische System von Kindesbeinen an auf die Sklavenarbeit der Gulag-Insassen angewiesen war und dass bereits Lenin die Konzentrationslager errichten ließ.

Es liegt nahe, dass seine Bewunderung für den russischen Systemgegner Lira dazu bewogen hat, sein eigenes Leben für seine Ideale aufs Spiel zu setzen. Denn auch wenn er kein Kriegstourist war, als welcher er von westlicher Propaganda nun gezeichnet wird, und er geraume Zeit vor dem Krieg in die Ukraine reiste, um mit seiner Familie zusammenleben zu können, hätte er entweder seine YouTube-Tätigkeit einstellen oder die Ukraine als Dissident rechtzeitig wieder verlassen können – doch er blieb. Und auch wenn er selbst kein Solschenizyn war, bleibt sein Vermächtnis, die Wahrheit, die er mit seinem Tod aufgedeckt hat, eine bedeutsame: Es gibt keine Moral in der Geopolitik, es gibt nur Angriffswinkel. Niemand war oder ist ernsthaft entrüstet über den Tiergartenmord, Nawalnys Haft, den Einmarsch in die Ukraine selber – wir haben es, bei unseren Politikern und Journalisten genau wie in Moskau, mit eiskalten Hunden zu tun, die sich nie scheuen würden, selbst über Leichen zu gehen, während sie genau das beim Feind in gespielter Empörung nutzen, um sich moralisch zu überhöhen und den Pöbel gegen ihn aufzubringen. Gonzalo Liras Tod, der mit einem mühelosen Fingerschnippen westlicher Diplomaten hätte abgewendet werden können, wenn man nur gewollt hätte, beweist es.

Shlomo Finkelstein

Shlomo Finkelstein wollte immer schon irgendwas mit Hass machen. Seit 2015 erstellt er als "Die vulgäre Analyse" Videos, und seit 2019 zusammen mit Idiotenwatch den Podcast "Honigwabe".

Belltower News schreibt über ihn: "Da er vorgibt, sein Hass sei rational begründet, sind besonders junge Menschen der Gefahr ausgesetzt, die Thesen für bare Münze zu nehmen und sich so zu radikalisieren."

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