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Nach Washington: Sag mir wo Du stehst!

11. Januar 2021
in 8 min lesen

Donald Trump ist am Ende. Wie oft haben wir diesen Satz in der vergangenen fünf Jahren gehört? Öfter als dass man es noch zählen könnte. Von „Er hat keine Basis in der Partei. Die Umfragewerte werden nach den ersten Vorwahlen einbrechen!“ über „Gegen Clinton wird er niemals gewinnen!“ bis hin zu „Die Russen haben die Wahl manipuliert und jetzt haben wir den Beweis!“ war Trump öfter totgesagt oder -geschrieben als vermutlich jeder andere Politiker vor ihm.

Dennoch kam er immer zurück. Unter schwierigen Umständen hat er seine Basis ausgebaut, Millionen Wähler hinzugewonnen und viele wichtige Staaten für sich reklamieren können. Da um vier oder fünf Uhr morgens in der Wahlnacht plötzlich die Zählungen in einigen Staaten gestoppt wurden und Urnen auftauchten, die zu 90, 95 oder 99% Biden gewählt hatten, verlor er doch noch.

Zurück oder Vorwärts, du musst dich entschließen

In den Großstädten genau dieser Staaten, also beispielsweise Milwaukee oder Atlanta, hatte Biden übrigens in absoluten Zahlen auch deutlich mehr Stimmen als Clinton 2016. In den anderen Staaten meist flächendeckend weniger.

Doch genug von der Wahl des kommenden Präsidenten, der vermutlich die meisten toten Wähler aller US-Präsidentschaftskandidaten jemals hatte. Trump klagte und letztlich muss man auch als Unterstützer erkennen, im Gegensatz zu seiner Politik in den letzten Jahren waren seine Klagen nicht erfolgreich.

Der vermutliche Wahlbetrug ließ sich also nicht im notwendigen Umfang nachweisen. Dass Trump es hier versäumte, sich rechtzeitig eine exit-Strategie zurechtzulegen, kann man durchaus kritisieren.

Wir bringen die Zeit nach vorn Stück um Stück

Steht der US-Wahlsieger normalerweise in den frühen Morgenstunden fest und tritt noch in der selben Nacht vor seine Anhänger, herrschte diesmal das reine Chaos. Es gab also keine Klarheit in mehreren entscheidenden Staaten, obwohl Trump überall deutlich bis sehr deutlich führte.

Dieser Vorsprung schrumpfte als weitergezählt wurde in einem – im wahrsten Sinne des Wortes – unglaublichen Tempo. Schließlich gewann Biden fast überall hauchzart. Grund genug für die Mainstream-Medien, ihn zum „president elect“ – also zum neu gewählten Präsidenten zu erklären. In Amerika darf man diesen Titel allerdings erst fühlen, wenn das „electoral college“, also das Delegiertengremium aller Bundesstaaten, den Kandidaten gewählt hat.

Erinnern wir uns an die Wahl vor vier Jahren: Nachdem der Sieg für Trump klar war, versuchte die Grüne Jill Stein über Wochen, Neuauszählungen einzuklagen. In allen Mainstream-Medien, vor allem den deutschen, war die klare Position: „Russland hat die Wahl manipuliert!“. Es gab Spekulationen, wie man die Wahlmänner, also die Delegierten im oben erklärten „electoral college“ dazu bringen könnte, doch noch Clinton zu wählen, aus „Verantwortung für das Land“.

Als Trump längst Präsident war, wurde eine Sonderermittlungskommission eingesetzt, die über mehr als zwei Jahre und für viele Millionen Euro Steuergeld die angeblichen Verstrickungen des Präsidenten nach Russland und potenzielle Wahlmanipulationen untersuchte. Das Ergebnis: Nichts.

Es gab keine Kontakte von Donald Trump zu Russland, weder direkt noch indirekt. Die Wahl wurde auch in keiner Weise von den Russen manipuliert. Es gab nicht einen Beleg, nichtmal ein echtes Indiz für diese Behauptung, die jahrelang von allen Mainstream-Medien wiederholt und aktiv verbreitet wurde. Kurzum: Es wurde alles versucht, auch nach der Wahl, auch nach der Inauguration und auch nach Jahren des Regierens, Donald Trump aus dem Amt zu jagen.

Alles half nichts und hätte es irgendeinen, egal wie zweifelhaften, amoralischen oder billigen Trick gegeben, das amerikanische Establishment hätte nicht eine einzige Sekunde gezögert, diesen anzuwenden, das zeigen nicht zuletzt zwei völlig verpuffte, weil haltlose Amtsenthebungsverfahren. Wenn sich nun also in den letzten Monaten ausgerechnet die Demokraten über Donald Trump als schlechten Verlierer mokieren, so grenzt dies an Realsatire.

Dass Trump sich mit allen Mitteln des Rechtsstaats gegen den offiziellen Ausgang der Wahl wehrt, ist also sein gutes Recht und Diejenigen, die ihn dafür nun „kritisieren“, haben ihn und seine Anhänger auch in den letzten vier Jahren bei jeder sich bietenden Gelegenheit mit Kübeln von Dreck überhäuft, nehmen sich selbst aber natürlich trotzdem furchtbar ernst.

Trump wehrte sich nach Kräften, klagte vor Landes- und Bundesgerichten und führte eine große Kampagne gegen das Ergebnis, die ihr Finale am Mittwoch in Washington im „March for Trump“ fand. Zehntausende Menschen gingen mit ihm auf die Straße und machten ihrem Ärger Luft. Der vermutliche Wahlbetrug ist dabei nur die Spitze des Eisbergs.

Der dauernde Hass, die Falschbehauptungen und die üble Nachrede nicht nur gegen den Präsidenten sondern auch gegen seine über 74 Millionen Wähler entluden sich an diesem Tag. Stets wurden seine Unterstützer als kleine Sekte dargestellt, wenngleich sie vermutlich die größte, reale Wählerbasis des Landes repräsentieren, zumindest aber knapp 50% des Elektorats.

Das wussten auch Trumps linke Gegner und äußerten offen Bedenken, dass zu viele Leute den falschen Kandidaten gewählt hätten und Trump deshalb nach wie vor zu viel Macht unter den Republikanern hätte. Man suchte also stets nach einem Hebel, den man zwischen ihn und seine Unterstützer treiben konnte.

Du kannst nicht bei uns und bei ihnen genießen

Den hatte man gefunden, als sich ein paar Hundert der zehntausenden Demonstranten entschlossen, das Kapitol, den Sitz des amerikanischen Unterhauses, zu stürmen. Eine solche Handlung ist durch nichts zu rechtfertigen, auch nicht mit der entmenschlichenden Behandlung und den ständigen Vorwürfen, alle Trump-Wähler müssten dumm sein oder herzlos oder beides.

Es war aber augenscheinlich keine geplante Aktion, kein versuchter Putsch und auch kein „Anschlag auf die Demokratie“. Eine der Trump-Unterstützerinnen kam ums Leben, weil einer der Polizisten aus dem Gebäude schoss. Ein Polizist erlag seinen Verletzungen, die er infolge des Einsatzes erlitt. Das sind Tragödien und dafür tragen Diejenigen, die hier ihre kriminelle Energie in mutwilliger Zerstörung, Diebstahl und Widerstand gegen Polizeibeamte auslebten, die Verantwortung.

Das waren aber eben nicht 74 Millionen Wähler, es waren auch nicht Zehntausende Demonstranten, sondern eine kleine Gruppe von wenigen Hundert Personen, die Trump sofort, als er davon hörte, aufforderte, friedlich zu bleiben und nach Hause zu gehen. Ist das Relativierung? Nein.

Es ist die Benennung von Fakten. Für jedes Manöver nun Trump, die Republikaner oder allgemein den „Populismus“ – nach der verdrehten, selbstgerechten Establishment-Lesart des Begriffs – für den Vorfall verantwortlich zu machen, ist billigste Demagogie. Es handelt sich um ein durchsichtiges Manöver, die Republikaner nun in gut und böse teilen zu wollen.

Dabei steht erstmal jeder unter Generalverdacht, der Trump jemals unterstützt, verteidigt oder gewählt hat. Von Jedem wird nun ein Bekenntnis verlangt: Bist Du weiterhin für Donald Trump? Dann hast du ideell mit den wenigen hundert Demonstranten das Kapitol gestürmt, zumindest aber den Boden dafür mit bereitet. Diese offensichtliche Spaltungstaktik der Demokraten wird ihr einziges Ziel, nämlich Trump zu schwächen, vorerst erreichen.

Natürlich schauten auch hierzulande alle Establishment-Politiker ganz genau über den Atlantik und waren sich nicht zu schade, mit den immer gleichen Phrasen von dem „Anschlag auf die Demokratie“ aufzuwarten. Ist nicht überhaupt alles, was Trump jemals getan oder nicht getan hat, ein Anschlag auf die Demokratie?

Wenn man alle Berichte, die ARD, ZDF, FAZ, TAZ und SZ je über ihn veröffentlicht haben, zusammenfasst, vermutlich schon. An solchen Aktionen könne man sehen, wohin Populismus führe, waren sich von CDU bis Linkspartei alle „anständigen Demokraten“ sofort einig. Natürlich ist Trump in ihren Augen – wie immer – der Schuldige.

Das ist aber auch der Beleg dafür, dass man die meisten linksliberalen Mitläufer intellektuell nicht ernst nehmen kann, wenn sie auch diese offensichtliche Kampagnenrhetorik als Privatmeinung annehmen. Die durchschnittsdeutsche Haltung zur US-Politik speist sich aus vollkommener Unwissenheit, Konformitätsdruck und dem, was das Establishment „Haltung“ nennt – also dem Nachplappern von ARD und ZDF.

Die Demokraten unter Biden, die laut veröffentlichter Meinung ein Patent auf Einigkeit haben und das – natürlich durch Trump – gespaltene Land jetzt heilen wollen, versuchen den Keil so tief wie nur möglich reinzutreiben. Sie haben sich nun sogar vorbehalten noch vor der Inauguration Bidens ein erneutes Amtsenthebungsverfahren gegen Trump einzuleiten.

Wie viele von Trumps 74 Millionen Wählern diesen offensichtlich großen Willen zu „Einigkeit“ und „Heilung“ seitens der Demokraten wertschätzen werden, bleibt natürlich abzuwarten. Bei den Funktionären erwartet man nun allerdings eine Positionierung. Jeder, der sie verweigert, oder gar weiterhin zu Trump hält, soll fortan ein Kainsmal tragen.

Die Demokraten – nun für zwei Jahre mit allen Befugnissen ausgestattet – wollen schnell Fakten schaffen. Die Republikaner sollen sich erst völlig zerstreiten und dann wieder als verhausschweinte Partei der netten Verlierer, geführt von Gestalten wie Mitt Romney, John Kasich und Jeb Bush, reüssieren. Trump und seine Getreuen sollen jedenfalls mit aller möglichen Schärfe verdrängt und mundtot gemacht werden. Das zynische Spiel auf der Betroffenheitsklaviatur nach den Ausschreitungen von Washington ist hierbei lediglich Mittel zum Zweck.

Von Biden verlangte jedenfalls niemand eine Distanzierung, als seine Wähler bei „Black Lives Matter“-Protesten ganze Städte in Schutt und Asche legten. Der Rassenhass auf Weiße seitens des Teils der Schwarzen, der kriminell und sozial abgehängt ist, ist für die Demokraten und ihre „Identity Politics“ schließlich auch ein großes Geschäftsfeld.

Denn wenn du im Kreis gehst, dann bleibst du zurück

Wenn es um transatlantischen Linksliberalismus geht, ist Deutschland als Musterschüler – wie bereits angesprochen – selbstverständlich zur Stelle. Ganz Deutschland? Nein. Es gibt schließlich eine Opposition, die die Hexenjagden des Establishments aus erster Hand kennt, auch in diesem Fall erfährt und die Vorgänge deshalb einzuordnen weiß, so könnte man eigentlich meinen.

Bei Einigen scheint der Lerneffekt aber noch nicht in jeder Hinsicht eingesetzt zu haben. Ausgerechnet die konservative Wochenzeitung „Junge Freiheit“ publizierte in ihrem Onlineangebot einen Artikel des Juristen Joachim Steinhöfel mit dem vielsagenden Titel „Jagd Trump aus dem Weißen Haus!“. In seinem Pamphlet finden sich Weisheiten àla:

„Die Stürmung des Sinnbilds amerikanischer Demokratie beruht auf Trumps Anstachelung. Er hat den Mob entfesselt und zum Angriff auf die Demokratie gehetzt. Trump ist ein jämmerlicher, narzißtischer, undemokratischer Verlierer, der aufgrund seiner gestrigen Taten keinen Tag länger im Weißen Haus verbringen sollte. Nancy Pelosi, die Mehrheitsführerin der Demokraten im Repräsentantenhaus, sollte eine Dringlichkeitssitzung anberaumen und ein Amtsenthebungsverfahren einleiten.“

Ausgerechnet die linke Demokratin Nancy Pelosi ist nun also die Verbündete des Nominaloppositionellen Steinhöfel, der das vom Establishment gezeichnete, immergleiche Bild des narzisstischen Soziopathen Trump kritiklos übernimmt und auf eine Weise vorträgt, als wäre es seine Erfindung.

Doch selbst, wenn man ihm in diesem Punkt folgen sollte, weil man „faz.net“ falsch geschrieben hat und versehentlich bei der Jungen Freiheit landete, bleibt natürlich die Schwachsinnigkeit, einen Präsidenten zwölf Tage vor dem Ende seiner Amtszeit aus dem Amt „jagen“ zu wollen. Auch für diese Zweifler hat Steinhöfel etwas vorbereitet:

„Es mögen zwar nur weniger als zwei Wochen bis zur Amtseinführung von Joe Biden am 20. Januar sein. Aber die amerikanische Demokratie braucht diesen symbolischen Akt, um sich von ihrer Mißachtung durch einen Mann zu befreien, der sein Ego und seinen Narzißmus über die Grundwerte dieses phantastischen Landes stellen wollte.“

Wer so einen gesinnungsethischen Unsinn liest, fragt sich: Wieso schreibt der Mann nicht für eine etablierte Zeitung? Besser kann man jedenfalls die von den Etablierten erwünschte Untertanenmeinung gar nicht formulieren. Wo war Herr Steinhöfel, als ein paar Verrückte auf den Reichstag stürmten, um zu fordern: „Jagd die AfD aus dem Bundestag!“? Immerhin war auch hier das durchsichtige Manöver, die Vorgänge der AfD unterzujubeln, gestartet worden.

Auch hier wurde von „demokratischen Werten“ und anderen Plattitüden schwadroniert, die Populisten ja angeblich nicht teilten. Seltsam nur, dass die mit Abstand meisten gewaltsamen Übergriffe auf Mitglieder und Funktionäre von Parteien zu Lasten der AfD gehen.

Seltsam, dass die gleichen Etablierten, die nun vor Betroffenheit über ein paar hundert Randalierer einen Ozean weiter kaum mehr schlafen können, bei den G20-Krawallen von „Aktivisten“ sprachen und bei den Übergriffen der Antifa auf die AfD stets mit einer Mischung aus Gleichgültigkeit und Schadenfreude reagieren.

Alles in allem lässt sich festhalten: Gewalt ist nie ein akzeptables Mittel der politischen Auseinandersetzung. Wer aber als Konservativer versucht in dem von Doppelstandards und Verleumdungen geprägten Diskursraum der Etablierten mit wohlfeiler Distanzierung von dem an den Vorgängen unschuldigen Trump zu punkten, dem sei gesagt: Man wird Sie dennoch nicht als legitimen Teil der Debatte akzeptieren und bei nächster Gelegenheit sind vielleicht Sie es schon, wenn es vom Establishment mal wieder heißt:

„Zurück oder Vorwärts, du musst dich entschließen

Wir bringen die Zeit nach vorn Stück um Stück

Du kannst nicht bei uns und bei ihnen genießen

Denn wenn du im Kreis gehst, dann bleibst du zurück.“

Maximilian Kneller

Kneller ist Politikwissenschaftler und Linksextremismusexperte. In seiner Freizeit engagiert er sich sehr zur Freude seiner Frau für die Gleichberechtigung von Männern und Frauen. Etwa durch die deutliche statistische Reduktion des „orgasm gap“, der dank Pullover tragender Sörens aus dem AStA immer noch ein veritables gesellschaftliches Problem ist. Neben der Zugehörigkeit zu einer gewissen Oppositionspartei schlägt sein Herz für Arminia Bielefeld; er hat also nicht viel Freude im Leben und deshalb vermutlich so bedenkliche Ansichten.

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