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Monopol. Und dann?

7. Oktober 2021
in 2 min lesen

Am Montagabend war Zuckerbergs Imperium plötzlich nicht mehr zu erreichen. Hätten wir nicht just zu diesem Zeitpunkt unsere neue Ausgabe bei Instagram bewerben wollen, wäre uns das wahrscheinlich gar nicht weiter aufgefallen. Ein Abend ohne Instagram/Facebook/WhatsApp zeigt, welche marginale Rollen diese Netzwerke noch in unserem privaten Leben spielen.

Vor Kurzem veröffentlichte Netzpolitik.org einen lesenswerten Artikel über den PayPal-Mitgründer, Milliardär und Großinvestor Peter Thiel. Genau wie Zuckerberg umgibt auch Thiel diese Aura des unnahbaren, autistischen Machtmenschen. Und auch wenn zwischen Thiel und Zuckerberg 17 Jahre liegen, so scheint sich zwischen beiden ein Raum aufzuspannen, in dem eine Handvoll genialischer Macher mit viel Geld und revolutionären Ideen das Leben von Milliarden Menschen umkrempeln wollen. Fiktion und Realität, Dichtung und Wahrheit sind hier untrennbar miteinander verwoben.

Was der besagte Artikel vor allem thematisiert, ist Thiels Haltung zum Wettbewerb. Hier wird es etwas verzwickt: Thiel ist Libertärer und gilt gemeinhin als konservativ, ja vielleicht sogar rechts – sein erstes Buch, erschienen 1996, trägt den Titel „The Diversity Myth: Multiculturalism and Political Intolerance on Campus“. Von ihm stammt das treffende Bonmot: „Most importantly, I no longer believe that freedom and democracy are compatible“, was ihn, neben seiner Unterstützung der Republikaner, für den Mainstream anrüchig macht. So weit, so gut. Thiel jedenfalls ist der Auffassung, dass Wettbewerb schädlich sei und gut geordnete Monopole in verantwortungsvollen Händen am besten wüssten, was gut für ihre Kunden sei.

Und hier haben wir dann diesen futuralistischen Cäsarismus, der sich selbstredend auch auf Zuckerberg und Konsorten abfärbte. PayPal, Facebook oder Google sind Konzerne, die sich allein über ihren Netzwerkeffekt unverzichtbar machen und sich dem heiligen, weil reinigenden Prozess des Wettbewerbs gar nicht erst stellen, sondern jeden aufploppenden Konkurrenten aufkaufen, einverleiben oder gleich plattmachen. Die unternehmerische Anmaßung, man könne mit seinem Konzern ganz allein seinen Markt bedienen, ist weder neu noch originell. Josef Neckermann hatte diese Vision im Wirtschaftswunderland Deutschland, Henry Ford wollte gar eine Stadt im Dschungel Amazoniens errichten, und auch die Volksprodukte und Volksdienstleistungen des Nationalsozialismus sind Ausweis dieser Hybris: „Wir wissen, was gut für dich ist.“

Alle diese Projekte scheiterten, weil der „Prozess der kreativen Zerstörung“ (Schumpeter) auch in Zukunft Schicksal bleibt. Nicht jeder neue Marktteilnehmer wird sich seine vielversprechende Alternative für ein paar Milliarden Dollar aus der Hand reißen lassen. Und die bestehenden sozialen Netzwerke werden nicht ewig die Bedürfnisse befriedigen können, die sie selbst erzeugt haben. Deutsches Facebook und Twitter sind schlichtweg unattraktiv. Ganz ehrlich: Was will ich, egal ob Privatmann oder Unternehmer, zwischen pöbelnden Boomern und geifernden Linken denn noch länger? „Gabi‘s Friseursalon Haarscharf“ steht und fällt mit der Qualität ihrer Arbeit, nicht mit irgendwelchen dummen Statusmeldungen. Und sind die Profile „alter Schulfreunde“ so interessant? Die Leute gingen mir damals schon am Arsch vorbei.

Ihre Kernkompetenz, nämlich Kommunikation, können soziale Netzwerke wie Facebook und Twitter kaum erfüllen. Keine politische Diskussion unter Fremden, die nicht mit Hitler und den Nazis endet. Keine Story eines „Freundes“, die nicht den Fremdschamfaktor auf Level 9.000 treibt. Zuckerbergs Imperium ist wie das spätrömische Reich: Anonyme Menschenmassen, alle versehen mit dem Bürgerrecht, alle gleich, manche eben gleicher, blind herumwuselnd, sinnsuchend. Wir wissen ja, wie das endete.

Friedrich Fechter

Nachdem sich Fechter von den beiden Chefs die Leitung der Netzredaktion hat aufquatschen lassen, musste er mit Enttäuschung feststellen, dass die Zeiten von Olymp-Schreibmaschinen und reizenden Vorzimmerdamen vorbei sind. Eine Schreibmaschine hat er sich vom hart erarbeiteten Gehalt trotzdem gekauft. Und einen antiken Schreibtisch. Auf irgendwas muss man im Hausbüro schließlich einprügeln können, wenn die faulen Kolumnisten wieder ihre Abgabefristen versemmeln…

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