Frage: „Wie reagieren die Menschen, wenn Sie ihnen die Telefone wegnehmen?“ Antwort: „Sie sind schockiert.“ Alle drei Staatsanwälte lachen. Die Szene, die wir in der Dokumentation des US-amerikanischen Senders CBS News sehen, spielt in einem Raum mit kahlen weißen Wänden, fahlem Licht und roten Akten, die sich auf Fensterbänken, Heizkörpern und in Schränken stapeln.
Ein Ort, an dem man sich nicht gerne lange aufhält. Doch das ist nicht der Grund, warum die kurze Dokumentation über die deutsche Strafverfolgung sogenannter Hassrede in den sozialen Medien für so viel Aufruhr sorgte.
Im Mittelpunkt der Dokumentation stehen die drei Staatsanwälte Dr. Matthäus Fink, Svenja Meininghaus und Frank-Michael Laue. Sie sind Teil der niedersächsischen Ermittlungsstelle zu Hasskommentaren und ‑inhalten im Netz; 16 Stück gibt es davon deutschlandweit. Ihre Aufgabe ist das Aufspüren und Anklagen von Hassinhalten aus dem Netz. Was das genau bedeutet, zeigt sich direkt zu Beginn der Aufnahme.
Die Dokumentation fand während des von Innenministerin Nancy Faeser koordinierten „Bundesweiten Aktionstages gegen antisemitische Hasskriminalität im Internet“ statt. Die Kamera begleitet die Beamten, wie sie sich noch vor Sonnenaufgang Zugang zur Wohnung verschaffen, um ein Telefon und einen Laptop zu beschlagnahmen. An diesem Tag ist es eine von über 50 Wohnungen, in die die Polizei mit Durchsuchungsbefehlen eindringen wird, um elektronische Geräte sicherzustellen; „Aktionstag“ ist dafür übrigens ein sehr schöner Euphemismus.
Aber war da nicht was? Genau an diesem „Aktionstag“ wurde auch das Haus des inzwischen berühmten „Schwachkopf“-Kritikers durchsucht. Mit Antisemitismus hatte das alles zwar nichts zu tun, aber die Verlockung war wohl zu groß, und immerhin hatte der Mann sich erdreistet, seine Vizekanzlerschaft Robert Habeck zu kritisieren.
Interessant ist, dass in der Dokumentation auch Josephine Ballon zu Wort kommt. Die Geschäftsführerin von „HateAid“ entgegnet den Bedenken bezüglich einer Zensur und sich ausbreitender Überwachung mit dem einfachen Satz: „Es gibt keine Überwachung.“ Genial! Das sagt, ohne das Gesicht zu verziehen, die Frau, deren Organisation unter anderem im Auftrag für Robert Habeck das Netz auf Inhalte überwacht, die den Noch-Wirtschaftsminister verunglimpfen oder beleidigen könnten. Habecks Büro hat dadurch inzwischen über 700 Strafanzeigen gestellt.
Neben dieser Überwachung durch private Organisationen tritt noch die staatliche hinzu. Wir erfahren, dass sich allein die niedersächsische Einheit – eine von bundesweit 16 – jährlich mit 3.500 Fällen befasst. Dafür zuständig sind neun Beamte. Viel Aufwand, der auch die sich in allen Räumen stapelnden Akten erklärt. Die Erfolgsbilanz jedoch scheint im Vergleich ziemlich dürftig: Lediglich 750 Fälle hätten in den vergangenen vier Jahren zu einer Verurteilung des Verdächtigen geführt. Rechnen wir das auf die jährlich eröffneten 3.500 Verfahren um, entspricht das einer Erfolgsquote von etwa fünf Prozent. Eine Quote, die jeden privaten Unternehmer erschaudern lassen würde.
Doch nicht nur dieses Missverhältnis könnte dafür verantwortlich sein, dass die Umstände in Deutschland, welche durch die Dokumentation einem internationalen Publikum dargestellt wurden, auf viele Kritiker stoßen.
So kommentiert ein X-Nutzer einen Ausschnitt mit den Worten:
„Das ist wild. In Deutschland ist es eine Straftat, jemanden in der Öffentlichkeit zu beleidigen oder böswilligen Klatsch zu verbreiten. Währenddessen werden Vergewaltiger mit Migrationshintergrund mit einem Klaps auf die Hand bestraft, weil es ihre Kultur ist.“
Neben der großen Differenz zwischen eingeleiteten und erfolgreich abgeschlossenen Verfahren tritt also die Wahrnehmung hinzu, dass die Justiz im Bereich der sogenannten Hasskriminalität mit aller Härte durchgreift, während sie in anderen Bereichen hinter den Erwartungen zurückbleibt.
Und ein dritter Punkt wird dazu geführt haben, die Dokumentation zu verbreiten: ihr Titel – „Hassrede im Netz zu veröffentlichen, könnte in diesem europäischen Land dazu führen, dass die Polizei Ihr Haus durchsucht“.
Vielen scheint auch hier ein nicht mehr verhältnismäßiges Vorgehen gegeben. Wie eben in dem bekannten „Schwachkopf“-Fall, der aktuell noch den Gerichten vorliegt, der jedoch bereits für einen großen medialen Aufschrei gesorgt hat.
Deutschland sieht sich damit nicht nur von den Politikern US-Amerikas kritisiert, wie bei der Rede des Vizepräsidenten JD Vance auf der Münchner Sicherheitskonferenz. Auch Medien werden aufmerksam auf das, was in Deutschland vor sich geht, und wenngleich sie das Ganze hier noch relativ objektiv darstellen mögen, die Meinung der Öffentlichkeit scheint klar.
Nach den ganzen Jahren, in denen Deutschland es gewohnt war, international überheblich und selbstgerecht aufzutreten und die Moral zu verkörpern, sind es Momente wie diese, in denen sich eine Trendwende andeutet. Eine Wende, die Deutschland von seinem selbstgesetzten Thron zurück auf den Boden der Tatsachen holt. Gut so.