Ich will meine Kolumne heute mal nutzen, um etwas „Visibility zu spreaden“, wie die coolen Kids sagen. Und zwar des staatlich finanzierten pädagogischen Begleitmaterials zum Buch „Julian ist eine Meerjungfrau“ für Kita-Erzieher. Auf den Schmöker stieß ich durch eine Empfehlung auf dem „Regenbogenportal“, das 2019 unter der großen Koalition vom Familienministerium gegründet wurde und seitdem knapp 1,6 Millionen Euro Steuergeld fraß. Auf der Seite, die zum Auftrag hat, über „queere Themen“ aufzuklären, sind neben einigen Artikeln in Länge eines etwas ausufernden Twitter-Threads größtenteils Drittinhalte verlinkt, meist ebenso von Steuergeld finanziert, nur halt nicht von den erwähnten anderthalb Millionen für das „Regenbogenportal“, sondern aus anderen Selbstbedienungsläden ähnlicher Couleur.
So auch bei dem Begleitmaterial zu „Julian ist eine Meerjungfrau“, welches eine Gemeinschaftsproduktion von „Queerformat“ (finanziert vom Berliner Senat), „Be Berlin“ (einer Kampagne des Landes Berlin) und der IGSV (einer Initiative des Berliner Senats) ist. Das Buch selber soll laut dem „Regenbogenportal“ Kindern ab dem Alter von vier Jahren eingeflößt werden, und Zweck des Begleitmaterials ist es, Kita-Erziehern als Leitfaden für das Nahebringen des Inhalts des Buches zu dienen.
Die Broschüre macht keinen Hehl daraus, worum es hier geht: Das Spielen mit der Identität einer Meerjungfrau steht stellvertretend für das Spielen mit der Identität des jeweils anderen Geschlechts. So wird stets betont, wie wertvoll das Buch dafür ist, Rollenbilder und Geschlechtervorstellungen aufzubrechen. Ein schwarzer, mit seiner dicken, schwarzen Oma lebender Junge verkleidet sich darin unter Zuhilfenahme von Lippenstift, einer weißen Gardine und ausgerissenen Blättern einer Zimmerpflanze als Meerjungfrau und wird von seiner Erziehungsberechtigten in dieser Verwandlung akzeptiert und bestärkt.
Allgemein gibt es in dem Buch keinerlei weiße Figuren, wie der Leitfaden lobend hervorhebt. Das Buch empfiehlt den Kita-Angestellten auf Seite 15 zudem, auch die anderen Bücher und Spiele auf ihre rassische Reinheit zu überprüfen, sowohl, was die handelnden Figuren als auch, was die Autoren anbelangt; die Medien der Tagesstätte seien gezielt um vielfältigere Werke vielfältigerer Autoren zu ergänzen. Kritische Rassentheorie findet sich auf Seite 12, wo die Lehre der von Weißen geschaffenen Kategorie „Rasse“ und bis heute darauf basierend fortbestehender omnipräsenter Unterdrückung wiedergekäut wird. Das Wort „schwarz“ taucht in dem 47 Seiten langen Dokument 53-mal auf. „of Color“, neulinker Slang für „nicht weiß“, findet sich 28-mal.
Der Unterstellung, Kinder im Sinne einer politischen Agenda zu indoktrinieren, würden die Autoren vermutlich nicht einmal wirklich widersprechen. So schreiben sie auf Seite 11: „Kitas sind keineswegs unpolitische Räume. Mit etwas Aufmerksamkeit können wir alle Themen wahrnehmen, die auch im Rest der Gesellschaft verhandelt werden (…) Pädagogischen Fachkräften wird hierbei eine besonders wichtige Rolle in der Begleitung der Kinder zuteil, da auch ihr Handeln und Sprechen Kindern klare Botschaften darüber vermittelt, was gesellschaftlich auf- und was abgewertet wird.” Und was hier auf- beziehungsweise abgewertet werden soll, ist auch abseits des Rassischen mehr als klar. Eine Handlungsempfehlung, sollte ein Kind „seine Ablehnung dagegen ausdrücken, dass Julian eine Meerjungfrau sein möchte” oder, und jetzt aufgepasst: „bekräftigen, dass ES SELBER keine Meerjungfrau sein will”, lautet: „Falls diese Reaktion kommt, ist es wichtig, eine Lesepause einzulegen und Raum für Gespräche zu eröffnen. (…) ‚Was wäre, wenn euch gesagt werden würde, dass ihr das nicht sein/machen dürft, oder dass ihr nicht so tun dürft als wärt ihr XYZ? Wie würdet ihr euch dann fühlen?‘ (…) Erklären Sie den Kindern, dass Kleidung, Lieblingsfarben oder Frisuren für alle Kinder da sind, und dass man an ihnen kein Geschlecht ablesen kann: ‚Jungs können Kleider oder Hosen anziehen oder Meerjungfrauen sein.‘”
Sobald ein Kind also angibt, für sich selber kein Interesse an der Aufweichung der eigenen Geschlechtsidentität zu haben, muss sofort contra kommen. Leseunterbrechung, Schuldgefühle, Mantra abspulen. Klar ist: Es soll suggeriert werden, dass es etwas falsch gemacht hat. Wie sieht es auf der anderen Seite aus, wenn der kleine Jonas auf den Meerjungfrauen-Geschmack gekommen ist? „Reagieren sie positiv auf den Wunsch des Kindes, und signalisieren Sie dem Kind klar Ihre Unterstützung.” Es ist simple Konditionierung. „Böse, sei tolerant und schnapp dir Lippenstift und ‘ne Topfpflanze; fein, hier ist ein Leckerli.”
Abschließend wird der Vorschlag einer „Ozeanparade” unterbreitet, die den diskriminierungsbehafteten Karneval ablösen soll. Hier sollen sich die Kinder verkleiden, zum Beispiel oder vor allem die Jungen als Meerjungfrau, wie bildlich und auch textlich nahegelegt wird: „Eine solche Parade bietet viele Chancen, um gemeinsam Geschlechterstereotype wahrzunehmen und spielerisch aufzubrechen.” Was soll man noch sagen? Sie wollen eure Kinder. In der Kita, in der Glotze, in den Redaktionsstuben – das feindliche System, das uns umgibt, will eure Kinder an sich reißen, sobald sie beginnen, Sprache zu verstehen, sie nachhaltig psychisch und zu gegebener Zeit auch körperlich schädigen und als gefügige Soldaten für die eigene Sache verdauen. Als Soldaten, die innerlich bald schon keine Wahl mehr haben, denn würden sie einsehen, dass sie einer Lüge aufgesessen sind, dann müssten sie sich eingestehen, dass sie ihr Leben im Dienst dieser Lüge ruiniert haben.