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Demonstration des Roten Frontkämpferbunds, Berlin 1927 Bildquelle: Bundesarchiv, Bild 183-Z0127-305 / CC-BY-SA 3.0

Linke Front gegen AfD – Verbotsfantasien und Volksverleugnung

10. Juli 2023
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Ginge es nach dem ersten Impuls der „Süddeutschen Zeitung“, würde die AfD bald von der Bildfläche verschwinden: „Verbot? Verbot!“ betitelte das Blatt am 1. Juli die wöchentliche Kolumne Heribert Prantls, in der das einstige Mitglied der Chefredaktion den Lesern Überlegungen zum Umgang mit der AfD mitteilte. In derselben Ausgabe zitierte Georg Mascolo aus einem Dossier bundesdeutscher Geheimdienste über die Wühlarbeit russischer Agenten. Deutschland, so heiße es dort, sei auf der Liste russischer Gegner weit nach oben gerückt. Verbündete suche Moskau jetzt vor allem im Kreis deutscher Rechtsextremisten, „namentlich bei der AfD“. Was liegt da näher als der Gedanke an Landesverrat und Gefährdung der inneren Sicherheit? Und am 4. Juli interviewte Ronen Steinke, seit Jahren ein tapferer Kämpfer gegen Rechts, die Verfassungsrechtlerin Nora Markard, die keineswegs vor einer noch fernen Machtübernahme der AfD warnt, sondern konstatiert: „Die Erosion findet auch heute schon statt und muß bekämpft werden. Es bröckelt schon.“

Tags darauf jedoch ruderte die SZ zurück. Unter der Überschrift „Demokratie, ratlos“ veröffentlichte sie einen Leitartikel von Christoph Koopmann, der nach alter Liberalismus-Sitte dem markigen Pro ein abwartendes Contra entgegensetzte:

„Die Demokratie soll wehrhaft sein, richtig – aber sie hätte erst recht den Schaden, würde ein solches Verfahren gegen die AfD dann scheitern wie im Fall der NPD […] Man muß ihnen [den Rechtsradikalen – d. Verf.] eigene Konzepte und Visionen entgegensetzen. Aber nicht Verbotsforderungen oder eigenen Populismus.“

Dieses Hohelied der politischen Auseinandersetzung wird seit Gründung der AfD von allen sich demokratisch nennenden Parteien gesungen, doch in der Realität sind die sonst so beredten Münder bis heute stumm geblieben. Einigkeit besteht nur darüber, daß die AfD eine rechtsextremistische Partei sei, die für „Demokratieverachtung, Menschenfeindlichkeit und für das Versprechen steht, eine Welt zu erhalten, die es so nie gab“ (letzteres ebenfalls eine Analyse der „Süddeutschen“ vom 4. Juli). Mit Hilfe des Münchner Blattes, eines der führenden linksliberalen Organe der Republik, soll nachstehend den Vorwürfen gegen die seit Jahren mit Haß und Hetze verfolgte Alternative für Deutschland nachgegangen werden.

Dreh- und Angelpunkt ist zweifellos der Vorwurf des Rechtsextremismus. Prantl:

„Mit der AfD ist der Rechtsradikalismus deutschlandweit zur parlamentarischen Kraft geworden. Das gab es noch nie in der Geschichte der Republik. Die AfD ist gefährlicher, als es die NPD je war.“

Warum? Im Verbotsverfahren gegen die NPD stellte das Bundesverfassungsgericht 2017 fest, die Partei, so Prantls Zitat, „zielt auf eine Ersetzung der bestehenden Verfassungsordnung durch einen an der ethnischen ´Volksgemeinschaft´ ausgerichteten autoritären ´Nationalstaat´. Dieses politische Konzept mißachtet die Menschenwürde all derer, die der ethnischen Volksgemeinschaft nicht angehören, und ist mit dem grundgesetzlichen Demokratieprinzip unvereinbar.“

So wie damals die NPD kann man Prantl zufolge heute auch die AfD beschreiben, zumindest die Landesverbände Thüringen und Brandenburg, die von „völkischen Positionen und völkischen Politikern“ dominiert würden. Das Karlsruher Gericht lehnte seinerzeit ein NPD-Verbot ab, weil die Partei zu klein und zu unbedeutend gewesen sei. Heute jedoch, lamentiert Prantl, sei die AfD zu groß, um sie zu verbieten. Daher müsse man vorerst die Gesamtpartei und ihre Wähler eindringlich verwarnen, aber Verbotsanträge gegen die radikalsten Landesverbände stellen – das wäre die angemessene Reaktion einer wehrhaften Demokratie.

Im 2016 beschlossenen Grundsatzprogramm der AfD findet sich auf den ersten Blick nichts, was das Verfassungsgericht der NPD zur Last gelegt hat. In der Präambel der Partei heißt es vielmehr:

„Als freie Bürger treten wir ein für direkte Demokratie, Gewaltenteilung und Rechtsstaatlichkeit, soziale Marktwirtschaft, Subsidiarität, Föderalismus, Familie und die gelebte Tradition der deutschen Kultur.“

Doch dann folgt ein Satz, der den auch in Karlsruhe amtierenden Globalisten und Multikulturalisten als Stein des Anstoßes gelten wird:

„Wir wollen die Würde des Menschen, die Familie mit Kindern, unsere abendländische und christliche Kultur, die historisch-kulturelle Identität unserer Nation und ein souveränes Deutschland als Nationalstaat des deutschen Volkes und ein friedliches Miteinander der Völker auf Dauer bewahren.“

Hier stellen sich zwei Gretchenfragen: Wer ist „Deutscher“?, und gibt es überhaupt ein „deutsches Volk“?

Im Grundgesetz (Artikel 116,1) heißt es: „Deutscher […] ist, wer die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt.“ Deutscher sei aber auch, wer als Flüchtling oder Vertriebener deutscher Volkszugehörigkeit hier Aufnahme gefunden hat. Und Artikel1 (2) beginnt mit den Worten:

„Das Deutsche Volk bekennt sich zu […] unveräußerlichen Menschenrechten.“

Zusammenfassend läßt sich sagen, Deutsche sind alle, die die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen – sie bilden das deutsche Staatsvolk. Unabhängig davon existiert aber ein deutsches Volk im ethnischen Sinn, das zusammengehalten wird durch gemeinsame Sprache, gemeinsame Geschichte und gemeinsame Kultur, Sitten und Gebräuche. Anders als es sich die vielzitierten „Mütter und Väter“ des Grundgesetzes jemals hätten vorstellen können, machen die Autochthonen (Angela Merkel: „die schon länger hier Lebenden“) heute nur noch 75 Prozent der Bevölkerung aus, während 25 Prozent nichtdeutscher Herkunft sind. Gleichwohl plädiert auch die AfD für Einwanderung aus Drittstaaten:

„Wir setzen uns für eine maßvolle legale Einwanderung nach qualitativen Kriterien ein, soweit ein unabweisbarer Bedarf weder durch einheimische Potentiale noch durch Zuwanderung aus der EU gedeckt werden kann.“


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Im Sinne der multikulturellen Staatsdoktrin geht das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) mittlerweile so weit, daß es die Behauptung, es gebe jenseits des deutschen Staatsvolks auch ein ethnisches deutsches Volk für verfassungswidrig erklärt hat – mit der Begründung, dadurch würden eingebürgerte Staatsangehörige zu Deutschen zweiter Klasse herabgesetzt (Presseerklärung vom 26. April 2023).

Dietrich Murswiek, emeritierter Professor für Staats-und Verwaltungsrecht, hat diese abstruse Argumentation scharf zurückgewiesen. In der Jungen Freiheit schrieb er am 5. Mai: Es sei durchaus vereinbar mit dem Grundgesetz, „sich für die Erhaltung des – ethnisch-kulturell verstandenen – Volkes einzusetzen. Es ist ein legitimes Ziel, die ethnisch-kulturelle Identität gegen ihre Auflösung durch Einwanderung aus anderen Kulturen zu schützen.“

Wenn es um andere Völker geht, werde das auch von Bundesregierung und Bundestag anerkannt; so habe das Parlament in einer Resolution die Massenansiedlung von Chinesen in Tibet als Zerstörung der Identität und Kultur des tibetischen Volkes kritisiert.

„Demokratieverachtung“ ist der zweite Vorwurf, der gegen die AfD ins Feld geführt wird – erhoben ausgerechnet von jenen, die die demokratisch gewählte Partei einträchtig von allen ihr zustehenden Ämtern und Privilegien ausschließen. Diese antidemokratische Phalanx und deren publizistisches Begleitorchester haben Umfragewerte und Wahlresultate für die parlamentarischen Parias in die Höhe getrieben. Der bis hinein in die einst konservative Union reichende linksgrüne Konsens ist dadurch schwer erschüttert worden. Schließlich wissen alle Beteiligten, daß in Deutschland die Gewaltenteilung nur auf dem Papier steht: Die Exekutive ergibt sich aus der Legislative, und die Judikative wird bestimmt von der Exekutive.

Der eingangs zitierte Ronen Steinke und seine Interviewpartnerin Nora Markard haben offenbart, wie man in der repräsentativen Demokratie entscheidende Machtpositionen besetzt, wenn es gelungen ist, durch Wahlen die politische Mehrheit zu erringen:

  • Medien: Rundfunkräte kontrollieren ARD und ZDF. Wer Vertreter entsenden darf, entscheidet der Gesetzgeber, also die Regierungsmehrheit.
  • Verfassungsschutz: Bundesamt und Landesämter unterliegen den Weisungen des jeweiligen        Innenministeriums. Sie geben die dort herrschende politische Meinung wieder, definieren also, was als „Extremismus gilt.

Man muß kein Prophet sein, um vorherzusagen, daß dem Bund und seinen Ländern in Ost und West stürmische Zeiten bevorstehen.

Peter Kuntze

Kuntze wurde 1941 in Kiel geboren und hat nach Abitur und Wehrdienst eine verlagskaufmännische Lehre in Hamburg absolviert. Anschließend ein Redaktionsvolontariat in Ansbach. 1968 gelang ihm der Sprung nach München zur Süddeutschen Zeitung, wo er als außenpolitischer Nachrichtenredakteur sein Brot bis 1997 verdient hat. Nebenbei schrieb Kuntze etliche Kinderbücher, zwei Romane und acht politische Sachbücher über China. Seine konservative Wende geschah in den letzten Berufsjahren.

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