Die Zensurdebatte um die Grünen kommt zu einem ungünstigen Zeitpunkt; zumindest für ihren Wahlkampf. Für die Wähler hingegen kommt sie gerade zur rechten Zeit, zeigt sich doch darin der totalitäre Charakter der grünen Führungsriege. Doch seit Längerem zieht sich durch die gesamte Partei ein Netzwerk, das einem versteckten Klassiker zu neuer Aktualität verhilft (nein, es ist nicht „1984“).
Habeck und Baerbock sind gemeinsam für 93 Prozent aller Strafanzeigen der Minister wegen Beleidigung oder Bedrohung verantwortlich – über 1.300 Stück an der Zahl seit Regierungsantritt. Das sind über zwei Strafanzeigen pro Werktag. Ganz schön fleißig. Aber sollte der Schwerpunkt der Ministerialarbeit nicht woanders liegen? Genau hierin zeigt sich der Charakter der grünen Minister. Anstatt durch gute Arbeit dafür zu sorgen, dass die Kritik an ihnen leiser wird, richten sie ihren Fokus anscheinend darauf, all jene mit der ganzen Härte des Strafrechts verfolgen zu lassen, die ihre Arbeit kritisieren.
Dabei werden sie auch von ihrer Partei nicht allein gelassen. Seit 2017 existiert die sogenannte „Grüne Netzfeuerwehr“. Darin organisieren sich Grünen-Mitglieder, um den Kampf um die Meinungshoheit in den Kommentargräben der sozialen Medien auszufechten. Kommt es zu missliebigen Kommentaren auf den Seiten der Grünen oder ihrer Politiker, wird in den Chatgruppen zum Gegenangriff geblasen. Gezielt werden eigene Kommentare hochgewertet, während kritische Kommentare abgewertet oder gleich wegen „Hass“ gemeldet werden.
Das ist nicht verboten, und auch organisierte Meinungen sind Teil der Meinungsfreiheit. Wenn die Grünen es nötig haben, sich auf diese Art gegen Kritik zu wehren, anstatt ihr eigenes Handeln zu überdenken, dann steht ihnen das erst einmal frei. Auch wird so verständlich, warum Habeck und Co. hinter vielen Ecken in den sozialen Medien Putins Trollarmeen vermuten. Schließlich haben sie ihre eigene Trollarmee und setzen diese gezielt zur Lenkung der öffentlichen Meinung während des Wahlkampfes ein. Gerade weil die Grünen dafür ihre „Grüne Netzfeuerwehr“ brauchen, können sie sich nicht vorstellen, dass sich der Diskurs zu ihren Ungunsten verschiebt, ohne dass daran wahlweise Putin oder die AfD schuld sein soll.
Das ist natürlich tiefste Doppelmoral. Aber die scheint in der Grünen-DNS ebenso angelegt wie die Unfähigkeit, eine Krawatte zu binden oder einen Staat zu führen. Weitaus aktueller und problematischer wird diese Entwicklung, wenn wir das größere Bild in den Blick nehmen. Es reicht den Grünen nicht, ihre eigenen Parteimitglieder für ihre Lenkung des Debattenraums einzusetzen. Nun wurden in Deutschland als Reaktion auf den Digital Service Act die ersten sogenannten „Trusted Flagger“ zugelassen. Auch hier dürfte niemanden wundern, dass das zugelassene Projekt „REspect“ aus Baden-Württemberg zu zwei Dritteln von der grün dominierten Landesregierung finanziert wird.
Was der Aufgabenbereich dieser Trusted Flagger umfasst, beschreibt Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur:
„Plattformen sind verpflichtet, auf Meldungen von Trusted Flaggern sofort zu reagieren. Illegale Inhalte, illegaler Hass und illegale Fake News können sehr schnell und ohne bürokratische Hürde entfernt werden.“
Dabei scheint dem Präsidenten der Bundesnetzagentur zunächst ein Freudscher Versprecher unterlaufen zu sein. In der ursprünglichen Version seiner Aussage ist nämlich nur die Rede von der schnellen und unbürokratischen Entfernung von „Illegale[n] Inhalte[n], Hass und Fake News“. Geändert wurde diese Aussage erst, nachdem zahlreiche Hinweise darauf die Netzagentur erreichten, dass sogenannter Hass und Fake News grundsätzlich erlaubt sind. Nach so viel Hass sah man sich wohl dazu genötigt, den Text zu ändern und die Wortkonstruktion „illegaler Hass“ zu erfinden.
Auch in diesem Ausrutscher – wenn es denn einer war – spiegelt sich das Denken der Grünen wider. Man will sich nicht damit beschäftigen, was verboten – also illegal – ist. Vielmehr möchte man schon früher eingreifen, eben beim Hass. Wer jetzt aber eine genaue Definition davon sucht, was dieser „Hass“ eigentlich sein soll, wird lediglich auf Seiten fündig, die zufälligerweise vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert werden – wie hier und hier.
Denn rechtlich ist von „Hass“ nur im umstrittenen Volksverhetzungsparagrafen 130 Strafgesetzbuch die Rede. Eine Definition findet sich zwar auch dort nicht. Aber der Bundesgerichtshof hat Hass höchstrichterlich als „eine gesteigerte, über die bloße Ablehnung oder Verachtung hinausgehende feindselige Haltung gegen den betreffenden Bevölkerungsteil“ definiert. Dass diese Einordnung jedoch zurückhaltend auszulegen ist, zeigt bereits die Tatsache, dass die Strafbarkeit stets an Handlungen, nicht jedoch an Meinungen oder Überzeugungen anknüpfen muss. Kurz heißt das:
„Das geltende Strafrecht ist kein Gesinnungsstrafrecht.“
Doch wohin führt die Entwicklung, in der Kritiker der Bundesminister sich massenweise Anzeigen, Verfahren, Hausdurchsuchungen, Strafbefehlen, Geld- und im schlimmsten Falle Freiheitsstrafen ausgesetzt sehen? Eine Entwicklung, in der die SPD die Grenzen der Strafbarkeit für den umstrittenen Paragrafen 188 Strafgesetzbuch der Politikerbeleidigung weiter herabsenken möchte.
In Ray Bradburys Roman „Fahrenheit 451“ findet sich der Leser in einer Welt wieder, in der die Feuerwehr Brände legt, anstatt sie zu löschen. Verbrannt werden von der Feuerwehr Bücher, denn ein „Buch im Haus nebenan ist wie ein scharf geladenes Gewehr“.
Als ich von der „Grünen Netzfeuerwehr“ las, musste ich direkt an dieses Buch denken. Es sei jedem empfohlen, bevor es verboten wird.