Nancy Faeser ist zu weit gegangen

19. Juli 2024
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Nancy Faeser ist zu weit gegangen. Mit ihrem Verbot des „Compact“-Magazins von Jürgen Elsässer und der dazugehörigen Filmproduktionsfirma dürfte die Innenministerin ganz Deutschland geschockt haben. Ausgenommen einiger ausgesuchter Medienhäuser, die bereits im Vorfeld über die Razzien mit 339 Bundespolizisten informiert waren, um das Geschehen vor Ort in Szene zu setzen.

Faeser stützt das Verbot der GmbH auf das Vereinsgesetz, genauer gesagt § 3 i.V.m. Art. 9 des Grundgesetzes. Sie behandelt die Redaktionsfirma wie einen Verein, um ihn dann verbieten zu können. Denn auf dem Pfad des Presserechts hätte Faeser ein Problem. Dort ist nicht der Bund, sondern die Länder zuständig. Außerdem müsste man sich dann mit so ärgerlichen Sachen wie der Pressefreiheit herumschlagen, die – wie das Bundesverfassungsgericht schrieb – „schlechthin konstituierend für die freiheitlich-demokratische Grundordnung“ ist. Aber nicht für Nancy Faeser. Die hantiert lieber mit den üblichen Anschuldigungen wie Demokratiefeindlichkeit, was sie uns in einem einminütigen Clip vom Teleprompter abliest.

Dabei unterliegt Faeser mit diesem abenteuerlichen Verbotskonstrukt einem Fehler, den ihr untergebener Verfassungsschutzpräsident Haldenwang häufiger begeht: Kritik an der Regierung, dem Regime oder dem System als Beschreibung für den politisch-medialen Komplex ist keine Kritik an der Demokratie. Und selbst die wäre erlaubt, wie der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte bereits 1976 feststellte:

„Das Presserecht schützt auch Aussagen und Informationen, die den Staat oder Teile der Bevölkerung schockierend verletzen.“

Das Bundesverfassungsgericht hat die Bedeutung der Pressefreiheit in seinen Urteilen auch immer wieder hervorgehoben und schließlich ist das bereits im Art. 5 Abs. 1 S. 3 unseres Grundgesetzes angelegt:

„Eine Zensur findet nicht statt.“

Dem liegt der Gedanke zu Grunde, dass nur ein freiheitlicher Austausch von Meinungen und Ansichten dazu geeignet ist, demokratische Meinungsbildung zu ermöglichen. Dazu gehören auch Meinungen, die der Regierung zuwiderlaufen oder gegen einen vermeintlichen Konsens verstoßen. „Compact“ selbst hat noch nie ein gerichtliches Verfahren verloren. Obwohl Faeser von der Verbreitung antisemitischer, rassistischer, minderheitenfeindlicher, geschichtsrevisionistischer und verschwörungstheoretischer Inhalte spricht, gab es nie eine Verurteilung.

Kannte Faeser die Rechtslage nicht und war einfach schlecht beraten? Nein, man muss davon ausgehen, dass sie in Kenntnis der Rechtslage so handelte. Warum? Weil sie keinen juristischen Kampf führt, sondern einen politischen. Und da sitzt sie als Ministerin am längeren Hebel. Denn die Klage gegen das Verbot wird Jürgen Elsässer Geld und vor allem Zeit kosten. Und bis das Bundesverfassungsgericht entschieden hat, sind wahrscheinlich Jahre ins Land gegangen. Jahre, in denen „Compact“ verboten, das Vermögen eingefroren und Elsässer die publizistische Betätigung untersagt ist. Das Handeln von Faeser kann man in diesem Licht durchaus als mutig betrachten. Mutig, weil dadurch offensichtlich wird, wie der politische Kampf gegen die Opposition in diesem Land geführt wird. Die wird nämlich nicht, wie immer wieder auch von Faeser beschworen mit Argumenten gestellt, sondern schlichtweg verboten.

Bereits jetzt kritisieren zahlreiche Verfassungsrechtler, ehemalige Verfassungsrichter, Medienrechtler und Medienhäuser das Vorgehen von Faeser als höchstwahrscheinlich verfassungswidrig. Ein Medienhaus scheint aber ganz auf der Seite von Faeser zu stehen. So veröffentlichte der „Spiegel“ nur kurz nach der Verbotsverkündigung fünf Artikel, in denen er „Compact“ in ein schlechtes Licht rückt und das Vorgehen von Faeser verteidigt: Die Skepsis an dem Verhalten Faesers sei gut, „aber das Verbot ist besser“. Gerade beim „Spiegel“ müsste man wissen, was es heißt, unter staatlichen Willkürmaßnahmen zu leiden. In der „Spiegel-Affäre“ ging der damalige Bundesverteidigungsminister Franz Josef Strauß aufgrund kritischer Aussagen über die Verteidigungsfähigkeit Deutschlands gegen das Magazin vor und verlor – am Ende auch seinen Posten als Verteidigungsminister. Der Ausgang dieser Affäre wird heute als Stärkung der Pressefreiheit in Deutschland und damit als Sieg des Grundgesetzes vor politischem Machtmissbrauch gesehen.

Ich bin mir sicher, dass das auch hier so sein wird. Der Rechtsstaat wird „Compact“ auf hoffentlich kurze – wahrscheinlich lange Sicht Recht geben oder zuvor das Innenministerium das Verbot zurücknehmen. Und was Faeser angeht – die ersten prominenten Rücktrittsforderungen werden bereits laut. Dabei ist ihr nicht nur Machtmissbrauch vorzuwerfen, sondern auch Doppelmoral. Faeser selbst hat im Juli 2021 einen Gastbeitrag im „antifa-Magazin“ der VVN-BdA geschrieben. Den Verein stuft das bayerische Landesamt für Verfassungsschutz als „die bundesweit größte linksextremistisch beeinflußte Organisation im Bereich des Antifaschismus“ ein. Weiter betrachtet nach ihm der VVN-BdA „alle nicht marxistischen Systeme – also auch die parlamentarische Demokratie – als potenziell faschistisch […], die es zu bekämpfen gilt.“ Das führe ich nicht an, weil ich den Verfassungsschutz für eine glaubwürdige Quelle halte, aber weil Faeser ihm als Innenministerin vorsteht und wenigstens sie sich an die Wertungen halten sollte.

Soviel zur Verteidigung unserer parlamentarischen Demokratie. Und des Grundgesetzes. Immerhin prangt auf der Seite des Innenministeriums neben der Verbotsmeldung von „Compact“ das Banner „Wir feiern 75 Jahre Grundgesetz“. Nach feiern ist mir jetzt gerade nicht zu Mute. Aber dieser Vorgang zeigt, dass wir jeden Tag aufs Neue unsere grundrechtlich gewährten Freiheiten als Schutzschild der Bürger gegen den Staat verteidigen müssen. Das „Compact“-Magazin wird es tun. Für sich und damit auch für uns alle. Denn die Beschränkung der Presse- und Meinungsfreiheit geht uns alle an.

Felix A. Cassel

Die Rechtsphilosophischen Ideen Carl Schmitts sind für den Bonner Jurastudenten genau so wichtig wie sein Zweitname - auch wenn die Redaktion ihn zur Abkürzung zwingt. Anders als Schmitt schreibt er aber nicht „zu Juristen und für Juristen“, sondern übersetzt richterliche Entscheidungen der "BRD im Endstadium" für den einfachen Bürger - ein typischer "Rechts-populist" also.

2 Comments Leave a Reply

  1. Ich bin mehr über die Leute schockiert, die über das Compact-Verbot schockiert sind. Trotz Grundgesetzes, gibt es doch in Deutschland seit Jahrzehnten keine Meinungsfreiheit und Zensur findet tãglich statt. Das ist doch nichts neues.

  2. „ganz Deutschland geschockt“? Wohl kaum, für die meisten quantitätsjournaillisch Desinformierten Dösmichel wird das bestenfalls nur eine Randnotiz gewesen sein, und da es „gegen rrröööchts“ geht oftmals sogar wohlwollend zur Kenntnis genommen und wieder vergessen worden.

    Den Rechtsstreit wird die Antifäserantin nicht fürchten, denn es sind trotz erwartbarem Ausgang schließlich unsere Teuergelder die sie da (we sonst millionenfach) für ihre Agenda verheizt.

    Und der Banner auf der Innenmisteriumsseite sollte nicht nur angesichts dieser letzten Gesinnungsfarce korrigiert werden: „Wir feuern 75 Jahre Grundgesetz“

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