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Ukraine zwischen Krieg und EU – Horrende Verluste

15. Dezember 2023
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„Wir haben Einstimmigkeit minus einer Stimme“, fasste EU-Ratspräsident Charles Michel den letzten Stand der EU-Beitrittsverhandlungen der Ukraine zusammen. Der Dummsprech des EU-Technokraten ging hierzulande etwas unter, zu sehr lenkt das Zerfallen der Ampelregierung ab. Außerdem ist bald Weihnachten, wer denkt da an so etwas Glanzloses wie die EU-Osterweiterung, wer will unterm Weihnachtsbaum – sofern er denn einen hat – darüber sinnieren, dass ein paar Hundert Kilometer weiter im Osten die zweite Kriegsweihnacht begangen wird?

Ja, es ist still geworden um das große Ringen an der Ostfront. Der Gazakrieg hatte in medialer Hinsicht der Ukraine den Rang abgelaufen, aber wer schert sich denn – abgesehen vom Springer-Konzern – selbst darum noch? Auch in der Aufmerksamkeitsökonomie gilt das erste Gossensche Gesetz – das des abnehmenden Grenznutzens –, und wir scheinen jetzt einen Punkt erreicht zu haben, wo nicht mal der Schrecken aller Schrecken – der Krieg – die überreizte Masse der Deutschen noch irgendwie bewegen würde.

Kann sich noch jemand an die ersten Tage und Wochen des Ukrainekriegs erinnern? Die Invasion, die überraschenden Erfolge der Ukrainer, das Kollabieren der russischen Armee, die Häme darüber, die von Medien und „Experten“ verbreitete Gewissheit, dass die Ukraine in ihrem tapferen Verteidigungskampf bald vor Moskau stehen könnte? Denkt noch jemand an die ukrainische Sommeroffensive und das große Tamtam um die Leopard-Panzer? Ist still geworden, könnte man meinen, die ukrainischen Angriffe haben an keiner Stelle zum herbeigesehnten Frontdurchbruch geführt. Und nicht nur das: Während deutsche Panzer in russische Minenfelder fuhren, waren es nicht selten die Russen, die angriffen. „Unter horrenden Verlusten…“, versicherten uns Medien und „Experten“ und kehrten dabei unter den Tisch, was schon unsere Großväter auf die bittere Tour lernen mussten – dass es Völker und Kulturen gibt, die für den Sieg ihrer Sache einen Preis zu zahlen bereit sind, der uns die Haare zu Berge stehen lässt.

Westliche Geheimdienste schätzen, dass bereits Hunderttausende russische Soldaten verletzt wurden. Die Zahl der Toten kalkulieren sie auf etwa 70.000. Wie hoch diese Zahl bei den Ukrainern liegt, ist noch unsicherer. Man weiß in Kiew nach wie vor die Hoheit an der Informationsfront zu wahren. Aber besonders rosig scheint die Lage nicht zu sein. Ein deutscher Nachrichtenkanal zeigte gestern die Ausbildung ukrainischer Soldatinnen, die sich – natürlich begeistert – für die Front meldeten, um dort die bedrängten Männer zu unterstützen. Währenddessen verhandelt der US-Senat über ein weiteres 61 Milliarden Dollar schweres Waffenpaket. Aber selbst wenn die Republikaner diese weitere ungeheure Verschiebung von US-Steuergeld bewilligen sollten – die Frage, wer mit der Dauer des Krieges diese Waffen bedienen soll, stellt sich ja weiterhin und vor allem zunehmend. Wird es nächstes Jahr wieder eine Sommeroffensive geben? Und darauf das Jahr? Wie lange soll der Krieg noch gehen, wie lange kann die ukrainische Elite noch vom Verteidigungswillen des Volkes zehren? Wie lange ist Selenskyj noch tragbar?

Wenn all diese Fragen beantwortet sind, dann können wir uns gerne dem EU-Beitritt eines korrupten, mit den Altlasten von Tschernobyl und den Neulasten des Krieges bedachten Landes widmen. Fast 15 Prozent der ukrainischen Bevölkerung sind ins Ausland verzogen und bringen sich zumindest hierzulande eher schlecht in den Arbeitsmarkt und das Bildungswesen ein. Heißt: Wer zahlt für das weitere EU-Mitglied? Oder bellizistisch ausgedrückt: Wer ist bereit, die horrenden Verluste für den eigenen Wohlstand zu tragen? Ja, die Frage ist rhetorisch. Wir Deutschen kämpfen zwar keine Kriege mehr, aber Opfer verlangt man von uns dennoch.

Friedrich Fechter

Nachdem sich Fechter von den beiden Chefs die Leitung der Netzredaktion hat aufquatschen lassen, musste er mit Enttäuschung feststellen, dass die Zeiten von Olymp-Schreibmaschinen und reizenden Vorzimmerdamen vorbei sind. Eine Schreibmaschine hat er sich vom hart erarbeiteten Gehalt trotzdem gekauft. Und einen antiken Schreibtisch. Auf irgendwas muss man im Hausbüro schließlich einprügeln können, wenn die faulen Kolumnisten wieder ihre Abgabefristen versemmeln…

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