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Maximilian Krah bei „Jung & Naiv“

23. April 2024
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Letzten Freitag veröffentlichte Tilo Jung auf „Jung & Naiv“ einen Livestream mit dem Europa-Spitzenkandidaten der AfD, Dr. Maximilian Krah, der in sage und schreibe sechseinhalb Stunden dem ihm nicht wirklich gewogenen Journalisten Rede und Antwort stand.

Innerhalb von vier Tagen haben knapp 630.000 Menschen den Schlagabtausch mitverfolgt, die Kommentare darunter sprechen eine recht deutliche Sprache. Auch wenn Tilo Jung sein Gegenüber ab und an daran erinnern musste, dass er versprochen hatte, „freundlich zu sein“, mutmaßten viele der Zuschauer, dass er den Sachsen wohl nicht so auflaufen lassen konnte, wie er es wahrscheinlich erhofft hatte. Selbst zahlreichen Nazi-Vergleichen, Fangfragen und Wissensproben hielt Krah stand und machte dabei durchweg einen intelligenten, souveränen und sympathischen Eindruck.

Bei denjenigen, die Krah weniger kennen, ist er wohl eher als ein Haudrauftyp bekannt, dessen TikTok-Reichweite unlängst eingeschränkt werden musste. In seinen viralen Kurzvideos empfiehlt er etwa jungen Leuten, rechts zu sein, damit „das mit der Freundin klappt“, oder dass sie sich nicht für die Großeltern zu schämen brauchen. „Provokante“ Aussagen wie diese wurden auch im Interview mit Tilo Jung aufgegriffen, nachdem Krahs Großvater, einem Arzt, in irgendeinem Archiv von „Journalisten“ eine NSDAP-Mitgliedschaft nachgewiesen werden konnte. Wenn Propaganda offensichtlich ist, bewirkt sie eher das Gegenteil – was die Äußerungen von Tilo Jung oft hilflos wirken ließ gegen die ehrlichen, souveränen und fundierten Aussagen Krahs.

Kenner wussten natürlich schon länger, dass hinter dem Politiker mehr steckt als die provokante Selbstverständlichkeit, mit der er seine Thesen vorträgt. Sein Buch „Politik von rechts: Ein Manifest“ vom Juli letzten Jahres zeugt von dem hintergründigen philosophischen Wissen, das jeder Provokation des Politikers vorausgeht.

Das bekam auch Tilo Jung zu spüren. An einer interessanten Stelle des Interviews merkte Krah an, dass heutzutage kaum noch Politiker existieren, zu denen man wirklich aufschauen könne. Damit spricht er einen wichtigen Punkt an. Die meisten Politiker heutzutage sind Selbstdarsteller, die jeden Trend mitmachen, um „cool“ zu erscheinen. Was übrig bleibt, ist meist eine Internetpräsenz zum Fremdschämen. Philosophische Tiefgründigkeit darf man bei den wenigsten erwarten, die relevantesten Bücher deutscher Politiker der letzten Jahre sind nicht einmal selbst geschrieben. Maximilian Krah will nicht „cool“ sein oder jedem gefallen. Er hat eine deutliche Meinung und kann diese auch hervorragend kommunizieren.

Von linker Seite kam in den letzten Jahren wenig dazu. Wirtschaftlich mag ein Gregor Gysi oder eine Sahra Wagenknecht ihre linken Anhänger überzeugen, auf philosophisch-gesellschaftlicher Ebene mangelt es hingegen deutlich. Hier kann Krah brillieren und merkte im Interview passenderweise an, dass die ewige Dekonstruktion, das Focaultsche Diskursgejammer und die Butlersche Identitätsauflösung an jeder Realität vorbeigehen. Dass das bei einem riesengroßen Teil der Boomer Konsens ist und nur durch das Feindbild „rechts“ des medialen Komplexes irgendwie Mainstream werden konnte, dürfte Krah einiges an Zustimmung bringen. Den Kommentaren unter dem Interview zufolge wurden sich dessen viele unentschlossene zukünftige Wähler, aber auch einige Gegner Krahs bewusst.

Die reife Leistung soll jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich der sächsische Politiker nicht offensichtlich massentauglich inszeniert hat. Wie zuletzt auch Höcke im Privatduell mit Voigt wurde das Thema „Remigration“ derart beschwichtigt und umgedeutet, dass es im Grunde genommen gar nichts mehr bedeutet. Da dieses Jahr Wahlen in Sachsen und Thüringen stattfinden, ist das eine verständliche Strategie. Ob sich eventuell eine CDU von dieser Harmlosigkeit beeindrucken lassen will, wird sich zeigen.

Auch mit dem Thüringer Politiker Björn Höcke wurde vor etwa einer Woche ein Interview geführt (circa 1.800.000 Klicks), in dem er äußerst souverän seine Positionen erklären konnte. Höcke streckte seinem Kontrahenten wortwörtlich die Hand aus, der diesen Handschlag aber in üblicher Manier verweigerte. Als Krah bei „Jung & Naiv“ auf Höcke angesprochen wurde, antwortete er: „Laden Sie ihn doch ein, er freut sich.“ Jung schien tatsächlich nicht abgeneigt, und in den Kommentaren gab er einem Kommentar ein „Herz“, der die Einladung von Höcke forderte.

Die linke Kritik an allerlei Hierarchien läuft ins Leere, wenn Politiker wie Krah oder Höcke tatsächlich noch mit Intelligenz brillieren können und keine Selbstdarsteller sind. Zu einem guten Politiker gehört es aber auch, Massen anzusprechen und Ideen eine Stimme zu verleihen. Ehemals verhallte diese Stimme an der Zensur und ließ sich nur durch provokante Äußerungen brechen. Durch Skandalisierung sollte dem unbescholtenen Bürger ein Gewissen gemacht werden – dadurch sind die Meinungen tatsächlich konservativer Menschen für das Volk aber interessanter geworden. Immer mehr wollen wissen, warum die politischen Stimmen rechts der Mitte unterdrückt werden.

Wer genauer hinschauen will, wird auf nachvollziehbare Äußerungen mit einem philosophischen Unterbau stoßen, der einen Großteil der Bevölkerung mehr anspricht als Foucault, Butler, die Grünen oder die Linken. Aussichten, die zuversichtlich stimmen!

PhrasenDrescher

Der Phrasendrescher - wie könnte es anders sein - promoviert derzeit interdisziplinär in der Philosophie und der Politikwissenschaft. Als glühender Verehrer von Friedrich Nietzsche weiß er, dass man auch Untergänge akzeptieren muss und arbeitet bereits an der Heraufkunft neuer, stärkerer Werte.

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