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Patriotismus vs. Nationalismus

13. September 2020
in 8 min lesen

„We are in a strange period of history in which a revolutionary has to be a patriot and a patriot has to be a revolutionary.“ Das hat Orwell im Jahr 1940 geschrieben – und würde sich heute bestimmt wundern, dass wir erneut in einer „strange period of history“ angekommen sind. Aus meiner Wahrnehmung ist der Satz jedenfalls aktueller denn je: Wer sich heute zum Patrioten erklärt, begeht damit einen revolutionären Akt, leistet Widerstand gegen den Zeitgeist und opponiert gegen das leviathanische Narrativ.

Ehrlich gesagt mag ich den Gedanken der Revolution nicht besonders – es werden historisch gesehen zu oft lediglich die Täter ausgetauscht, während das Blut weiter fließt. Aber Widerstand gegen den Zeitgeist und Leviathan sind offensichtlich von Nöten. Idealerweise zur Abschaffung des Rades, das bei Revolutionen im Kreis gedreht wird – aber ich will nicht abschweifen, sondern mich im Folgenden auf einen konkreten Akt des Widerstandes konzentrieren: Eine kleine Restauration des Patriotismus.

Schauen wir uns zum Einstieg an, was das offiziöse Wikipedia zum Patriotismus sagt: „Als Patriotismus wird eine emotionale Verbundenheit mit der eigenen Heimat oder dem Vaterland bezeichnet, häufig bezieht er sich auf die Nation. Im Deutschen wird anstelle des Lehnwortes auch der Begriff Vaterlandsliebe synonym verwendet.

Diese Bindung wird auch als Nationalgefühl oder Nationalstolz bezeichnet und kann sich auf ganz verschiedene als Merkmale der eigenen Nation angesehene Aspekte beziehen, etwa ethnische, kulturelle, politische oder historische.

Im Unterschied zu einer historisch-kulturellen Bindung steht der Verfassungspatriotismus für das positive Bekenntnis zu den in einer staatlichen Verfassung verankerten übernationalen ethischen und politischen Grundrechten und Wertvorstellungen. Diese beziehen sich in der Tradition westlicher Rechtsstaaten auf die unveräußerliche Menschenwürde und davon abgeleitete Menschenrechte, für die universale Geltung beansprucht wird.

Patriotismus wird häufig vom Nationalismus und dem Chauvinismus abgegrenzt, insofern Patrioten sich mit dem eigenen Volk und Land identifizieren würden, ohne dieses über andere zu stellen und andere Völker ausdrücklich abzuwerten. Er bezieht sich auf die im staatsbürgerlichen Ethos wurzelnde, zugleich gefühlsbetonte, oft leidenschaftlich gesteigerte Hingabe an das überpersönliche staatliche Ganze, das in dieser Form nicht nur als rechtliche und politische Ordnung, sondern als die den Einzelnen tragende Gemeinschaft empfunden wird. Inwieweit dieser Unterschied tatsächlich besteht und historisch wirksam wurde, wird von mehreren Wissenschaftlern bezweifelt.

In Mitteleuropa hat sich der Patriotismus aus dem revolutionär verstandenen Liberalismus und Nationalismus des Bürgertums entwickelt, das gegen den Feudalismus einen demokratisch verfassten Nationalstaat anstrebte. Diese als Macht von unten aufgefasste Volksherrschaft hat sich seit der Amerikanischen Revolution von 1776 und der Französischen Revolution von 1789 langfristig in den meisten europäischen Staaten als Verfassung und Selbstverständnis durchgesetzt, nachdem sie zunächst nur ein Thema intellektueller Eliten gewesen und dann vielfachen historischen Rückschlägen unterlegen war.“

Zwei Thesen und meine zugehörigen Absichten für den folgenden Text:

1. Die Abgrenzung zwischen Patriotismus und Nationalismus ist umstritten. Diese Abgrenzung soll im Folgenden präzisiert und verhärtet werden.

2. In Mitteleuropa hat sich der Patriotismus aus dem als revolutionär verstandenen Liberalismus und Nationalismus des Bürgertums entwickelt, das zur Überwindung des damaligen Feudalismus einen demokratisch verfassten Nationalstaat anstrebte. Diese demokratisch verfassten Nationalstaaten sind jedoch zu neuen Unterdrückungsapparaten verkommen und müssen durch einen neuen, wohlverstandenen, Patriotismus erneuert werden, der sich nicht auf die Idee der Nation bezieht.

Vertiefen wir nun die Abgrenzung zwischen Nationalismus und Patriotismus. Johannes Rau formulierte diesen Unterschied 1999 folgendermaßen: „Ein Patriot ist jemand, der sein Vaterland liebt. Ein Nationalist ist jemand, der die Vaterländer der anderen verachtet.“

Ganz richtig. Patriotismus ist Heimatliebe – und echten Patrioten geht das Herz auf, wenn sie Heimatliebe bei anderen Menschen, egal welcher Nationalität, Ethnie oder Hautfarbe, beobachten können. Deutsche Patrioten beneiden Patrioten anderer Länder darum, ihre jeweilige Heimat lieben zu dürfen, ohne sich vor der Nazikeule fürchten zu müssen. Echte Patrioten wünschen sich eine Welt, in der alle Menschen glücklich in ihrer jeweiligen Heimat leben und diese zurecht lieben – weil es Ihnen dort gut geht und sie stolz auf ihre Heimat sind.

Patriotismus ist die Liebe zum Eigenen. Die Liebe zur eigenen Heimat, Kultur und Tradition. Patriotismus ist eine Ableitung von wohlverstandener Selbstliebe – nicht von narzisstischer Selbstverliebtheit. Wohlverstandene Selbstliebe sagt: Ich bin gut und glücklich so wie ich bin – und ich würde mich freuen, wenn es dir genauso geht. Denn dann können wir unser Glück wechselseitig miteinander teilen – und Glück wächst, wenn man es teilt. Patriotismus sagt: Ich liebe meine Heimat und bin stolz auf meine Leute und mich – und würde mich freuen, wenn es dir mit deiner Heimat und deinen Leuten genauso geht. Denn dann können wir auf Augenhöhe miteinander Handel treiben und unseren gesellschaftlichen Wohlstand gemeinsam mehren. Patriotismus ist eine Haltung der Stärke – und wahrhaftig starke Menschen fördern die Stärke in anderen Menschen.

Anders der Nationalismus, der eine Philosophie der Unterdrückung ist. Nationalismus ist narzisstisch – ausbeuterisch, angstgetrieben und letztlich schwach. Anders als der Patriotismus bezieht sich der Nationalismus mehr auf den Staat als auf die Heimat. Um zu verstehen, warum das ein Problem ist, müssen wir zunächst klären, was ein Staat eigentlich ist.

Bei nüchterner Betrachtung ist ein Staat ein territorialer Zwangsmonopolist mit Letztentscheidungsmacht. Die Institution, die wir Staat nennen, ist also einem bestimmten Territorium, einem Land, zugeordnet – aber der Staat ist nicht das Land. Staat und Land stehen zueinander wie Parasit und Wirt. Das befallene Land und seine Bewohner werden vom jeweiligen Staat beherrscht – denn der Staat ist der Endrichter über alle Konflikte, die auf seinem Territorium auftreten. Ausdrücklich inklusive solcher Konflikte, in die der Staat selbst als Konfliktpartei verstrickt ist – was den Staat de facto über alles Recht stellt, da er „sein“ Recht auf lange Sicht so schreiben, anwenden und durchsetzen kann, wie es ihm beliebt. Nur der Staat darf Gesetze schreiben, anwenden und durchsetzen, er hat das Monopol auf die Produktion von (angeblichem) Recht und (angeblicher) Ordnung.

Ein einfaches Beispiel: Du erhältst einen Steuerbescheid und klagst gegen diesen. Der Richter, der über deine Klage entscheidet, lebt selbst von Steuergeld und ist per Eid und Ernennung an den Steuerstaat gebunden. Er weist deine Klage also ab. Du ziehst kämpferisch vors nächsthöhere Gericht – doch findest du dort die gleiche Situation vor, auch dieser Richter entscheidet zu Gunsten seines Dienstherren, zu Gunsten des Staats. Egal wie hoch du gehst, das Problem bleibt das gleiche. Auch die allerhöchsten Richter, die Verfassungsrichter, sind Staatsdiener – was sich natürlich in ihren Entscheidungen widerspiegelt. Kurz gesagt: Wenn der Staat dir Unrecht antut, kannst du letztlich nichts dagegen tun, außer auszuwandern (so lange keine Mauer gebaut wurde). Du kannst bei keiner Stelle Klage gegen den Staat erheben, die nicht selbst Teil des Staates ist.

Als die Juden deportiert wurden, konnten sie sich bei dem Staat dagegen beschweren, der die Deportation befahl. Als die Kulaken ermordet wurden, konnten die wenigen Überlebenden
bei dem Staat klagen, der die Ermordung befohlen hatte. Als die Kambodschaner zum Sterben in die Killing Fields geschickt wurden, konnten sie sich beim dem Staat dagegen beschweren, der ihren Tot wollte. Und so weiter. Ich erspare uns weitere Beispiele. Die Quintessenz ist simpel: Wenn Täter und Richter identisch sind, haben die Kläger ein Problem.

Bevor mir jetzt jemand mit Gewaltenteilung kommt: Alle Gewalten leben von dem gleichen Steuergeld. Wenn es drauf ankommt, halten die ach so geteilten Gewalten zusammen. Legislative, Judikative und Exekutive bilden zusammen das staatliche Entscheidungsmonopol, dem man sich nur durch Auswanderung entziehen kann. Dieser nahezu allmächtige Staat, der Leviathan, ist natürlich nicht durch einen freiwilligen Vertragsschluss oder einen anderen Akt der Selbstbestimmung der Bevölkerung zustande gekommen. Niemand hat solch einen Vertrag unterzeichnet oder auch nur gesehen. Man beachte dazu im Falle Deutschlands auch das Grundgesetz und seine Entstehungsgeschichte.

Wie wir es auch drehen und wenden, der Staat wie wir ihn heute kennen, wurde gewaltsam durch Zwang und Aggression etabliert. Der deutsche Soziologe Franz Oppenheimer, übrigens der Doktorvater von Ludwig Erhard, drückte das wie folgt aus:

„Der Staat ist eine gesellschaftliche Einrichtung, die von einer siegreichen Menschengruppe einer besiegten Menschengruppe aufgezwungen wurde, mit dem einzigen Zweck die Herrschaft der ersten über die letzte zu regeln – und die Herrschaft hat keinerlei andere Absicht als die ökonomische Ausbeutung der Besiegten durch die Sieger.“

Das betrifft jedoch keinesfalls nur Deutschland, sondern die meisten Länder der Welt – ausdrücklich und insbesondere auch solche, die sich als Demokratie bezeichnen.

„Die Art der Unterdrückung, die den demokratischen Völkern droht, wird mit nichts, was ihr in der Welt voranging, zu vergleichen sein.“ – Alexis De Tocqueville

Demokratie ist letztlich eine mehr oder weniger weiche Form des Kommunismus, denn in der Demokratie gibt es keine absoluten Eigentumsrechte. In der Demokratie kann die Masse über das Eigentum des Einzelnen bestimmen, inklusive dem Eigentum des Individuums am eigenen Körper – was leicht anhand von Zwangsimpfungen veranschaulicht werden kann: Bei einer Zwangsimpfung wird die körperliche Unversehrtheit und das Eigentum am eigenen Körper verletzt und diese Tat dann mittels des „demokratischen Entscheidungsprozesses“ gerechtfertigt und legalisiert. Das Kollektiv beherrscht das Individuum – und weil der Mensch ein Herdentier ist und grundsätzlich dazugehören will, wird diese Herrschaft des Kollektivs vom Einzelnen oft nur allzu gerne akzeptiert.

Das führt zum Phänomen der glücklichen Sklaven, die ihre Versklavung als Zugehörigkeit missverstehen und ohne Widerstand gut die Hälfte Ihrer Arbeitszeit für Zwangsabgaben aufwenden und sich im Namen der Demokratie vom Staat in die privatesten Lebensbereiche hineinregieren lassen.

Das bringt uns jetzt zurück zum Nationalismus. Was als Widerstand gegen den Feudalismus begann ist zu einem staatlichen Kontrollinstrument geworden. Erst die Idee der Nation machte es möglich, Millionen von Menschen zu den beiden Weltkriegen anzustacheln. Die Idee einer gemeinsamen, nationalen, Identität machte die Machtzentralisierung möglich, die Millionen von Menschen den Tot brachte. Und wie damals die Idee der Nation zur Zentralisierung und Bündelung von Macht benutzt wurde, so soll heute die Idee einer supranationalen Identität, der europäischen Identität, benutzt werden, um Schritt für Schritt mehr Macht in Brüssel zu bündeln. Das kann ein Patriot nicht wollen – wer seine Heimat liebt, der will auch, dass seine Heimat selbst über ihre Geschicke entscheidet – und nicht von Brüssel fremdbestimmt wird.

Wohlverstandener Patriotismus ist wohlverstandene Selbstliebe auf gesellschaftlicher und kultureller Ebene. Damit korrespondiert der Wille zur Selbstbestimmung und die Bejahung der Eigenverantwortung. Wer Selbstvertrauen hat, der vertraut sich selbst mehr als fremden Mächten und will sein Leben selbst bestimmen. Wohlverstandener, selbstbewusster, gesunder Patriotismus will die Dezentralisierung von Macht, die Selbstbestimmung der individuellen Heimaten. Und Heimat ist kleinteilig, individuell und regional. Ein Staat kann keine Heimat sein, das können nur Orte und Gegenden – und vor allem die Menschen, die in ihnen leben. Meine Heimat ist nicht Deutschland, meine Heimat ist der kleine Teil Deutschlands, in dem ich aufgewachsen bin und dem ich mich verbunden fühle. Große Teile Deutschlands kenne ich nicht und werde ich vermutlich auch nie kennenlernen. Ein Patriot liebt seine Heimat, nicht den Staat, der seine Heimat beherrscht.

Als ich von Januar bis Juli 2010 „Deutschlands Freiheit am Hindukusch verteidigt“ habe, da habe ich nicht meine Heimat, sondern irgendeinen Deal der deutschen Regierung mit ihren Bündnispartnern „verteidigt“. Das war keine Tat des wohlverstandenen Patriotismus. Die Liebe zum Eigenen, Patriotismus, bezieht sich nie auf die legalisierte Verbrecherinstitution namens Staat – sondern immer auf das Land und die Leute, die von eben diesem Staat parasitär ausgebeutet werden. Die Heimat ist der Wirt, der Staat der blutsaugende Parasit. Diese Missbrauchsbeziehung verschleiert der Staat mittels Nationalismus.

Nationalismus ist eine Tarnkappe, mit der der Staat die Abgrenzung zwischen sich und dem Land, seinem Wirt, den er parasitär aussaugt, verwischt – und so dem Unrecht, der Ausbeutung und der Unterdrückung Vorschub leistet. Mittels Nationalismus werden Patrioten dazu verführt, dem Staat in die Hände zu spielen, der die von den Patrioten geliebte Heimat ausbeutet. Wohlverstandener Patriotismus bedeutet immer, der Tyrannei des Staates Widerstand zu leisten – und den Patrioten anderer Länder viel Kraft und Mut für die gleiche Aufgabe in ihrem Land zu wünschen.

Das alles ändert natürlich nichts daran, dass in jeder Gesellschaft Recht und Ordnung „produziert“ werden müssen. Dass jedoch gerade diese wichtigsten Güter einer Gesellschaft von einem Monopolisten produziert werden, während bei allen anderen Gütern das Kartellamt genau das verhindern soll, ist offensichtlich absurd. Eine Vertiefung würde hier den Rahmen sprengen und wird in einem späteren Text erfolgen.

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Max Reinhardt

Max Reinhardt arbeitet in Hyperborea an einem geheimen Forschungsprojekt zur Entwicklung einer Zeitmaschine, um die Geburt von Karl Marx, Karl Lauterbach und weiterer Sozialisten zu verhindern. Nebenbei schreibt und trainiert er und ruft entgegen behördlichen Anordnungen zu gemeinschaftlichen Wanderungen auf.

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