Taiwan war seit dem Ende der holländischen Herrschaft über den Süden der Insel 1662 zunächst eine Bastion von geflohenen Anhängern der 1644 von Mandschus gestürzten chinesischen Ming-Dynastie. 1683 von der nachfolgenden Ching-Dynastie annektiert und danach von der gegenüberliegenden Provinz Fukien aus verwaltet, wurde Taiwan erst 1887 eine eigenständige Provinz Chinas.
Schon acht Jahre später musste das schwächelnde kaiserliche Regime in Peking nach der Niederlage im ersten Chinesisch-Japanischen Krieg 1894/95 durch den Vertrag von Shimonoseki Taiwan samt der westlich gelegenen Inselgruppe der Pescadoren (auf ewig) an Tokyo abtreten.
Bewegte Geschichte
Letztendlich sollte es genau ein halbes Jahrhundert dauern, bis das dann selber vernichtend geschlagene Nippon sich aus Formosa zurückziehen musste, dabei in vielerlei Hinsicht tiefe Spuren hinterlassend. Viele offizielle Bauten aus der Kolonialzeit, wie das Präsidialamt, das Oberste Gericht und das heutige Gästehaus der Regierung, die ehemalige Residenz des japanischen Gouverneurs, könnten aufgrund ihrer starken westlichen Prägung auch in Berlin stehen.
Sie überstanden das schwere amerikanische Bombardement am 31. Mai 1945, wenn auch teilweise erheblich beschädigt. Taiwan diente damals unter anderem als Basis für Kamikazeflieger. Der Campus der National Taiwan University, 1928 als Taihoku (der japanische Name für Taipei) Imperial University gegründet, besitzt trotz der vielen Palmen ebenfalls einen sehr westlichen Flair.
Japan hatte nach der von außen erzwungenen Meij-Reform 1868 rasant gegenüber dem Westen aufgeholt und sich dabei in Bereichen wie Justiz und Militär an Preußen orientiert. Der klare Sieg im Japanisch-Russischen Krieg 1904/05 gegen das dem baldigen Untergang geweihte Zarenreich machte dies besonders deutlich. 1914 zwangen japanische Truppen dann die Verteidiger der deutschen Kolonie Tsingtau in der chinesischen Provinz Shantung zur Kapitulation.
Erste japanische Kolonie
Taiwan sollte als erster japanischer Kolonie Vorbildcharakter zukommen und das neue Selbstbewusstsein des Landes sowie dessen außenpolitische Ambitionen widerspiegeln. Die miserable Infrastruktur und verschiedene Tropenkrankheiten sowie anfangs feindselig eingestellte chinesische Einwanderer und Ureinwohner polynesisch-malaiischer Abstammung standen dem zunächst im Wege.
Durch den Aufbau einer effizienten und unbestechlichen Verwaltung, der schrittweisen Einführung der allgemeinen Schulpflicht, auch für Mädchen, einer entscheidenden Verbesserung der Gesundheitsversorgung sowie der Schaffung eines modernen Verkehrsnetzes gewannen die Japaner nach und nach das Vertrauen der Einheimischen.
Militärexpeditionen gegen die Kopfjäger in den Bergen, die teilweise bis in die frühen 30er Jahre des 20. Jahrhunderts andauerten, trugen zur endgültigen Befriedigung Formosas bei. Für die enge Anbindung an Japan bezahlten die Taiwanesen einen hohen Preis. 200.000 wurden im 2. Weltkrieg eingezogen, fast 30.000 ließen ihr Leben für den Tenno.
Von den 1945 in Taiwan einrückenden Nationalchinesen als Verräter gebrandmarkt, wird diesen Gefallenen dagegen im Yasakuni-Schrein in Tokyo gedacht. Der offene Hass, der Japanern auch heute noch in China begegnet, ist in Taiwan dagegen durch das Wegsterben der Mainlander, jener mit Chiang Kai-shek nach dem verlorenen Bürgerkrieg 1949 vom Festland geflohenen Personengruppe, fast nicht mehr existent. Viele ältere Taiwanesen, die unter den Japanern zur Schule gegangen sind, unterhalten sich noch heute untereinander auf Japanisch, da sie in ihrer Kindheit kein Hochchinesisch gelernt haben.
Auch deshalb ist Taiwan ein sehr beliebtes Reiseziel für Japaner. Hier sind sie stets willkommen und können auf den Spuren ihrer Vorfahren wandeln.