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Die kalte Impfpflicht kommt – aber für wen?

30. Mai 2021
in 4 min lesen

In seiner Kolumne „Die kalte Impfpflicht kommt“ vom 26.05.2021 schreibt Sascha Lobo in den letzten Absätzen:

„In der Folge, so glauben Fachleute, kann die Situation entstehen, dass alle paar Monate oder beim Auftauchen neuer Mutationen eine Booster-Impfung verabreicht werden muss, damit der Schutz bestehen bleibt.

Das (meist ohnehin nur vorgeschobene) Argument vieler Impfablehnenden, man müsse als geimpfte Person ja keine Angst vor Ungeimpften haben, verliert dadurch immer wieder seine Gültigkeit.

Weil nicht fünfzig Millionen Booster-Impfungen in wenigen Tagen verabreicht werden können, werden Impfverweigerer als dauerhafte Gefahr für eine Wiederausbreitung wahrgenommen und von eigentlich vollständig Geimpften als persönliche Bedrohung. Deshalb wird der soziale Druck auf Ungeimpfte nicht nur erhöht, sondern auch langfristig bestehen bleiben.

Wer weiß schon, ob nicht doch noch irgendwann irgendwie irgendwo eine neue Mutation auftaucht? Das ist das soziale Mutationsparadox der Herdenimmunität: Sie verhindert nicht die Angst, von einer neuen Mutation doch noch angesteckt zu werden.

Aus meiner persönlichen Sicht ist die kommende, kalte Impfpflicht ein für manche vermutlich schmerzhafter, aber insgesamt akzeptabler, für die Beherrschung der Pandemie ein vielleicht sogar entscheidender, gesellschaftlicher Vorgang.

Sie wird in jedem Fall ein so interessantes wie vielsagendes Beispiel für eine harte Form der angewandten Mehrheitsherrschaft: Wir verlangen von dir, dass du dir etwas spritzt, damit wir nicht zu Schaden kommen.

Als Teil der geimpften Mehrheit glaube ich aber, man sollte so ehrlich sein, die kalte Impfpflicht auch als solche zu benennen und nicht unter Absingen pathetischer Freiheitslieder und Freiwilligkeitshymnen so zu tun, als hätten Ungeimpfte keine Nachteile zu befürchten. Denn sie werden Nachteile haben. Allerdings kann ich nicht sagen, dass ich mit übergroßem Furor dagegen kämpfen möchte.“

Lobo in seinem Element

Lassen wir uns folgende Aussage nochmal auf der Zunge zergehen: „Sie wird in jedem Fall ein so interessantes wie vielsagendes Beispiel für eine harte Form der angewandten Mehrheitsherrschaft: Wir verlangen von dir, dass du dir etwas spritzt, damit wir nicht zu Schaden kommen.“

Wie am Rest der Kolumne zweifelsfrei zu erkennen ist, hat Herr Lobo ja Sympathien für diesen von ihm beschriebenen Vorgang. Ich verstehe seinen Text insgesamt so, dass er diese „harte Form der angewandten Mehrheitsherrschaft“ sogar für moralisch legitim hält. Doch auch eine Gruppenvergewaltigung ist Mehrheitsherrschaft.

Das Mehrheitsprinzip kann in bestimmten Kontexten durchaus sinnvoll sein; wenn es jedoch darum geht, in die körperliche Unversehrtheit friedlicher Menschen einzugreifen, dann bedeutet „harte Form der angewandten Mehrheitsherrschaft“ nichts anderes als das Recht des Stärkeren.

Das Recht der Mehrheit ist das Recht der Stärkeren

Eben dieses Recht des Stärkeren ist evolutionär und historisch gesehen natürlich das einzige Recht, das letzten Endes überhaupt existiert. Alle Moralgesetze sind lediglich menschliche Erfindungen zum Zwecke der Milderung dieser Tatsache.

Würde Herr Lobo diesen Umstand klar benennen und einfach schreiben „Wir Corona-Gläubigen sind in der Überzahl und sind bestrebt eine harte Form der Mehrheitsherrschaft gegenüber den Corona-Ungläubigen anzuwenden“, dann könnte ich ihn sogar respektieren.

Doch aufgrund des Satzes „Wir verlangen von dir, dass du dir etwas spritzt, damit wir nicht zu Schaden kommen“ ist mein Eindruck, dass er lediglich das alte Sklavenmoral-Spiel spielen will; er möchte moralische Autorität und damit Macht aus Schwäche gewinnen.

Lobos Sklavenmoral

Die eigentliche Behauptung ist: „Weil ich Angst habe, habe ich das Recht in deine körperliche Unversehrtheit einzugreifen.“ Oder konkreter: „Weil ich und meine Glaubensgenossen Angst vor einem Virus haben, vor dem andere Menschen keine Angst haben, haben wir das Recht, diejenigen, die keine Angst haben, mittels ‚angewandter Mehrheitsherrschaft‘ zum von uns gewünschten Verhalten zu nötigen.“

Es ist zu vermuten, dass Herr Lobo dieser Rechtsbehauptung bei spiegelverkehrten Mehrheitsverhältnissen wahrscheinlich sehr kritisch gegenüber stehen würde.

Letztlich, und in diesem Fall auch glücklicherweise, ist es jedoch genau das: Eine bloße Behauptung. Die Idee, dass die Angst oder die Schwäche des einen ihm das Recht zum Eingriff in die Selbstbestimmung des anderen gibt, ist, wenn man sie als abstraktes Prinzip betrachtet, offenkundiger Unfug und muss zwangsläufig zur derzeit so beliebten wie gesellschaftlich destruktiven Opfer-Olympiade führen.

Doch bleiben wir konkreter: Spiegelt man Lobos Behauptung, dann kann jemand genauso gut sagen, dass seine Angst vor den neuartigen Gen-Impfstoffen ihm das Recht gibt, die Geimpften zu diskriminieren. Beide Positionen sind lediglich persönliche Meinungen, Ansichten, die jeweils erst durch Durchsetzung auch und gerade gegenüber anders denkenden überhaupt relevant werden.

Daran kann auch „die Wissenschaft“ nichts ändern, da Uneinigkeit darüber besteht, was als Wissenschaft anzuerkennen ist, allen öffentlichen Bestrebungen in Richtung Wahrheitsministerium zum Trotz. “Die Impfung schützt“, heißt es. Nur eben nicht vor Ansteckung oder Übertragung – wozu dann also impfen lassen?

Lobo hat nicht die Fakten auf seiner Seite, sondern bloß Behauptungen

Jedes „Recht“ ohne Durchsetzung ist lediglich eine Behauptung, eine Meinung, eine Forderung. Personen wie Sascha Lobo können sich freilich in ihrem persönlichen Moralsystem über Ungeimpfte stellen und deren Diskriminierung für richtig oder sogar moralisch geboten erklären. Doch sie können Menschen mit anderem Moralsystem ihres nicht aufzwingen.

Selbst wenn es den Lobos dieser Welt gelänge, die Mehrheit derer, die sich nicht als Versuchskaninchen engagieren wollen, tatsächlich in ihrem Alltag unter Druck zu setzen, würde das immer auch zu mehr Gegendruck führen, der die Situation im Laufe der Zeit wieder verändern würde.

Es hat in der Menschheitsgeschichte noch nie einen dauerhaft stabilen Totalitarismus gegeben. Einfach weil totalitäre Systeme sich zwangsläufig im Laufe der Zeit zu viele Feinde machen. Und so wird es immer sein. Wer zu arrogant und hochnäsig ist, wird am En
de scheitern. Auch die größten Tyrannen müssen letztendlich akzeptieren, dass sie nicht alles kontrollieren können und es immer Menschen mit einer von der ihren abweichenden Meinung gibt.

Bitte grenzt uns aus, tut es!

Umso angestrengter mittels einer „harten Form der angewandten Mehrheitsherrschaft“ versucht wird, die wenigen Waldgänger auch noch unter Kontrolle zu bekommen, desto stärker werden sie. Das ist wie mit der Kohle die durch enormen Druck im Untergrund im Laufe der Zeit zum Diamanten wird.

Herr Lobo propagiert in seinem Text ja die Ausgrenzung von Ungeimpften aus der Mehrheitsgesellschaft und ich muss sagen: Ja bitte! Seit Anbeginn der Zeit grenzen sich Menschen mit unterschiedlichen Wertesystemen voneinander ab – und das ist auch gut so.

Ehrlich gesagt frage ich mich, von was mich die Mehrheitsgesellschaft ausschließen will, damit ich mich auch als Versuchskaninchen engagiere. Sie hat mir schon lange nichts mehr anzubieten. Gleichzeitig braucht sie meine Zwangsabgaben um am Leben zu bleiben.

Daher bitte ich darum: Schließe mich aus, oh Mehrheitsgesellschaft! Gib mich frei und suche dir einen Wirt, dessen Blut dir besser schmeckt!

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Max Reinhardt

Max Reinhardt arbeitet in Hyperborea an einem geheimen Forschungsprojekt zur Entwicklung einer Zeitmaschine, um die Geburt von Karl Marx, Karl Lauterbach und weiterer Sozialisten zu verhindern. Nebenbei schreibt und trainiert er und ruft entgegen behördlichen Anordnungen zu gemeinschaftlichen Wanderungen auf.

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