Der nachfolgende Text ist ein Auszug aus dem sechsten Kapitel des in 2021 erscheinenden Buchs Odin, Nietzsche und der Pfad zur linken Hand. Im sechsten Kapitel geht es um die Rahmenbedingungen aller Selbstentwicklung – und da alles Leben und alle Selbstentwicklung immer auch eine ökonomische Dimension hat, geht es unter anderem auch um das Geldsystem und den Staat als Ausbeutungsunternehmer.
Das Konstrukt namens „Nation“ ist für den Staat eins der mächtigsten Werkzeuge, um Territorium und Humankapital zusammenzuhalten. Aus Perspektive der Nation sind Herrscher und Beherrschte gleichermaßen von Krisen und Kriegen betroffen und es ist der Nationalismus, der im 20. Jahrhundert Millionen von Menschen begeistert auf die Schlachtbank der Weltkriege führte.
Das von den Herrschern konstruierte Wir lässt die Beherrschten kämpfen und sterben, während die Plutokraten im Hintergrund Macht und Reichtum akkumulieren. Natürlich kosten Krisen und Kriege viel Geld, doch aus Perspektive der Herrscher sind die durch Krisen und Kriege bedingten Steuerausfälle und Zusatzausgaben lediglich Investitionen im Sinne der zukünftigen Ausbeutungsrendite.
Ein Staat leidet nicht
Eine verbreitete Vorstellung ist, dass Staaten unter Krisen wie beispielsweise einer Pandemie oder einem Krieg leiden – doch es leidet vor allem die vom Staat beherrschte Bevölkerung, nicht so sehr der Staat selbst. Die Kosten der Krisenbewältigung werden schließlich am Ende des Tages nicht vom Staat, sondern von der Realwirtschaft getragen.
Nehmen wir als Beispiel einmal an, ein Staat verliert durch eine beliebige Krise mehrere Milliarden Steuereinnahmen und gibt obendrein noch mehrere Milliarden für die Krisenbewältigung aus. Nun mag man zunächst denken: „Der arme Staat!“ Doch was für Milliarden hat er da verloren und ausgegeben? Milliarden eines gesetzlichen Zahlungsmittels, Milliarden einer Staatswährung, Milliarden eines Geldes, dass er selbst produziert.
Die Urproduktion eines gesetzlichen Zahlungsmittels, wie beispielsweise des Euros, findet in der jeweiligen Zentralbank statt, also im Falle des Euros in der Europäischen Zentralbank, kurz EZB. Die Geschäftsbanken, also all die Banken bei denen Privatpersonen und Unternehmen Konten haben, vervielfältigen dieses Geld dann mittels Giralgeldschöpfung. Die Geschäftsbanken dürfen praktisch selber Geld drucken, aber nur in einem gesetzlich geregelten Verhältnis zu dem Zentralbankgeld, das ihnen gehört.
Herrschaft durch Geld
Alle Banken hängen also vom Gesetzgeber und der Zentralbank ab, schließlich dürfen sie nur mit dem Staatsgeld Geschäfte machen und nicht einfach ihr eigenes Geld drucken. Der Staat gründet also eine Zentralbank und erklärt dann die von der Zentralbank produzierte Währung zum alleinigen gesetzlichen Zahlungsmittel – und gewährt den Geschäftsbanken das Privileg, in einem gewissen Rahmen selbst Geld drucken zu dürfen um mehr Kredite vergeben zu können und dadurch mehr Zinseinnahmen generieren zu können.
So hat der Staat eine Situation geschaffen, in der das gesamte Finanzsystem von ihm abhängig ist. Das ganze Finanzsystem operiert von Staates Gnaden. Geld regiert die Welt und wer regiert das Geld? Der Staat. Alle Zentralbanken existieren durch staatlichen Beschluss, durch Gesetze, durch die Feder – und somit am Ende durch das Schwert. Für die Eurozone gilt:
Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, Sechster Teil – Institutionelle Bestimmungen und Finanzvorschriften (Art. 223 – 334), Titel I – Vorschriften über die Organe (Art. 223 – 309), Kapitel 1 – Die Organe (Art. 223 – 287), Abschnitt 6 – Die Europäische Zentralbank (Art. 282 – 284)
Dazu kommen dann noch die jeweiligen nationalen Gesetze, in Deutschland das Gesetz über die deutsche Bundesbank. Das ganze Finanzsystem arbeitet auf Grundlage solcher Gesetze, seine gesamte Existenz speist sich aus staatlicher Gesetzgebung. Eine Zentralbank ist lediglich ein Tochterunternehmen des Staates, und alle Banken sind von diesem staatlichen Tochterunternehmen abhängig.
Das bedeutet effektiv, dass der Staat das Finanzsystem insgesamt kontrolliert. Das widerspricht natürlich fundamental dem offiziellen Narrativ, in dem der Staat die armen Bürger vor den bösen Kapitalisten beschützen muss. Deswegen behauptet der Staat auch, dass seine Zentralbank „unabhängig“ sei. Das ist ganz offensichtlich absurd, schließlich besteht sie ausschließlich durch gesetzlichen Beschluss.
Der Staat hat sie gegründet und der Staat kann sie auch wieder schließen. Ihre Existenz hängt vollständig vom Staat ab. Aber genauso wie bei der „Gewaltenteilung“ glaubt die Masse das, was man ihr erzählt und denkt weiterhin, dass der Staat das Volk vor den Heuschrecken der Hochfinanz und dem unersättlichen Großkapital beschützen muss.
Die Spinne und ihr Netz
Der Staat ist also Pate des gesamten Finanz-Politischen-Komplexes und gleichzeitig soll er die Menschen vor eben diesem Komplex beschützen. Das nennt man den Bock zum Gärtner machen.
Es ist kein Zufall, dass das Kapital geringer besteuert wird als die Arbeit. Die durchschnittliche steuerliche Gesamtbelastung für Unternehmen beträgt in Deutschland weniger als 30%. In einigen Teilen Deutschlands liegt sie, bedingt durch den lokal unterschiedlichen Gewerbesteuersatz, unter 23 Prozent. Die Kapitalertragssteuer, also die Steuer auf Einkünfte aus Aktien, Unternehmensbeteiligungen usw., liegt bei 25 % – während der durchschnittliche Nettosteuerzahler eine Zwangsabgabenquote von über 50 % hat.
Allein die Einkommensteuer, also die Steuer auf Arbeitseinkünfte, beträgt bis zu 42 % + ggf. 3 % „Reichensteuer“. Es ist kein Zufall, dass das Kapital gegenüber der Arbeit systematisch bevorzugt wird. Es ist kein Zufall, sondern Ausdruck der staatlichen Interessen. Der Staat kann zwar beliebig viel Geld drucken, aber er kann keine Realgüter produzieren. Der Staat ist letztlich nichts anderes als ein großer Ausbeutungsunternehmer, der davon lebt, Zwangsabgaben zu vereinnahmen und Geldschöpfungsgewinne zu erzielen.
Er kann die Menschen auf seinem Territorium zur Zahlung diverser Abgaben zwingen und er kann Geld, das alleinige gesetzliche Zahlungsmittel, produzieren. Aber er kann keine Realgüter produzieren und ist deswegen auf Unternehmer angewiesen, die seine Herrschaft akzeptieren und im Rahmen seiner Gesetze Güter und Dienstleistungen bereitstellen.
Weil er sie braucht
Deswegen ist der Staat zu Unternehmern netter als zu Arbeitnehmern. Er will, dass die Unternehmer auf seinem Territorium bleiben und weiter mitspielen, weiter Steuern zahlen und weiter Arbeitnehmer beschäftigen, die noch mehr Steuern und weitere Zwangsabgaben zahlen. Arbeitnehmer hingegen sind aus Perspektive des Staats lediglich Arbeits- und Konsumdrohnen. Sie sind im Vergleich zu Unternehmern relativ leicht ersetzbar und entsprechend weniger wichtig.
Natürlich können die Unternehmer ohne Arbeitnehmer dem Staat letztlich nicht geben was er will, aber die meisten Arbeitnehmer sind so sehr mit Brot und Spielen beschäftigt, dass sie schlicht und einfach blind für ihre eigene Ausbeutung sind.
Im Ergebnis haben wir also eine Situation, in der aus Perspektive des Staates vor allem Humankapital wertvoll ist, insbesondere die Unternehmer, während Geld, also das in beliebiger Menge produzierbare gesetzliche Zahlungsmittel, praktisch keine Rolle spielt. Entsprechend spielt es aus Perspektive des Staates keine Rolle, wie viele Milliarden Steuereinnahmen durch eine Krise ausfallen oder wie viele Milliarden er ausgeben muss, um die ihm nützlichen Personengruppen im Spiel zu halten.
Für den Staat ist letztlich nur die Kontrolle über Territorium und Humankapital entscheidend, wie viel Fiat-Geld er dafür drucken muss, das spielt keine Rolle.