Es ist nur noch eine knappe Woche bis Weihnachten. Die Innenstädte sind festlich beleuchtet, sofern es das Energiesparen zulässt, und die Weihnachtsmärkte hinter den Merkel-Pollern sind dicht besucht. Neben dem üblichen Chaos so kurz vor Weihnachten brachte die vergangene Woche mal wieder etwas Neues mit sich, nämlich eine neue Einstufung des Verfassungsschutzes. Überraschung! Diesmal war es der Landesverfassungsschutz von Nordrhein-Westfalen, der in einer Pressemitteilung vom 12. Dezember erklärte, dass er den Landesverband der Jungen Alternative in NRW nun offiziell als Verdachtsfall führe.
Nachdem die AfD-Parteijugend auf Bundesebene schon seit Längerem vom Inlandsgeheimdienst beobachtet wird, gilt dies ab jetzt auch für den Landesverband im größten Bundesland der Republik. Laut NRW-Innenminister Herbert Reul lägen hierzulande nämlich „verdichtete Anhaltspunkte dafür vor, dass die Junge Alternative nicht nach demokratischen Spielregeln spielt, sondern das eigene rechtsextremistische Regelwerk vorzieht“. So begründete er diese neuerliche Einstufung zumindest auf der offiziellen Netzseite des Landes Nordrhein-Westfalen. Doch was wird der Jungen Alternative konkret vorgeworfen?
„In den vergangenen Jahren sind rechtsextremistische Positionen in der JA NRW dominierend geworden und es findet eine umfassende Zusammenarbeit mit zahlreichen Akteuren der rechtsextremistischen Strömung der Neuen Rechten statt. Darüber hinaus sind Personen mit einer rechtsextremistischen Biografie in der JA NRW aktiv.“
Angeblich strebt die JA NRW danach, Muslime und sogenannte „Menschen mit Migrationsbiografie“ verächtlich zu machen und auszugrenzen. Auch die Kontakte der Jungen Alternative zu anderen vom Landesverfassungsschutz ebenfalls als rechtsextremistisch geführten Organisationen, wie Lukreta oder Revolte Rheinland, seien ein Fall für den Verfassungsschutz. Doch wie nicht anders zu erwarten, folgen auf all die Anschuldigungen und Kampfbegriffe keine Beispiele. Auch in den Verfassungsschutzberichten aus den beiden Vorjahren 2021 und 2022 findet sich keine nachvollziehbare Begründung für die Einstufung der beiden angeführten Organisationen. Dafür lesen sich derartige hochoffizielle Schriften jedoch immer mehr wie Indymedia-Einträge. Allein in der Pressemitteilung vom vergangenen Dienstag lässt sich sechsmal der Begriff „rechtsextrem“ aufspüren. Danke dafür, Herbert Reul!
Ein Schelm auch, wer sich Böses dabei denkt, dass der Inlandsgeheimdienst, der im Übrigen direkt dem Innenministerium und damit Innenminister Herbert Reul von der CDU untersteht, ausgerechnet die Jugendorganisation der größten im Landtag vertretenen Oppositionspartei ins Visier nimmt. Während von allen Parteien, die im Düsseldorfer Landtag sitzen, aktuell nur die AfD einen massiven Aufschwung im Vergleich zur letzten Landtagswahl in den Wahlumfragen erlebt, sie steht aktuell bei 14 Prozent, scheint es der schwarz-grünen Landesregierung ein wichtiges Anliegen zu sein, dieser Trendentwicklung durch Stigmatisierung den Riegel vorzuschieben. Regierungsschutz par excellence eben. Die nächsten Wahlen stehen schließlich an.
Doch wie sich auch in anderen Bundesländern zeigt, scheint die Rechtsextremismus‑, Verdachtsfall‑ oder „Gesichert rechtsextrem“‑Keule des Verfassungsschutzes nicht mehr wirklich zu ziehen.
Erst am 8. Dezember erklärte der sächsische Landesverfassungsschutz die Landespartei für gesichert rechtsextrem. Knapp zwei Wochen später hat die AfD ein nächstes wichtiges Amt errungen. Nach der gestrigen Stichwahl stellt die AfD nun in Pirna mit Tim Lochner ihren ersten Oberbürgermeister.