Dunkel
Hell
Dunkel
Hell

Inzidenz und Impfquote – Mit Statistik gegen Fake News

9. November 2021
in 3 min lesen

Die meisten Menschen – auch unter den „Corona-Gegnern“ – sind der Meinung, dass eine Impfung schützt. Gestritten wird eher darüber, wie stark der Schutz tatsächlich ist und ob der Nutzen größer ist als etwaige Nebenwirkungen. Bislang stammen fast alle Zahlen, Berechnungen und Bewertungen in diesem Zusammenhang aus einem Land, in unserem Fall Deutschland, und mir ist noch keine (journalistische) Arbeit bekannt, die einmal einen sauberen europäischen Überblick gegeben hat. Die Gretchenfrage lautet: Wie sehr schützt die Impfung eigentlich wirklich – und wie groß ist ihr Einfluss auf das Infektionsgeschehen?

Auf der Seite „Corona in Zahlen“ kann man alle offiziellen weltweiten Zahlen abrufen und miteinander vergleichen. Der erste statistische Schritt, den man in quantitativen Arbeiten macht, ist die sogenannte Korrelation, also das Berechnen eines Korrelationskoeffizienten. Der bestimmt den mathematischen Zusammenhang (Pearson-Koeffizient) zwischen zwei Zahlenreihen.

Alle, die Interesse an einer kurzen Statistikeinführung haben, können den letzten Abschnitt gerne vorziehen. Um es abzukürzen: Es wird mathematisch getestet, ob zwei Sachen etwas miteinander zu tun haben.

Also habe ich mir die Mühe gemacht, die entscheidenden Werte für den Erfolg einer Impfung in den europäischen Ländern miteinander zu korrelieren. Inwiefern hängt die Impfquote (in Prozent der Bevölkerung) und die Sieben-Tage-Inzidenz (Neuinfektionen) zusammen?

Unsere Erwartungshaltung: Wäre die Impfung perfekt und der entscheidende Faktor, der das Infektionsgeschehen eindämmt, wäre der Zusammenhang minus 1. Im Klartext: Eine Impfquote von 100 Prozent würde mit einer Sieben-Tage-Inzidenz von 0 einhergehen. Logisch: Jeder, der geimpft ist, kann sich nicht anstecken. Da die Impfung aber weit davon entfernt ist, perfekt zu sein, wird natürlich kein solcher Wert herauskommen.

Sofern die Impfung aber eine gewisse Wirkung hat, um das Infektionsgeschehen einzudämmen, müsste der Wert zumindest deutlich negativ sein, also zwischen minus 0,5 und minus 1. Bei einem Koeffizienten zwischen 0 und minus 0,5 ist der Zusammenhang so schwach, dass man davon ausgehen muss, das andere Faktoren das Infektionsgeschehen entscheidender bestimmen (Häufigkeit von Tests, Altersstruktur der Bevölkerung, Vitamin-D-Spiegel, Gesundheitssystem, Sozialverhalten, Familiengröße etc.). Würde der Wert positiv sein (0 bis 0,5), könnte man mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass keinerlei Zusammenhang zwischen Impfquote und Infektionsgeschehen besteht. Wäre der Wert stark positiv, also zwischen 0,5 und 1, sollte man schleunigst allen Verschwörungstheorien Glauben schenken und seine Beine in die Hand nehmen.

Das Ergebnis: Der Korrelationskoeffizient in Europa (Daten zum Herunterladen hier) liegt nach eigener Berechnung bei minus 0,25. Das heißt, es besteht ein schwacher beziehungsweise sehr schwacher Zusammenhang zwischen einer hohen Impfquote und einem geringen Infektionsgeschehen. Der Faktor Impfung ist schlichtweg nicht die wichtigste Variable für die Frage nach Neuinfektionen. Zum Verständnis anhand der Grafik: Wenn alle Punkte exakt auf der Trendlinie lägen, bestünde ein perfekter Zusammenhang zwischen den untersuchten Faktoren. Stattdessen haben wir einen schwachen Trend inmitten einer Datenwolke.

Gerade da wir uns im naturwissenschaftlichen Bereich befinden, würde jeder seriöse Wissenschaftler den Nutzen der Impfung sofort infrage stellen und versuchen, herauszufinden, welche Faktoren das Infektionsgeschehen bedingen. Eine „Pandemie der Ungeimpften“, die Joe Biden ausrief, ist damit schlichtweg als Lüge entlarvt und wissenschaftlich falsifiziert. Gerade Länder wie Irland oder das Baltikum zeigen eindrucksvoll, dass eine hohe Impfquote nicht automatisch die Neuinfektionen reduziert.

Und am offensichtlichsten ist der Vergleich zwischen der Schweiz und Österreich. Die Länder liegen geographisch nahe beieinander, sind bevölkerungspolitisch vergleichbar, einigermaßen ähnlich, was Wohlstand und Gesundheitsvorsorge betrifft, und beide Länder haben eine ähnliche Sozialstruktur. Trotz der fast gleichen Impfquote von rund 63 Prozent ist die Zahl der Neuinfektionen in Österreich rund dreimal so hoch wie in der Schweiz. Island, als das impffreudigste Land Europas, verstärkt unsere Einschätzung: Selbst Impfquoten über 80 Prozent können eine Inzidenz von 222, die über der Deutschlands (191) liegt, nicht verhindern.

Statistikexkurs:

Peter ist 2 Meter groß und wiegt 100 Kilogramm. Jochen ist 1,75 Meter groß und wiegt 75 Kilogramm. Jonas ist 1,50 Meter groß und wiegt 50 Kilogramm. Berechnet man für diese Werte einen Korrelationskoeffizienten, beträgt dieser 1, das heißt, es besteht eine perfekte Korrelation zwischen Größe und Gewicht. Man kann erst einmal davon ausgehen, dass Größe und Gewicht irgendwie zusammenhängen. Wären alle drei Personen 75 Kilogramm schwer, wäre der Korrelationskoeffizient 0. Wäre die längste Person die leichteste und die kleinste die schwerste, wäre der Zusammenhang negativ (minus 1). Zwischen diesen beiden „Idealfällen“ – die man in der Realität nie findet – bewegt sich jeder Zusammenhang.

In der Statistik gilt die Faustregel: Wenn der Korrelationskoeffizient größer als 0,5 (in den Sozialwissenschaften) oder 0,7 (in den Naturwissenschaften) ist, sollte man dem vermuteten Zusammenhang weiter nachforschen. Bei allen Werten zwischen minus 0,5 und 0,5 ist der Zusammenhang ziemlich schwach, und man sollte nur in Ausnahmefällen weiterhin davon ausgehen, dass beide Werte maßgeblich interagieren.

Zwei Fehler, auf die man achten muss. Erstens: Ist die Stichprobengröße repräsentativ und ist sie vor allem groß genug, um eine Aussage auf die Bevölkerung übertragen zu können? In unserem Fall natürlich nicht, da drei Personen zu wenig sind, um Rückschlüsse auf Millionen von Menschen zuzulassen.

Zweitens: Auch wenn die Korrelation perfekt ist, darf man nicht annehmen, dass eine Kausalität existiert: In unserem Fall besteht eine Kausalität (größere Menschen sind statistisch betrachtet schwerer als kleine Menschen), allerdings wissen wir das nicht aufgrund unserer spärlichen Daten, sondern aufgrund unseres Hintergrundwissens beziehungsweise der Logik der Sache. Besteht eine Korrelation, fängt man also erst einmal mit der „richtigen“ Arbeit an: Existiert eine Kausalität? Wie groß ist der Effekt dieser Kausalität? Welche Nebenfaktoren bedingen das Gewicht ebenfalls?

Florian Müller

Der Sklaventreiber-Chef hat diverse Geschwätzwissenschaften studiert und nach eigenen Angaben sogar abgeschlossen. Als geborener Eifeler und gelernter „Jungliberaler“ freundete er sich schnell mit konservativen Werten an – konnte aber mit Christentum und Merkel wenig anfangen. Nach ersten peinlichen Ergüssen entdeckte er das therapeutische Schreiben in der linksradikalen Studentenstadt Marburg, wurde Autor für die „Blaue Narzisse“ und „eigentümlich frei“. Ende 2017 gründete er mit Hannes die Krautzone.

Mehr vom Autor

Krautzone als Print – jetzt abonnieren!

Kampf gegen Staatsmedien und linken Einheitsbrei