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Robert Habeck hat keine Heimat

12. April 2022
in 4 min lesen

Robert Habeck, mittlerweile hat er es zum Wirtschaftsminister von Deutschland gebracht, hat vielleicht als der erste Grüne verstanden, dass „Heimat“ eines der wichtigsten politischen Felder überhaupt ist und daher beackert werden muss. Habeck fischt seit Jahren im bürgerlichen Lager und verkörpert die bodenständige Wohlfühlpolitik, mit der die Grünen mehrheitsfähig wurden. Mit seinem Buch „Patriotismus: Ein linkes Plädoyer“ (erschienen 2010) setzt er sich sogar explizit dafür ein, die Deutschlandliebe den Rechten zu entreißen – und sie auf eine abstrakte und rationale Ebene wie „Erneuerung der Demokratie“ umzubiegen. Linke sollen mit dem Heimatbegriff auch etwas anfangen können, und die Politik müsse sich für die Heimat einsetzen.

Umso erstaunlicher ist es, dass Habeck offensichtlich nicht die leiseste Ahnung hat, wovon er spricht. In einem Interview von 2018 fühlte Jonas Schaible dem Grünen-Chef auf den Zahn und wollte wissen, was „Heimat“ denn konkret heiße. Nach ewig langem Herumgeeiere kommt man zum Kern von Habecks Denken:

„Schaible: Man könnte trotzdem andere Begriffe probieren, die weniger negativ konnotiert sind und weniger widersprüchlich. ‚Zuhause‘ zum Beispiel. Warum hängen Sie so am Begriff Heimat?

Habeck: Weil er ein utopisches Potential hat. Utopie heißt ja Nicht-Ort, und Heimat ist eine Utopie. Einige würden sagen, das ist ein Widerspruch. Aber gerade darin liegt auch der Reiz. Ich kämpfe für diesen Begriff, weil der Politik das Utopische fehlt. Es gibt ein Heimweh nach einer Politik, die mehr ist als das Durchwursteln durch das Tagesgeschäft.“

(Den Interessierten empfehle ich das gesamte Interview, da es viele weitere interessante Antworten liefert.)

Als ich diese Stelle das erste Mal las, empfand ich eigentlich nur eines: Mitleid. Denn offensichtlich weiß Habeck nicht, was „Heimat“ bedeutet. Er hat keine Heimat. Wenn er sagt, dass „Heimat“ utopisches Potenzial, konkret als „Nicht-Ort“, hat, dann kann man tief in Habecks Seele blicken. All seine anderen Phrasen werden in diesem Augenblick bedeutungslos. Er redet als Blinder von Farben, die ihm ein Außenstehender beschrieben hat. Er redet wie ein Kind von Themen, die es seinen Eltern nachplappert, aber nicht ansatzweise begreift.

Auch der Interviewer fischt im Dunkeln und verwechselt „sich auskennen“ mit Heimat. Die deutsche Form des angelsächsischen Dummsatzes: „Home is where the WIFI connects automatically.“

„Schaible: Wie finden Sie diesen Vorschlag: Heimat ist dort, wo man die Besteckschublade einräumen und die Abkürzung zum Badesee nehmen kann. Abstrakter: In der Heimat kennt man sich aus, ist handlungsfähig und von der eigenen Selbstwirksamkeit überzeugt.

Habeck: Wenn es in die Zukunft gerichtet ist, bin ich dabei. Heimat wäre dann das Zukunftsversprechen, dass wir wieder die Abkürzung zum Badesee nehmen können. Dass wir uns handlungsfähig fühlen.“

Habecks Antwort ist schließlich nur noch linke Rabulistik, um sich nicht selbst zu widersprechen. Aber wo kommt so ein trauriges Denken her?

Zwar ist über Habecks Vater nichts bekannt, aber zeitlich könnte er zu den Alt-Achtundsechzigern gehören, die sich als erste Generation gegen einen Heimatbegriff wandten. Diese These unterstützt auch folgendes Interview, denn offensichtlich steht Habeck nicht alleine da: Lisa Jani, Richterin und Pressesprecherin am Berliner Strafgericht, wurde im Zuge eines Medienprojektes gefragt, was für sie Heimat bedeutet:

(Die Interessierten können auch noch gerne weiterschauen, wie sie öffentlich zugibt, für das grundrechtliche Kernprinzip von Staatsbürgerschaft „nicht so zugänglich zu sein“, warum „Volk“ ein Nazibegriff ist und ihre Kritik an der Einstufung ihres Äußeren als deutsch – schließlich sehe sie auch skandinavisch aus…)

Habeck und Jani, so unterschiedlich die beiden in anderen Belangen sein mögen, ähneln sich stark: Auch Jani versteht überhaupt nicht, was „Heimat“ überhaupt heißt, wenngleich sie den Begriff – um in ihrem Kopf aufgrund eines offensichtlichen metaphysischen Bedürfnisses keine mittelschweren Dissonanzen entstehen zu lassen – einfach auf „Familie“ überträgt.

Eine Sache unterscheidet Habeck und Jani. Ersterer muss, um Wählerstimmen zu fischen, sich als heimatliebender Grüner darstellen, Jani kann ohne Heimat in ihrer Heimat richten, ohne sich zu verstellen. „Heimat“ kann vieles heißen, und der Zugang zu einem der wichtigsten emotionalen Güter in einer sich auflösenden Moderne ist für den Menschen unterschiedlich. Ob man den Begriff erklären kann? Vermutlich nicht – wodurch im Zeitalter der Aufklärung auch mehr und mehr Menschen nicht verstehen, warum man seine Heimat oder sein Land liebt. Ähnlich verhält es sich auch mit Gott – dem, zum Leidwesen postmoderner Protestanten, nicht mit einer rationalen Erklärung näher zu kommen ist.

Ich für meinen Teil weiß, was Heimat ist: Im Sommer 2013 kam ich aus einem einwöchigen Urlaub aus dem sonnendurchfluteten Sardinien zurück. Traumstrände, bestes Essen, eine angenehme Reisebegleitung – der Urlaub verging wie im Flug, und auf einmal saß ich in einem viel zu kleinen Sitz eines Billigfliegers auf dem Weg ins graue Deutschland. Wir flogen in ein Tiefdruckgebiet, der Regen peitschte an die Fenster, das Flugzeug wackelte, ich hatte als unerfahrener Südurlauber allen Ernstes noch eine kurze Hose an. Irgendwann sah man dann die Wolken aufreißen, und es durchfuhr mich wie ein Blitz mit gnadenloser Gewissheit: Hier will ich leben, und hier will ich sterben. Warum es mich so erwischte, weiß ich bis heute nicht. Mein Elternhaus war politisch eher links, wenngleich ich nicht mit Antideutschtum oder sonstigen intellektuellen Krankheiten in Berührung kam. Aber es war bei Weitem nicht so, dass ich von Volksfest zu Volksfest getingelt wäre, die Nationalhymne mitgesungen oder mit hochgezogenen Kniestrümpfen die Eifel erwandert hätte. Das kam dann erst später.

Ich glaube, jeder Mensch kann eine Heimat haben – und zwar nicht im Habeckschen oder Janischen Sinne, sondern eine richtige Heimat, wie sie seit Jahrtausenden als menschliche Konstante immer eine zentrale Rolle gespielt hat. Man muss sie im Angesicht linker Dauerpropaganda und Deutschlandhass nur zulassen und sich auf seine ganz eigene Weise nähern: über die Kultur, über die Geschichte, über Sprache, über Bücher, über Auslandsaufenthalte. Tief in sich drin ahnt auch ein Grünen-Wähler, dass er seine Heimat liebt. Das weiß auch Robert Habeck, der sich, durch und durch Politprofi (schaut euch die Bilder aus dem Interview einfach mal an), als Heimatfreund inszeniert, um Mehrheiten zu ergattern.

Florian Müller

Der Sklaventreiber-Chef hat diverse Geschwätzwissenschaften studiert und nach eigenen Angaben sogar abgeschlossen. Als geborener Eifeler und gelernter „Jungliberaler“ freundete er sich schnell mit konservativen Werten an – konnte aber mit Christentum und Merkel wenig anfangen. Nach ersten peinlichen Ergüssen entdeckte er das therapeutische Schreiben in der linksradikalen Studentenstadt Marburg, wurde Autor für die „Blaue Narzisse“ und „eigentümlich frei“. Ende 2017 gründete er mit Hannes die Krautzone.

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