Das VS-Gutachten zur AfD ist ein schlechter Scherz

15. Mai 2025
in 3 min lesen

Böhmermann hat die Identität des Satire-YouTubers „Clownswelt“ enthüllt, und gleich mehrere Medien veröffentlichten das vollständige Verfassungsschutzgutachten zur Einstufung der AfD als gesichert extremistische Bestrebung. Wie die Regierung uns belogen hat (1.), was strategisch hinter beiden Vorgängen steckt (2.) und was wir aus den Reaktionen lernen können (3.).

1. Die Regierung hat uns belogen

Am 2. Mai 2025 trat die scheidende Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) vor die Kameras und verkündete die Einstufung der AfD als gesichert extremistische Bestrebung. Die Beweise dafür hielt sie jedoch unter Verschluss. Eine Sprecherin des Innenministeriums teilte mit:

„Ich bitte um Verständnis, dass wir das Gutachten nicht zur Verfügung stellen können, da es sich um ein eingestuftes internes Behördendokument handelt.“

Das Innenministerium kreierte das Narrativ, das über 1.000-seitige Gutachten könne aus Gründen des Schutzes geheimdienstlicher Quellen nicht veröffentlicht werden. Dass ausgewählte Medienhäuser wie der „Spiegel“ bereits früh Zugriff auf das Gutachten hatten und auszugsweise daraus zitierten, ließ den Verdacht aufkommen, dass es bei der Geheimhaltung nicht um den Quellenschutz, sondern rein um den Schutz vor Kritik ging.

Noch vor seinem offiziellen Amtsantritt am 6. Mai 2025 kündigte der neue Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) an, sich über das Gutachten informieren zu lassen und es zu überprüfen:

„Dieses Gutachten […] wird fachlich betrachtet, und ich habe die Spitze des Verfassungsschutzes bereits eingeladen, mich zu unterrichten…“

Wahrnehmbare Taten folgten dieser Ankündigung nicht. Zwar zog der Verfassungsschutz vor Gericht seine Einstufung vorläufig zurück; das schien Dobrindt jedoch weder Anlass dafür, das Gutachten öffentlich zurückzunehmen, noch dafür, den gesamten Inhalt zu veröffentlichen. Anders als der untätige Minister und der regierungstreue „Spiegel“ haben nun die Medienhäuser „Cicero“, „Nius“ und „Junge Freiheit“ reagiert und das vollständige Gutachten zur Einstufung der AfD veröffentlicht. Dabei stellt „Cicero“-Autor Mathias Brodkorb klar:

„Es gibt keine relevanten geheimdienstlichen Quellen, die es zu schützen gälte. Der Verfassungsschutz verfügt in Sachen AfD im Grunde über keinerlei geheimdienstlich relevante Erkenntnisse.“

Kurz: Die Regierung – in Form des Innenministeriums – hat uns belogen. Die Belege, die der Verfassungsschutz in seinem Gutachten anführt, stammen nicht aus geheimen Dokumenten oder interner Kommunikation. Das gibt der Verfassungsschutz in seinem Gutachten auf Seite 24 selbst zu:

„Als Belege wurden dabei programmatische Schriften und Grundsatzpapiere, Publikationen, Verlautbarungen auf Internetpräsenzen und in sozialen Netzwerken sowie Aussagen im öffentlichen Raum wie z. B. Reden auf Wahlkampfveranstaltungen und Demonstrationen herangezogen.“

2. Die Strategie von Böhmermann und dem Verfassungsschutz

Dabei geht das Innenministerium mit seinem weisungsgebundenen Bundesamt für Verfassungsschutz strategisch ähnlich vor wie der öffentlich-rechtliche Fernsehextremist Jan Böhmermann in seiner neuesten Folge des „ZDF Magazin Royale“, in der er den bisher anonymen YouTuber „Clownie“ doxt. Böhmermann hat laut eigener Aussage mit einem Journalisten der „Zeit“ das Internet nach Informationen zur Person hinter „Clownswelt“ durchforstet, seiner Familie nachgestellt und sein weiteres Umfeld kontaktiert. Nur um herauszufinden, wer hinter der Clownsmaske steckt. Denn dieser sei aufgrund seiner über 200.000 Abonnenten (dank Böhmermann sind es inzwischen über 400.000) Teil des Mainstreams, und dort gelten nach Böhmermann andere Regeln:

„So ist das im Mainstream: Es gibt kein Recht auf Anonymität!“

Das stimmt so nicht. Immerhin enthält das Grundgesetz zahlreiche Ausprägungen eines Rechts auf Anonymität. Paragraf 126a Strafgesetzbuch stellt sogar gezielt das Verbreiten personenbezogener Daten unter Strafe. Doch das scheint Böhmermann nicht zu interessieren. Anstatt sich daran zu halten, was Recht ist, scheint er vielmehr seine Meinung davon durchsetzen zu wollen, was Recht sein sollte. Eine ähnliche Strategie können wir auch beim Verfassungsschutz erkennen.

Dort scheinen die Behördenmitarbeiter bemüht, alle Aussagen so verfassungswidrig wie möglich zu verstehen. Statt zu ergründen, ob man Aussagen auch in einem erlaubten Kontext verstehen könnte, wird vom Ziel her gedacht jede Aussage so (miss‑) verstanden, dass sie die Einstufung rechtfertigt. Dabei hat das Bundesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung festgelegt:

„Bei mehrdeutigen Äußerungen haben Behörden und Gerichte sanktionsrechtlich irrelevante Auslegungsvarianten mit nachvollziehbaren und tragfähigen Gründen auszuschließen, bevor sie ihrer Entscheidung eine zur Anwendung des Straftatbestands der Volksverhetzung führende Deutung zugrunde legen.“

Um sich nicht daran gebunden zu fühlen, wendet der Verfassungsschutz einen Trick an. Die Auslegungsvorgabe gelte lediglich für Straftatbestände; also die Frage danach, ob eine Aussage illegal sei. Da das Bundesverfassungsschutzgesetz „den Begriff der Bestrebung nicht anhand der Merkmale legal/illegal“ definiere, müsse man sich nicht an diese Auslegungsmethode halten.

Böhmermann und der Verfassungsschutz geben dabei vor, aus hehren Motiven zu handeln. Dabei geht es ihnen lediglich um Machterhalt – kulturell und politisch.

3. Was wir daraus lernen

Die Mittel der Diffamierung und Kontaktschuld sind zum stumpfen Schwert verkommen. Die Reaktionen auf die Böhmermann-Sendung und die Bekanntgabe der AfD-Einstufung haben eines gemeinsam: Kritik an der Vorgehensweise der Verantwortlichen und Solidarisierungseffekte mit den Betroffenen.

Eine deutliche Mehrheit der Zuschauer verpasste der Sendung Böhmermanns einen Daumen runter, während „Clownswelt“ seine Abonnentenzahl verdoppeln konnte, und statt über ein AfD-Verbot wird zunehmend über den Missbrauch des Verfassungsschutzes diskutiert. Damit ist offensichtlich, wer sich tatsächlich zum Clown gemacht hat.

Felix A. Cassel

Die rechtsphilosophischen Ideen Carl Schmitts sind für den Bonner Jurastudenten genau so wichtig wie sein Zweitname - auch wenn die Redaktion ihn zur Abkürzung zwingt. Anders als Schmitt schreibt er aber nicht „zu Juristen und für Juristen“, sondern übersetzt richterliche Entscheidungen der "BRD im Endstadium" für den einfachen Bürger - ein typischer "Rechts-populist" also.

1 Comment Schreibe einen Kommentar

  1. Das Verfaeserungsschmutzgerücht ist mehr eine Schmierenkomödie als Farce denn ein mißlungener Scherz.
    Was aber letztlich völlig unerheblich ist, denn ist der Ruf erst komplett ruiniert hetzt und polemisiert es sich endgültig völlig ungeniert. Die einen glauben ohnehin nichts mehr, und die anderen bejubeln ohnehin alles was im Sinne des Gekrächz gegen Rrrrääächz bis 3 auf den Bäumen hockt und mit seinem eigenen Kot um sich wirft.

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