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Landtagswahl in Niedersachsen – Hasta la vista, FDP!

11. Oktober 2022
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Niedersachsen hat gewählt, und die FDP ist mit 4,7 Prozent aus dem Landtag geflogen. Damit ist Niedersachsen das vierte deutsche Bundesland nach Brandenburg, dem Saarland und Sachsen, in dem die FDP nicht mehr im Landtag vertreten ist. Die Liberalen sind entsetzt: Wie konnte das passieren? Zwischen Ratlosigkeit und Vorwürfen gegenüber dem Wähler („Niedersachsen ist links“) kristallisiert sich vor allem eine Erklärung heraus: Die Ampel ist schuld.

Nah dran, aber auch vorbei: Natürlich ist die Bundespolitik der FDP für das schwache Ergebnis auf Länderebene mitverantwortlich. Aber nur indirekt. Denn hier begehen die trauernden FDPler einen folgenschweren Denkfehler. Die schlechten Umfrageergebnisse auf Bundesebene sind kein Resultat der Ampel selbst, sondern ein Resultat einer charakterlosen und entkernten FDP, die seit Jahrzehnten als Mehrheitsbeschafferin mit der Regierung ins Bett hüpft – mittlerweile sogar mit den Grünen.

Nachdem ich 2009 als begeisterter Jungliberaler die FDP gewählt hatte und die Partei mit Guido Westerwelle an der Spitze bärenstarke 14,7 Prozent eingefahren hatte, war ich am Ziel meiner politischen Träume. Eine liberal-konservative Regierung – ein Bollwerk gegen die Sozialisten von Rot-Grün. 13 Jahre später ist man etwas weiter und schmunzelt über die eigenen Gedanken.

Wie auch immer: Die FDP stellte 2009 die Regierung und brach in den Folgemonaten so ziemlich alle Wahlversprechen, um irgendwie Schwarz-Gelb nicht platzen zu lassen. Nach vier Jahren, 2013, flog die FDP mit wehenden Fahnen erstmals aus dem Bundestag und gab sich anschließend geläutert. Man wolle jetzt sein liberales Profil schärfen und zum Markenkern der Partei zurückkehren. 2017 – die FDP war wieder im Bundestag – täuschte der dynamische Lindner eine kurze Jamaika-Liaison an, nur um sich danach stolz vor seine Wähler zu stellen: Nicht mit uns! Die FDP ist keine Mehrheitsbeschaffer-Partei. Die FDP-Anhänger jubelten. Ein FDP-Zyklus war abgeschlossen – das Ansehen der Partei kurzfristig wiederhergestellt.

Vier Jahre später: Ein von staatlichen Corona-Maßnahmen zerrüttetes Land schreitet zur Wahlurne. Und wieder fährt die FDP ein für liberale Verhältnisse sehr starkes Ergebnis von 11,5 Prozent ein. Viele Menschen waren der Corona-Politik überdrüssig und erhofften sich mit einer starken FDP ein Ende der wahnwitzigen Maßnahmen. Dass sie direkt nach der Wahl durch das Abstimmungsverhalten der FDP bezüglich neuer Maßnahmenpakete erneut hintergangen wurden, ist den meisten Wählern noch präsent. Nicht zuletzt stimmte eine liberale Partei für eine Zwangsimpfung des Pflegepersonals. Im Klartext: Wer nicht bereit war, sich mit einem unsicheren Impfstoff spritzen zu lassen, dem wurde von liberalgouvernementalen Gnaden die Lebensgrundlage entzogen.



So weit zur Fledermausgrippe: Der einigermaßen entspannte Corona-Sommer vertagte die endgültige Entscheidung des Wählers bezüglich „seiner“ liberalen Partei. In bundesweiten Umfragen verlor die FDP zumindest „nur“ 3,5 Prozentpunkte. Wäre „Corona“ das brennende Thema des Sommers gewesen, hätte die FDP mehr Federn lassen müssen. So fungiert sie derzeit nur als Mehrheitsbeschafferin einer außenpolitisch aggressiven rot-grünen Regierung, was zwar einige Liberale enttäuschen wird, aber sicherlich kein freiheitliches Spaltthema wie Corona, Klimaschutz oder Wohlfahrts- und Steuerpolitik ist. Sobald die Ampel aber wirtschafts- und energiepolitisch den Laden krachend an die Wand fährt, was in den nächsten Monaten mit nicht geringer Wahrscheinlichkeit eintritt, werden auch die verbliebenen FDP-Wähler das sinkende linksliberale Schiff verlassen – viele davon zu einer deutlich liberaleren AfD. Und da wären wir beim Stichwort.

Ein Blick auf die Wählerwanderung in Niedersachsen zeigt, dass die meisten unzufriedenen FDP-Wähler die AfD sehr wohl als Alternative betrachten. Das widerspricht der Fremdzuschreibung der AfD auf zwei Ebenen: Zum einen glauben offensichtlich viele liberale Wähler die Rechtextremismus-Erzählung nicht mehr, zum anderen ist die „national-sozialistische AfD“, ein Narrativ, das nicht zuletzt von vielen enttäuschten libertären Dogmatikern, aber auch dem Mainstream verbreitet wird, für den Wechselwähler sekundär. Natürlich ist die AfD keine lupenreine liberale und erst recht keine libertäre Partei, und natürlich hat sich die AfD inhaltlich – nicht personell – in staatstragendere Gefilde entwickelt (das Rentenkonzept lässt grüßen) als noch als wirtschaftsliberale Professorenpartei. Dennoch ist der freiheitliche Flügel der AfD stark genug, um die unzufriedenen FDP-Wähler aufzufangen.

Und das ist nicht nur für die AfD, sondern vor allem für die FDP der „Gamechanger“. Funktionierte ein FDP-Zyklus bis vor Kurzem noch wunderbar innerhalb von acht Jahren (Regierungsverantwortung – Enttäuschung – Abstrafung – Läuterung – Wiederaufstieg), wird sich dies nun ändern. Denn die Wähler, die aktuell von der Ampel-FDP enttäuscht sind, werden nur noch teilweise ins Lager der CDU oder zu den Nichtwählern flüchten und dort warten, bis die FDP wieder wählbar ist – oder ihr Erinnerungsvermögen getrübt. Stattdessen werden sie – sollte die AfD ihren Außenauftritt und ihre Professionalität weiter verbessern – eine neue Heimat bei den Blauen finden.

Genau diese Grundtendenz hat die Wahl in Niedersachsen gerade gezeigt. Die AfD ist nicht nur aus Sicht eines Patrioten eine wichtige Partei, weil sie eine ideologische Lücke füllt, sondern auch aus einem anderen Grund: Sie wirkt als Korrektiv auf die CDU und die FDP ein. Während die CDU dies begriffen hat und mit oppositionellem Zähnefletschen den konservativen Hardliner vorgaukelt, steht die FDP schlecht da: Denn sie ist auf die Kooperation mit SPD und Grünen angewiesen. So arbeitet Lindners Partei am neuen Unter-Fünf-Prozent-Projekt und wird – dieses Mal auch dauerhafter – viele Wähler an die AfD verlieren. Aus strategischer Sicht wird es die Aufgabe der AfD sein, das liberale Grundprofil der Partei weiter zu pflegen, ohne die „sozialpatriotischen“ Wähler zu verschrecken. Die große Schnittmenge dieser beiden Hauptklientele liegt bei der Entlastung des einfachen Bürgers und des deutschen Mittelstandes.

Florian Müller

Der Sklaventreiber-Chef hat diverse Geschwätzwissenschaften studiert und nach eigenen Angaben sogar abgeschlossen. Als geborener Eifeler und gelernter „Jungliberaler“ freundete er sich schnell mit konservativen Werten an – konnte aber mit Christentum und Merkel wenig anfangen. Nach ersten peinlichen Ergüssen entdeckte er das therapeutische Schreiben in der linksradikalen Studentenstadt Marburg, wurde Autor für die „Blaue Narzisse“ und „eigentümlich frei“. Ende 2017 gründete er mit Hannes die Krautzone.

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