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… und Plünderer wurden gehängt

23. Juli 2021
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Im Zusammenhang mit der Flutkatastrophe kristallisieren sich zwei Erzählungen heraus: Die erste Erzählung ist eine “von oben“: Diese erklärt ein tragisches, aber letztlich natürliches und darüber hinaus wiederkehrendes Phänomen – eine Überschwemmung durch Starkregen – zur “Klimakatastrophe”.

Es gibt technischen Fortschritt, es gibt administrativen Fortschritt, aber es gibt keinen menschlichen Fortschritt. Gestern haben wir die Himmelsscheibe von Nebra gebastelt, morgen fliegen wir zum Mars, aber über die Zeit hinweg bleiben wir Menschen diesselben. Es sind elementare Krisen, wie jene von letzter Woche, die das zeigen.

„Selten so eine Klimakrise erlebt wie gerade.“ – Nennt es doch einfach beim Namen. https://t.co/8z3So40Lwf

— Luisa Neubauer (@Luisamneubauer) July 14, 2021

Wer jetzt allen Ernstes und ganz unironisch eine Indizienkette flechtet, in der Ahrweiler, Schuld und Dieselmotoren vorkommen, dem hätte auch nach dem Magdalenenhochwasser von 1342 oder der Marcellusflut von 1362 die Argumentation der Kirche eingeleuchtet, dass der erhöhte Pegelstand ein Zeichen Gottes sei. Entweder, weil er nach Erklärungen suchte – menschlich! – oder weil er den Klingelbeutel herumreichte – allzu menschlich!

Current floods in southwest of Germany add urgency to the demonstration

„These catastrophes must have political consequences,“ says #FridaysforFuture leader @Luisamneubauer pic.twitter.com/nbGY21LK2S

— Charlotte Nijhuis (@CharlotteMinka) July 16, 2021

Die Geschichte “von oben“, also: Keine Rede vom Staatsversagen. Keine Rede von Wetterwarnungen, die – wieso auch immer – nicht erhört wurden; keine Rede von Staatssendern, die die Bevölkerung nicht rechtzeitig informierten; keine Rede von staatlichen Stellen, die ihre scheiß Arbeit nicht gemacht haben – stattdessen sogenannte “Klimapolitik“ auf Kosten von über hundert Toten und tausenden Obdachlosen. Man könnte meinen, das Wasser kam wie gerufen.

Auch heute streiken wir deutschlandweit für die Bekämpfung der Klimakrise.

Unser Mitgefühl & unsere Solidarität gelten allen Betroffenen der Hochwasserkatastrophe.

Aktivist*innen von #FridaysForFuture aus den überschwemmten Gebieten fordern ein Ende dieser Katastrophen-Politik: pic.twitter.com/T0gbMXWBnO

— Fridays for Future Germany (@FridayForFuture) July 16, 2021

Man darf gespannt sein, ob sich diese Erzählung durchsetzen wird. Schon jetzt zeichnet sich ab, dass die Apokalyptik des Klimakultisten zwar medial aufgegriffen wird – eine Hand wäscht die andere -, aber gesellschaftlich nicht so recht verfangen will. Der Bogen wurde dann doch etwas zu sehr überspannt. Die Leute im Krisengebiet haben andere Sorgen.

Dann gibt es aber auch die andere Erzählung: Nämlich die über ein plötzlich hereingebrochenes Unglück. Über großes Leid und zerstörte Existenzen, aber auch über Mut, Tatkraft und Zusammenhalt. Menschen, die einander helfen und Vermisste, die nach Tagen wieder vor der Tür stehen. Während staatliche Strukturen mit Bürokratie und Zuständigkeiten ringen, kommen aus allen Teilen Deutschlands Menschen zusammen, um anzupacken.

Bagger werden herangekarrt, Stromaggregate aufgebaut und Schaufeln verteilt. Die Scheiße ist passiert, daran kann man im Moment nun auch nichts mehr ändern, aber gemeinsam kriegt man das irgendwie gewuppt. Und wenn die grobe Arbeit erledigt ist, dann werden Fragen gestellt. Unangenehme Fragen für all jene, die in den letzten Jahren die Krisenprävention verschleppt haben.

Ich sagte es bereits: Es gibt keinen menschlichen Fortschritt. Wir bleiben diesselben. Es sind Krisen, wie jene der letzten Woche, die das offenlegen. Wenn erstmal die Technik versagt und die administrativen Strukturen zusammengebrochen sind, dann zeigt sich, wer wir eigentlich sind.

Menschen helfen einander und trauern zusammen, weil sie das schon immer so taten. Das ist die eine Seite. Auf der anderen Seite steht das Gesocks, dass aus der Not der Mitmenschen Kapital schlagen will: Der Archetyp des Plünderers ist wieder da. Wobei, war er eigentlich jemals weg?

Friedrich Fechter

Nachdem sich Fechter von den beiden Chefs die Leitung der Netzredaktion hat aufquatschen lassen, musste er mit Enttäuschung feststellen, dass die Zeiten von Olymp-Schreibmaschinen und reizenden Vorzimmerdamen vorbei sind. Eine Schreibmaschine hat er sich vom hart erarbeiteten Gehalt trotzdem gekauft. Und einen antiken Schreibtisch. Auf irgendwas muss man im Hausbüro schließlich einprügeln können, wenn die faulen Kolumnisten wieder ihre Abgabefristen versemmeln…

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