Als Olaf Scholz und sein Ampel-Kabinett am 8. Dezember feierlich schworen, ihre Kraft „dem Wohle des deutschen Volkes“ zu widmen und Schaden von ihm zu wenden, leisteten sie keine Meineide. Schließlich hat das Bundesverfassungsgericht, das gegen alle naturwissenschaftliche Erkenntnis ein drittes Geschlecht („divers“) erfand, auch den Volksbegriff des Grundgesetzes 2017 neu interpretiert.
Der ethnische Volksbegriff, so die Karlsruher Richter, sei völkisch-neonazistisch und unvereinbar mit der Menschenwürde des Individuums als dem obersten Grundsatz der Verfassung, da er die unbedingte Unterordnung der Person unter ein Kollektiv verlange.
Das kunterbunte Siedlungsgebiet
In diesem Sinne hatte Angela Merkel schon vor Jahren als Deutsche alle Menschen bezeichnet, „die hier leben“, und fortan nur noch von „Bevölkerung“ und „unserem Land“ gesprochen. Nach dem Wahlsieg der Union im Jahr 2013 riß sie Hermann Gröhe eine Deutschland-Fahne aus der Hand, die der CDU-Generalsekretär auf der Siegesfeier schwenkte (noch heute auf Youtube zu sehen).
Zwei Jahre später posierte Merkel für die Handys einiger glückstrahlender Flüchtlinge, die sie zu Hunderttausenden über die Grenze gelassen hatte. In seiner Festrede zur Eröffnung des Berliner Humboldt-Forums wies Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im September 2021 darauf hin, mittlerweile lebten bei uns Menschen aus allen Teilen der Welt: „Sie gehören zu dem, was heute ‚deutsch‘ bedeutet. Sie sind nicht Menschen mit Migrationshintergrund – wir sind ein Land mit Migrationshintergrund.“
Bereits 2010 hatte Robert Habeck, nunmehr Vizekanzler und Superminister, in seinem Buch „Patriotismus. Ein linkes Plädoyer“ freimütig bekannt: „Patriotismus, Vaterlandsliebe also, fand ich stets zum Kotzen. Ich wußte mit Deutschland nichts anzufangen und weiß es bis heute nicht.“ Auch wenn er neun Jahre später erklärte, so würde er das wohl nicht mehr schreiben, ist das Verhältnis der grünen Linken zu ihrer Heimat, gelinde gesagt, mehr als gespalten.
Von Jürgen Trittin heißt es, in seiner Zeit als Bundesumweltminister habe er das Wort „Deutschland“ im Kopf der offiziellen Briefbögen durchgestrichen. Andere wie Claudia Roth, jetzt Staatsministerin für Kultur und Medien, marschierten auf Demos mit, auf denen Deutschland als „mieses Stück Scheiße“ verunglimpft wurde. Auch der Appell, „Ausländer, laßt uns mit diesen Deutschen nicht allein!“, ist unvergessen. Derartige Volksverhetzungen ließ der liberale Rechtsstaat stets ungesühnt.
Man nennt es “Kulturkampf”
Das Motto der Koalition lautet „Mehr Fortschritt wagen“ — ein löbliches Unterfangen, wenn es um Klimaschutz, Digitalisierung, Wohnungsbau, ein zeitgemäßes Gesundheits- und Pflegesystem sowie um andere in den Merkel-Jahren sträflich vernachlässigte Bereiche geht. Doch wie so viele Begriffe des Zeitgeistes — man denke an „Weltoffenheit“, an „Toleranz“ und „Demokratie“ —birgt auch der „Fortschritt“ eine Doppeldeutigkeit.
„Wenn dieser Koalitionsvertrag umgesetzt wird, leben wir in vier Jahren in einem anderen Land“, kündigte Katharina Dröge, die neue Fraktionsvorsitzende der Grünen, an. Was den einen als Verheißung klingt, empfinden andere als Drohung —und beide haben recht, wenn sie an den Kulturkampf denken, der das Land seit langem spaltet. Die drei Regierungsparteien sprechen sich nicht nur für ein forciertes Vorgehen gegen rechte Gewalt und Antisemitismus aus, sondern auch „gegen Queerfeindlichkeit, Antiziganismus, Islamfeindlichkeit und gegen jegliche Form von menschenfeindlichen Einstellungen und Bestrebungen“. Dies zielt in manchen Punkten auf den weiteren Umbau der Gesellschaft im Sinne eines Werte-Relativismus.
Überaus erfolgreich war bisher das Projekt, alle sexuellen Orientierungen als gleichberechtigt durchzusetzen. Bereits unter Rot-Grün (1998-2005) hatte als vorrangige Aufgabe des Staates gegolten: „Gleichstellungspolitik mittels der politischen Strategie des Gender Mainstreaming hat die Bundesregierung als durchgängiges Leitprinzip und Querschnittsaufgabe festgelegt.“
Hierbei geht es um nichts anderes als um die Negierung der bisherigen Realität, die sich in der Geschlechterdifferenz von Mann und Frau und in der Heterosexualität als Norm spiegelt. „Gender“, so die Belehrung, „bezeichnet die gesellschaftlich, sozial und kulturell geprägten Geschlechtsrollen von Frauen und Männern. Diese sind —anders als das biologische Geschlecht —erlernt und damit auch veränderbar.“
Als Konsequenz der von Schwarz-Rot (2005-2009 sowie 2015-2021) fortgesetzten Politik, die heute selbst in Kindergärten und Schulen propagiert wird, ist „Familie dort, wo Kinder sind“ —also auch bei Alleinerziehenden sowie bei schwulen und lesbischen Paaren.
Lange vorbereitet
Als der Zeit-Autor Ulrich Greiner 2009 angesichts der schon damals sichtbaren Erosion der Volksparteien konstatierte, daß dieses Land „in Interessengruppen zerfallen ist“ und es keine die verschiedensten Schichten und Milieus überwölbende Idee mehr gebe, beklagte er nicht zuletzt das Zerstörungswerk seines eigenen Blattes. Wer wie die Leitmedien ständig alle gewachsenen Ordnungen „dekonstruiert“ und eine nationale Leitkultur als „Deutschtümelei“ denunziert, darf sich über das Resultat nicht wundern —der eifrig propagierte Werte-Relativismus mußte zwangsläufig in Nihilismus und Hedonismus enden.
Die von allen Bundestagsparteien mit Ausnahme der später hinzugekommenen AfD verfochtene Ideologie hat letztlich zu einer Frühsexualisierung in Kindergärten und Schulen sowie zur Politisierung in Unternehmen, Vereinen und Massenorganisationen wie dem Deutschen Fußballbund geführt.
Ein kurzer Blick zurück: Am 26. September 2009, pikanterweise einen Tag vor der damaligen Bundestagswahl, erschien als Verlagsbeilage der Süddeutschen Zeitung das erste Produkt des staatlich geförderten Relativismus mit dem Titel „Vielfalt erleben — Das Magazin für Diversity Management“, herausgegeben von Daimler, E.ON, Henkel, McDonald´s und PricewaterhouseCoopers. Dem Geleitwort Maria Böhmers (CDU), in der schwarz-roten Koalition Beauftragte für Migration, Integration und Flüchtlinge, war zu entnehmen, daß bereits Ende 2006 die Unternehmensinitiative „Charta der Vielfalt“ unter der Schirmherrschaft Angela Merkels gegründet worden war.
In dieser Charta verpflichten sich die Mitglieder, „eine Unternehmenskultur zu schaffen, die alle Talente in der Belegschaft fördert und anerkennt — unabhängig von Geschlecht, Rasse, Nationalität, ethnischer Herkunft, Religion oder Weltanschauung, Behinderung, Alter, sexueller Orientierung und Identät“. Mehr als 600 Unternehmen, Hochschulen und Behörden waren damals dem Netzwerk beigetreten.
In der Erstausgabe des Heftes wurde eingeräumt, daß „Diversity Management“ von vielen in den Betrieben als „radikaler Paradigmenwechsel“ empfunden werde. Schließlich gelte es, „eine Arbeitswelt zu schaffen, die ´frei von Vorurteilenˋ ist, wie es die Charta fordert, in der das Verhalten aller von ´gegenseitigem Respektˋ geprägt ist und auf ´Einbeziehungˋ basiert“. Tiefsitzende Überzeugungen müßten dabei aufgegeben werden.
„Das klingt fast nach Kulturrevolution, nach einer Sisyphos-Arbeit. Und das ist es auch“, resümierte einer der Autoren. Kaum mehr zu überblicken sind heute all die Initiativen, Arbeitskreise, Foren und Workshops für „Demokratie und Toleranz“, für „interreligiösen und interkulturellen Dialog“ — staatlicherseits ideell, zumeist auch finanziell unterstützt, um Schritt für
Schritt dem One-World-Konzept, der erträumten staaten- und klassenlosen Weltgesellschaft, näherzukommen.
Keine Besserung in Sicht
Die Ampel, so FDP-Chef und Finanzminister Christian Lindner, werde Schluß machen mit der „Lebenslüge“, daß Deutschland kein Einwanderungsland sei, zugleich aber irreguläre Migration begrenzen. Sein Parteikollege Marco Buschmann wiederum schwärmte vor Übernahme des Justizressorts von den vereinbarten gesellschaftspolitischen Projekten, so von der „neuen Verantwortungsgemeinschaft“, für die sich Menschen auch in nichtehelichen Konstellationen entscheiden können — bis hin zum diskriminierungsfreien Zugang zur Reproduktionsmedizin. Liberalismus sei nämlich „nichts Kühles“, sondern dazu da, die „innersten Wünsche“ der Menschen wahrscheinlicher zu machen. So weit die von der Aussicht auf Fortschritt begeisterten Liberalen.
Und wo stehen die Rechten, die Konservativen? Vorerst auf verlorenem Posten. Von den Unionsparteien ist keine Wende zu erwarten, wie die historische Rückblende gezeigt hat. Im Gegenteil. In der Merkel-Ära war besonders die CDU eine treibende Kraft bei Enttraditionalisierung, Entmoralisierung und Individualisierung der Gesellschaft. Auch die Multiethnisierung hat die CDU entscheidend befördert, so daß heute bereits mehr als ein Viertel der Einwohner ausländischer Herkunft ist.
Statt sich trotz allem auf den Widerstand zu konzentrieren, ziehen mehr und mehr Rechte durch die Innenstädte, wo sie lautstark den Unsinn einer nationalen oder internationalen Corona-Diktatur verbreiten, was vielen ihrer Sympathisanten die Schamröte ins Gesicht treibt. So bleibt nur die Hoffnung auf eine historische Kehre – sei es das Scheitern der Ampel oder ein allgemeines Aufbegehren.